Waschbär im Garten: Was tun, wenn das Tier zum Nachbarn wird?

Waschbären sind nicht wählerisch, sie fressen alles. Das macht sie auch zur Gefahr für viele einheimische Tiere.

Waschbären sind nicht wählerisch, sie fressen alles. Das macht sie auch zur Gefahr für viele einheimische Tiere.

Leipzig. In Leipzig kennt man sie schon. Überrascht stellte vor Kurzem eine Rathausmitarbeiterin fest, dass plötzlich ein Waschbär auf dem Fensterbrett ihres Büros saß. Auch viele ihrer Kolleginnen und Kollegen hatten schon Begegnungen mit den kleinen Wildtieren. So hockten vor ein paar Tagen auch zwei zutrauliche Vertreter vor dem Haupteingang des Neuen Rathauses.

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Waschbären: niedlich, aber problematisch

„Oh, wie süß!“, sagen die einen und schwärmen von den Kleinbärchen mit ihren geringelten Schwänzen und den schwarzen Gesichtsmasken. „Oh, wie lästig!“, sagen die anderen und verweisen auf die Schäden, die die Tiere in den Wohngebieten anrichten: Sie wühlen in Mülltonnen, fressen die Futternäpfe von Hunden und Katzen leer, dringen durch den Schornstein ins Haus ein, verwüsten die Küche oder sie ziehen auf dem Dachboden ein und zerstören dort die Dämmung. In Gartenhäuschen werfen sie Blumentöpfe und Kisten um, fressen Vorräte auf und hinterlassen ihren Kot, der Krankheiten übertragen kann.

Ein zutraulicher Waschbär schaut neugierig in ein Büro der Stadtverwaltung Leipzig. Tierschützer warnen: Auch wenn die Tiere noch so zutraulich sind, dürfen sie nicht gefüttert werden.

Ein zutraulicher Waschbär schaut neugierig in ein Büro der Stadtverwaltung Leipzig. Tierschützer warnen: Auch wenn die Tiere noch so zutraulich sind, dürfen sie nicht gefüttert werden.

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Waschbären sind nicht wählerisch, sie fressen alles. Das macht sie auch zur Gefahr für viele einheimische Tiere. „Gefährdete Reptilien- und Amphibienarten sind von ihnen bedroht, ebenso sind sie Konkurrenten für Baummarder oder Fledermäuse, deren Höhlen sie für sich selbst stehlen“, sagt Birte H. E. Brechlin, Referentin Wolfs- & Wildtierschutz beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). „Außerdem fressen sie Brutgelege sowie Jungvögel und können lokal Schäden bei Vogelpopulationen anrichten.“

Rund 1,3 Millionen Waschbären in Deutschland

Experten gehen davon aus, dass es 1,3 Millionen Waschbären in Deutschland gibt. Vor allem im Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind sie schon seit Längerem ein Problem. Aber auch in Hessen und Bayern breiten sich die Tiere mit der charakteristischen schwarzen Gesichtsmaske und dem buckligen Gang aus. Als ihre heimliche Hauptstadt gilt übrigens Kassel. Dort schätzt der Landesjagdverband Hessen 100 Tiere auf 100 Hektar.

Ursprünglich sind die Kleinbären in Nordamerika zu Hause. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden sie zur Pelzgewinnung auch in Deutschland gezüchtet – einige von ihnen konnten in die Freiheit fliehen. In Hessen wurden in den 1930er-Jahren nach Angaben des Nabu Tiere auch absichtlich ausgesetzt. Und 1945 entkamen etwa 50 von ihnen aus einer Pelztierfarm in der Nähe von Berlin, nachdem eine Bombe in das Gebäude eingeschlagen war.

Waschbären: Bekämpfen oder friedliche Koexistenz?

Seitdem haben sich die Tiere in Deutschland etabliert – doch: Was tun mit den eingebürgerten Nachbarn? Wie so oft, wenn sich die Wege von wilden Tiere und Menschen kreuzen und sie sich ins Gehege kommen, stellt sich die Frage: Bekämpfen oder die friedliche Koexistenz anstreben?

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Rechtlich verhält es sich so: Waschbären stehen zwar nicht unter Artenschutz, aber man darf sie keinesfalls selbst töten – das darf nur der Jäger oder die Jägerin. Denn der Waschbär fällt unter das Jagdgesetz. Außerdem gibt es in einigen Bundesländern Schonzeiten für Waschbären. Wer dagegen verstößt, zahlt bis zu 5000 Euro Strafe.

Bei Waschbär im Garten Ordnungsamt benachrichtigen

Was also tun, wenn ein Waschbär im Haus oder im Garten haust? „In den Städten und Gemeinden darf nicht gejagt werden“, sagt Torsten Reinwald, Pressesprecher vom Deutschen Jagdverband (DJV). „Hier müssen die Leute in der Regel das Ordnungsamt oder die Polizei anrufen.“ Doch das Thema werde bundesweit ganz unterschiedlich geregelt. „In Berlin zum Beispiel lässt man die Menschen mit einem Waschbärproblem ganz allein.“ Die Leute würden das dann selbst irgendwie regeln, erzählt der Biologe. Viele Kommunen hätten aber mittlerweile auch Stadtjäger und -jägerinnen, die dann zum Einsatz kommen.

„Die EU besagt ganz klar, dass Waschbären die einheimischen Arten bedrohen. Um die Zahl zu reduzieren, müssen sie gejagt werden“, sagt Reinwald. Dass die Population ständig wächst, zeigen die Zahlen des DJV: So wurden in Deutschland in der Jagdsaison 2019/20 offiziell 202.293 Waschbären getötet. Im Jahr zuvor waren es 166.554, zehn Jahre zuvor lediglich 49.785.

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Weiterverbreitung von Waschbären verhindern

„Eine lokale Bejagung in Gebieten, wo die Tiere vermehrt Schäden anrichten oder heimische Tierarten stark gefährden – zum Beispiel in Gebiete der Europäischen Sumpfschildkröte – kann in einigen Fällen der Eindämmung helfen“, sagt auch die Nabu-Wildtierschützerin Brechlin.

Viel wichtiger sei jedoch, die Weiterverbreitung der Art zu verhindern – und zwar mit Aufklärung. Denn durch falsch verstandene Tierliebe oder Unbedarftheit würden einige Menschen die Ausbreitung der Tiere fördern und sie an Menschen gewöhnen. „Einige füttern die Tiere absichtlich, weil sie sie niedlich finden. Aber auch die indirekte Fütterung über gut zugängliche Mülltonnen lehrt die Tiere, die Nähe des Menschen zu suchen.“

Einige Bundesländer haben deshalb in ihren Landesjagdgesetzen ein Fütterungsverbot für diese Tiere integriert. Wer beispielsweise in Berlin dagegen verstößt, zahlt bis zu 5000 Euro Bußgeld.

So wird man Waschbären los

Im Internet findet man zahlreiche Tipps, wie man einen Waschbären loswerden kann: durch Lärm und Licht, mit benzingetränkten Lappen oder sogar mit schmutzigen Babywindeln. Doch das wirkt alles nur kurzfristig.

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DJV -Sprecher Reinwald rät: „Man sollte es dem Waschbären von vornherein so ungemütlich wie möglich machen. Schon der Komposthaufen ist eine Einladung.“ Seine Tipps:

  • Alle Schlupflöcher an Gartenhütten und Schuppen verschließen.
  • Baumaterial oder Sperrmüll zeitnah beseitigen.
  • Katzenklappe abschließen oder eine chipbasierte verwenden.
  • Vogelhäuschen mit Metallmanschetten schützen.
  • Müll- und Biotonnen mit Spanngurt oder Steinen sichern.
  • Gelbe Säcke in verschließbaren Boxen aufbewahren.
  • Keine Speisereste auf den Komposthaufen werfen.
  • Fallobst zeitnah aufsammeln.
  • Haustiere möglichst im Haus füttern beziehungsweise kein Futter über Nacht draußen lassen

Außerdem könne man vorsorgen, damit der Waschbär nicht ins Haus oder die Wohnung eindringt. Da sich Waschbären zum Schlafen und zur Jungtieraufzucht Höhlen suchen, sollten alle Aufstiegsmöglichkeiten aufs Dach vermieden werden. Dazu sollte man

  • Bäume beschneiden, deren Zweige aufs Dach reichen.
  • auf Fassadenbegrünung verzichten.
  • Blechmanschetten an Regenrinnen anbringen.
  • Metallgitter auf Schornsteinen anbringen.
  • regelmäßig überprüfen, ob sich Dachziegel verschoben haben.

„Ja, ich weiß, diese Tiere sind niedlich“, räumt der DJV-Sprecher ein. Doch am Ende dürfe man sich nicht täuschen lassen, wie viel Schaden sie in der Natur und in den Wohngebieten anrichten können. Reinhold warnt auch davor, Waschbären als Haustiere zu halten. „Das ist strikt verboten.“

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