Darum will die SPD neue Steuerformulare
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Bei den Steuererklärungen muss bislang stets der Mann zuerst eingetragen werden. Die SPD kann das nicht nachvollziehen.
© Quelle: Foto: Oliver Berg/dpa
Kiel. Alle Jahre wieder gilt es, die leidige Einkommensteuererklärung auszufüllen. Ob im Netz oder auf Papier: Auf Seite eins des Formulars müssen gemeinsam veranlagte Eheleute zunächst den Namen des Mannes, erst danach den Namen der Frau angeben, selbst wenn die Frau mehr verdient.
Land soll Bund einschalten
Für die SPD ist das nicht mehr zeitgemäß. Mit einem Antrag für die nächste Landtagssitzung in Kiel fordert die SPD-Fraktion die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene „für eine diskriminierungsfreie Gestaltung der Formulare” einzusetzen. Gleichzeitig soll die Steuererklärung einen Geschlechtseintrag „divers“ erhalten „für Personen, die sich nicht klar dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen möchten“. Die Jamaika-Fraktionen signalisieren Sympathie für den SPD-Vorstoß – allerdings mit einem dicken Aber.
SPD fordert gendergerechte Sprache
„Wir wollen Schluss machen mit der Diskriminierung per Steuerbescheid“, sagt die SPD-Abgeordnete Beate Raudies. Zu einer modernen Finanzverwaltung gehöre eine bürgernahe und geschlechtergerechte Sprache. Aus organisatorischen Gründen orientiere sich die Steuerverwaltung immer noch am tradierten Rollenbild der Einverdienst-Ehe.
„Die konsequente Bevorzugung des Ehemannes ist diskrimierend.“ Eine einheitliche, geschlechterneutrale Gestaltung der Formulare für alle verheirateten oder in Lebenspartnerschaften lebenden Personen, die steuerlich gemeinsam veranlagt sind, sei überfällig. Bei gleichgeschlechtlichen Ehen und Lebenpartnerschaften sei im Übrigen bereits jetzt eine Eintragung nach alphabetischer Reihenfolge der Namen vorgegeben.
Probleme bei Hamburger Finanzamt
Ein Hamburger Finanzamt hatte unlängst erklärt, eine Steuererklärung für 2018 nur händisch und mit entsprechender Verzögerung bearbeiten zu können, weil die Antragsteller an erster Stelle die Ehefrau eingetragen hatten. Das sehe die bundesweit einheitlich verwendete Software nicht vor.
„Wir stehen dem SPD-Antrag offen gegenüber“, sagt Ole Plambeck, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Man gehe allerdings davon aus, dass die Formulare vom Bund automatisch den aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Ähnlich äußert sich die FDP. Für die Änderung des Steuermantelbogens bedürfe es nicht unbedingt einer Initiative der Landesregierung.
Finanzminister müsste Verordnung erlassen
Das Formular könne SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz einfach per Verordnung ändern. Ran müsse der Bund ohnehin an die Formulierungen in der Einkommensteuererklärung. Das Bundesverfassungsgericht verlange die Aufnahme des dritten Geschlechts („divers”) in Behördenformulare. Insofern „tut der Antrag der SPD nicht weh”, sagt FDP-Parlamentarierin Annabell Krämer. Die Sozialdemokraten sollten aber aufpassen, die Gleichberechtigungsdebatte mit solchen Anträgen nicht ins Lächerliche zu ziehen.
Die Grünen hatten sich bereits 2017 für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Formularen eingesetzt und bedauern, dass bislang nichts geschehen ist. „Leider können wir sie nicht auf Landesebene einrichten”, sagt Lasse Petersdotter. „Es ist aber sinnvoll, dieses Thema beim Bundesfinanzminister in Erinnerung zu rufen.” Petersdotter räumt ein, dass der Verwaltungsaufwand „sicherlich nicht kostenneutral erfolgen kann”.
Der Steuerzahlerbund macht einen praktikablen Vorschlag. „Statt Ehemann beziehungsweise Ehefrau könnte einfach Ehepartner A beziehungsweise B abgefragt werden, damit die Eheleute selbst entscheiden können, wer zuerst und wer als zweiter Partner eingetragen wird.”
Curd Tönnemann