Diese Menschen arbeiten hinter den Kulissen des Kieler Landtags
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Das Landeshaus in Kiel. Am Sonntag, 16. Juni, lädt der Landtag von 10 bis 18 Uhr alle Bürgerinnen und Bürger zum Tag der offenen Tür ein.
© Quelle: Ulf-Kersten Neelsen
Kiel. Welche Schulen wollen wir haben? Wie viel Geld ist uns unsere Polizei wert? Wie schützen wir unsere Freiheit vor zu viel Überwachung? Es sind die Gesetze, die all dem einen Rahmen geben. Auch im Kieler Landeshaus werden sie gemacht. Beim Tag der offenen Tür am Sonntag, 16. Juni, können die Bürgerinnen und Bürger den „Weg der Gesetzgebung“ nachgehen.
Gesetze und ein buntes Programm
„Entdecken, wo und wie Gesetze gemacht werden“, heißt einer der 74 Programmpunkte – neben Kletterwand und Hüpfburg, Vorträgen oder einem Konzert im Paternoster. Bei den Fraktionen etwa. Es sind dabei nicht die Abgeordneten allein, die Gesetzentwürfe formulieren. „Wir haben bei uns allein 20 Fraktionsmitarbeiter, die sie dabei unterstützen“, sagt CDU-Sprecher Sönke Ehlers. Auch einen IT-Spezialisten zum Beispiel. Dazu kommen zehn studentische Hilfskräfte. Und ein Jugendlicher oder eine Jugendliche, die ein „Freiwilliges soziales Jahr Politik“ absolviert.
Eine der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen ist Meike Böge. Die 30-Jährige ist Referentin für Bildung, Kultur, Wissenschaft und Kirchen. Für Politik hat sie sich schon früh interessiert, nach dem Geschichtsstudium bewarb sie sich in der CDU-Fraktion. Jetzt arbeitet sie den Abgeordneten zu.
165 Menschen arbeiten hier für die Demokratie
Der Landtag in Kiel ist das politische Zentrum im Norden, 73 Abgeordnete stark. Am Sonntag, 16. Juni, öffnet er von 10 bis 18 Uhr seine Pforten zum Tag der offenen Tür (fürs Navi: Kiel, Düsternbrooker Weg 70). Und an diesem Tag wird es nicht nur um Parteipolitik gehen. Das Landeshaus ist auch Arbeitsplatz für 165 Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, die den Politik-Betrieb in 176 Büros und 76 Sitzungs-, Technik- und Archivräumen auf 14 267 Quadratmeter Fläche am Laufen halten. Dazu kommen noch die Fraktionsmitarbeiter. Das gesamte Programm des Tags der offenen Tür gibt‘s im Internet unter www.landtag.ltsh.de.
„Ich recherchiere zum Beispiel, wie bestimmte Dinge in anderen Bundesländern geregelt sind, was es schon für Initiativen zu einem Thema gegeben hat oder wie die Presse darüber berichtet hat“, sagt Meike Böge. Oder sie arbeitet die Informationen nach Gesprächsrunden mit Fachleuten auf.
Bei der SPD ein Stockwerk höher sind es 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vom Fraktionsgeschäftsführer bis zur Hilfskraft, die den Laden am Laufen halten, berichtet SPD-Sprecher Heimo Zwischenberger. Er selber etwa stellt Kontakte zu Medienvertretern her, organisiert und leitet Pressekonferenzen, damit die Bürger auch etwas von den Plänen und den Gesetzesinitiativen seiner Fraktion erfahren.
Wissenschaftlicher Dienst mit Vorliebe fürs öffentliche Recht
Wenn die Expertise der Referenten nicht ausreicht, kommt Miriam Spyropoulos ins Spiel. Die 31-Jährige ist Mitarbeiterin des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags. Juristin ist sie. „Öffentliches Recht hat mich dabei schon immer besonders gereizt“, sagt sie. Gleich nach dem Studium ist sie hierher gekommen. Jetzt arbeitet sie gerade an einem Gutachten, das eine Fraktion in Auftrag gegeben hat.
Demokratie zum Anfassen am Tag der Offenen Tür
Wie wird eigentlich ein Gesetz gemacht? Wer’s genau wissen will: Der Kieler Landtag lädt am 16. Juni zum Tag der offenen Tür ein.
Wie ist die gesetzliche Ausgangslage, welche Veränderungen sind im Rahmen bestehender Gesetze möglich: Das sind Fragen, die die sieben Kollegen und Kolleginnen hier täglich wägen. Die große Bibliothek im zweiten Stock des Landeshauses liefert ihnen die Literatur dazu, Fachzeitschriften zumal.
Auch wenn es das meiste heute schon digital gibt: Beim Vergleich von Texten arbeite es sich doch viel besser mit Büchern und Zeitschriften aus Papier, sagt Bibliothekar Martin Fenske. Das sei einfach übersichtlicher, als auf einem Bildschirm zahlreiche „Fenster“ neben- und hintereinander geöffnet zu haben und umherklicken zu müssen.
100 Seiten pro Tag im Protokoll einer Landtagssitzung
Ist der Antrag der Fraktion fürs Parlament fertiggestellt, wird er im Fachausschuss diskutiert. So einem Ausschuss sitzt ein Politiker oder eine Politikerin vor. Die Geschäftsführung aber haben kundige Mitarbeiter der Landtagsverwaltung inne, Dörte Schönfelder zum Beispiel. Sie wacht über den korrekten Ablauf der Sitzungen und schreibt das Protokoll.
Tagt das Plenum, ist die 43-Jährige zudem als Stenografin im Plenarsaal im Einsatz. „100 Seiten kommen dabei an einem Tag zusammen“, sagt sie.
In Zehn-Minuten-Abschnitten schreiben die insgesamt sechs Stenografen jede Rede und jeden Zwischenruf mit. Wieder im Büro, wird der Text auf ein Diktiergerät gesprochen und mit einem Audio-Mitschnitt abgeglichen. Eine Schreibkraft tippt den Text dann ab, während die Stenografen schon wieder auf dem Weg zu ihrem nächsten Zehn-Minuten-Einsatz im Plenarsaal sind.
Im Plenum wird dann schließlich über den Gesetzentwurf abgestimmt, sagt Frank Platthoff. Der 52-Jährige gehört ebenfalls zum wissenschaftlichen Dienst, ist zugleich aber auch als einer der Sprecher des Landtags im Einsatz. „Insgesamt gehören 165 Männer und Frauen zum engeren Team der Landtagsverwaltung“, sagt Platthoff – ohne die in den Fraktionen tätigen, aber mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesbeauftragten, der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten etwa. In 176 Büros und 76 Sitzungs-, Technik- und Archivräumen auf 14 267 Quadratmeter Fläche halten sie den Parlamentsbetrieb am Laufen.
100 000 Dokumente, 60 000 davon auch im PC
Auch Manfred Hater gehört dazu. 64 Jahre ist er alt und seit 35 Jahren im Landtag tätig. Er ist für die Dokumentation zuständig. Ihn erreicht das Gesetz, wenn es dann beschlossen ist, quasi als erstes: Als Dokument in Papierform, samt den Politiker-Unterschriften. „Wir bewahren diese Urkunde im Original auf“, sagt Hater.
Dazu kommen schriftliche Anfragen von Politikern, die Antworten der Ministerien, Ausschussprotokolle und was sonst noch an Papierkram anfällt. Rund 100 000 Dokumente haben sich in den letzten 73 Jahren angesammelt. „60 000 davon sind bereits digitalisiert“, sagt Hater. Der Großteil davon ist auch öffentlich zugänglich. Darunter sind alle Plenarprotokolle seit 1946.
Hater sortiert aber nicht nur weg. Sehr häufig fragen Abgeordnete und ihre Mitarbeiter auch bei ihm in der Dokumentation an, weil sie Einsicht nehmen wollen in alte Dokumente, in Gesetze, Anfragen, Protokolle – häufig auch, um gleich den nächsten Gesetzentwurf auf den Weg durchs Parlament zu bringen.
Wolfram Hammer