Nach Schüler-Ärger: Lübecks Bürgermeister kritisiert Umweltsenator
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Immer wieder freitags: Schüler demonstrieren an der Lübecker Musik- und Kongresshalle für das Klima.
© Quelle: Ulf-Kersten Neelsen
Lübeck/Kiel. Überall demonstrieren Schüler freitags für die Zukunft der Erde: "Fridays for Future", so der Name der Veranstaltung, polarisiert. Landesweit schlägt derzeit die Absage des Lübecker Umweltsenators Ludger Hinsen (CDU) auf eine Einladung der jungen Demonstranten Wellen: Die Schüler sollten zunächst selbst ihr Verhalten ändern und etwas Konkretes für den Klimaschutz leisten, forderte Hinsen.
Dazu sollten sie das Angebot der Schule zur Wissensvermittlung – „gerade im naturwissenschaftlichen Bereich“ – nutzen, das „auch freitags zur Verfügung stehe“. Er stehe „als bloße Staffage für Forderungen an andere nicht zur Verfügung“.
Bürgermeister lädt Jugendliche ein
Nicht nur Schüler können Hinsens Verhalten nicht verstehen. "Wäre er auf der Veranstaltung gewesen, hätte er bemerkt, wie sehr wir uns damit befassen, was wir konkret tun können, um zum Beispiel Kohlenstoffdioxid einzusparen", sagte der Lübecker Abiturient und Freitags-Demonstrant Lucas Leitner den LN. Zu der von Hinsen verschmähten Veranstaltung seien zahlreiche Experten eingeladen gewesen. Zudem seien individuelle Klimaschutzversuche nicht ausreichend. "Wir brauchen die politische Ebene."
Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) erklärte, er sei über das Vorgehen Senator Hinsens „irritiert“. Er wolle mit den Schülern ins Gespräch kommen. „Wir schreiben gerade die Einladungen.“ Es sei wichtig, dass „gerade wir politischen Entscheidungsträger die Schüler ernst nehmen“. Es gelte, darüber zu reden, was die Stadt bereits tue und darüber hinaus „neue Ansätze“ zu finden. Dies wolle er auch in die Bürgerschaft weitertragen. „Jeder von uns könnte durch aktives Tun dazu beitragen, dass die Freitagsdemonstrationen nicht mehr stattfinden müssen.“
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Bildungsministerin: Engagement „begrüßenswert“
Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) stärkte den Schülern am Mittwoch den Rücken. „Es ist nicht nur nachvollziehbar, sondern auch anerkennenswert, dass so viele junge Menschen eine konsequente Klimapolitik einfordern“, sagte Albrecht. „Für die Jugendlichen ist die Einhaltung der Klimaschutzziele mittlerweile ebenso entscheidend für ihre Zukunft wie der Bildungserfolg. Die Politik muss die Anliegen der Schülerinnen und Schüler daher ernst nehmen und aufgreifen.“
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Bildungsministerin Karin Prien (CDU) ließ dagegen wissen, sie halte „das gesellschaftliche Engagement grundsätzlich für sehr begrüßenwert“. Es sei „ganz im Sinne einer demokratischen Kultur“. Allerdings könne man sich auch außerhalb der Schulzeit engagieren. Klimaschutz und Nachhaltigkeit seien aber wichtige Themen. Diese Fragen sollten „auch im Unterricht kontrovers diskutiert werden“.
Eltern suchen gemeinsame Position
Thorsten Muschinski, Vorsitzender des Landeselternrates der Gemeinschaftsschulen, sagte, er persönlich befürworte die Freitagsdemonstrationen. Eine offizielle Position der Elternschaft gebe es aber bislang nicht. Er werde nun versuchen, durch eine Umfrage ein Meinungsbild einzuholen.
„Ich halte es für selbstverständlich, dass Schülerinnen und Schüler für ihre Zukunft auf die Straße gehen“, meint Luca Köpping vom Landesvorstand der Grünen Jugend in Kiel. Die Debatte solle nicht darum geführt werden, ob Schüler die Schule schwänzen dürften. „Es sollte darum gehen, dass wir die Klimaziele einhalten und um die Inhalte, die durch die Demonstrationen nach vorne gebracht werden.“
Marcus Stöcklin