Tiefe Wunden hat eine Textilmanschette hinterlassen, die sich über lange Zeit in den Hals einer Kegelrobbe einschnürte. Eine Frau auf der Halbinsel Wittow entdeckte das verletzte Tier und konnte es von seiner Geißel befreien. Was sagen Experten des Meeresmuseums in Stralsund zu der Aktion und wie sehen sie die Überlebens-Chancen der Robbe?
Kap Arkona. Lebensretter folgen nicht immer ihrem Verstand, sondern manchmal einfach ihrem Herzen. Zum Glück – zumindest im Falle der Kegelrobbe, die vermutlich ohne das beherzte Eingreifen einer Spaziergängerin früher oder später qualvoll gestorben wäre. Die Frau entdeckte das Tier bei einer Wanderung am Strand nahe der Ruine des Pegelturms unterhalb von Kap Arkona. Es war nicht nur ganz offensichtlich geschwächt. Die Robbe trug auch einen „Kranz“ um den Hals, der sich mittlerweile tief in das Fleisch eingeschnitten hatte. Die einen mögen es Leichtsinn nennen, andere Mut: Sie näherte sich dem Raubtier und befreite es von seiner todbringenden Fessel. Das Tier brauchte einige Stunden, um Kraft zu schöpfen – und verschwand anschließend in die Ostsee.
Da haben beide großes Glück gehabt, sagt Dr. Michael Dähne. Er ist als Kurator am Deutschen Meeresmuseum in Stralsund für Meeressäugetiere zuständig und war über den Fund informiert worden. Mit „beide“ meint er sowohl die Robbe als auch ihre Retterin. Denn nicht selten bezahlen die Tiere ihre Neugier mit dem Tode. Sie untersuchen zu gern den seltsamen Müll, der im Meer schwimmt. Und es kommt häufig vor, dass er sie bis zum Tode nie wieder loslässt. Dähne kennt Fälle, in denen die Säuger Keilriemen aus dem Wasser fischen, die sie nicht mehr loswerden. Oft passiere das Jungtieren. „Das macht ihnen manchmal anfangs nicht allzu viel aus und sie kommen eine Zeit lang ganz gut damit zurecht. Aber wenn sie wachsen, wird das für sie zu einem echten Problem.“