Alternative zum Auto: Elektrisch pendeln mit dem Faltpedelec
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Sein Fahrrad in den Zug mitzunehmen ist sehr beliebt. Falt-Pedelecs kann man, genau wie ihre nicht motorisierten Pendants, kostenfrei mitnehmen – im Unterschied zu Rädern, die sich nicht zusammenklappen lassen.
© Quelle: Gina Patan RND
Eigentlich ist Berlin sehr gut ausgestattet. Busse, U‑ und SBahnen fahren laut Plan eng getaktet. Reisende kommen so schnell von A nach B, ohne im Stau zu stehen. Trotzdem fährt Anne Weiss lieber mit dem Rad. „Ich bin oft selbst in Berlin einfach schneller damit unterwegs“, sagt die Autorin („Mein Leben in drei Kisten“), die seit 2017 in der Hauptstadt lebt. Mit der Corona-Pandemie kam noch ein weiterer Grund hinzu, mit dem Fahrrad zu fahren: Sie fühlte sich sicherer vor einer Infektion.
Viel sprach aus ihrer Sicht dafür, sich ein E‑Bike zuzulegen. Genauer gesagt: ein E‑Faltrad. Denn damit kann man gut größere Distanzen zurücklegen, ohne verschwitzt oder erschöpft zu sein. Auf längeren Strecken, beispielsweise bei Lesereisen, faltet sie ihr Fahrrad zusammen und nimmt es wie ein Gepäckstück mit in den Zug. Das kostet bei der Deutschen Bahn (DB) und regionalen Verkehrsunternehmen keinen Cent extra – im Unterschied zu Fahrrädern, die sich nicht zusammenfalten lassen.
Ein Brompton E‑Bike – der Marktführer – hat dann folgende Maße: Das Fahrrad ist zusammengeklappt 585 mm hoch, 565 mm lang und 270 mm breit. Gewicht: etwa 16 kg. Zum Vergleich: Andere Falt-E‑Bikes wie das Myatu 1908 wiegen mit 26 kg deutlich mehr. Zumal es sich nicht so klein zusammenfalten lässt. Bei manchen Falträdern ist der Motor abnehmbar. Das Rad ist dann drei Kilogramm leichter. So oder so ist das Gewicht, dass man auch mal tragen muss. Allerdings sind manche Falträder so gestaltet, dass man sie im zusammengeklappten Zustand wie einen Rollkoffer ziehen kann. Lediglich in Bus, Bahn oder Kofferraum muss es dann gehoben werden.
„In Berlin bin ich an manchen Tagen 40 Kilometer unterwegs“, erzählt Weiss. Das sind nicht nur berufliche Termine, sondern auch der Besuch bei einem Verwandten und Freunden, die quer verteilt auf den 892 Quadratkilometern der Stadt leben. Seit der Studienzeit hat die 48‑Jährige kein Auto mehr. Ein neues anschaffen will sie aus vielerlei Gründen nicht.
Durch Wald und Wiese – und durch die Stadt
Das Tollste am E‑Faltrad? „Ich fühle mich so frei“, sagt sie. Sie sei nicht abhängig von Busfahrplänen oder von Menschen, die sie zum Bahnhof bringen. Sie genieße es, sich nach längeren Zugfahrten mit dem Rad bewegen zu können. Mit Apps finde sie zudem problemlos das Ziel der Reise und könne bewusst die Strecken aussuchen. Durch Wald und Wiese. Durch die Stadt. Auf geschützten Fahrradwegen: „Und wenn die dann bedeuten, dass ich etwas länger fahren muss, ist das mit dem Motor kein Problem.“ Die Hersteller von elektrischen Falträdern geben eine Reichweite von bis zu 80 Kilometern an. Je nach Belastung, Strecke, Temperatur.
Auch Marla Luther ist gern mit dem faltbaren E‑Bike unterwegs. Ursprünglich bewegte sie sich mit dem ÖPNV zwischen Wohnung und Arbeit. Mit einem normalen Rad war ihr die Strecke zu weit, mit dem Auto wollte sie aus Gründen des Umweltschutzes nicht fahren. „Als dann E‑Falträder auf den Markt kamen, wurde es für mich interessant“, erzählt die Berlinerin. Ihr Plan sei es gewesen, eine der Strecken ins Büro mit dem Rad zu fahren. Die andere wollte sie mit zusammengefaltetem Rad im ÖPNV zurücklegen. „Ich fahre aber seither beide Strecken mit dem Faltrad“, sagt sie. Auch sie genießt die Flexibilität, die Bewegung und die Option, nicht verschwitzt zu sein.
Für Menschen, die sich für ein Faltrad bei gleichzeitiger Nutzung des ÖPNV interessieren, haben DB Connect, DB Regio, Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VSS) und Brompton ein Pilotprojekt gestartet. Menschen, die sich dort bis zum Jahresende einschreiben, können für 29,90 Euro im Monat für ein Jahr ein Brompton-Faltrad leasen und den ÖPNV der Region Stuttgart nutzen. Das Fahrrad wird geliefert. Zur Verfügung gestellt wird kein E‑Bike. Im Anschluss an das Projekt gibt es für die Teilnehmenden einen Rabatt beim Kauf eines neuen Brompton-Fahrrads. „Da der Pilot erst Ende des Jahres ausläuft, steht die Evaluation noch bevor“, erläutert eine DB‑Sprecherin. Auf Basis der Ergebnisse werde entschieden, wie es mit der Idee weitergehe.
„Ein paar Tropfen Wasser machen mir nichts aus“
Gegen Regen haben sich Marla Luther und Anne Weiss wetterfeste Kleidung zugelegt. „Ein paar Tropfen Wasser machen mir nichts aus. Wenn es stark regnet, ist es kein Problem, das Rad zusammenzufalten und in den Kofferraum eines Taxis zu legen oder im Bus mitzunehmen“, sagt Weiss. Daneben packt sie ihren Rucksack, mit dem sie bei mehrtägigen Touren Unterlagen und Klamotten transportiert. Zu Beginn habe sie es mit einer Tasche versucht, die zu ihrem Faltrad dazugehört. „Aber die war unpraktisch, weil sie im Weg war, wenn ich das Rad zusammenfalten wollte.“ Bei kleineren Touren packt sie Buch und Zahnbürste in die Tasche, in der sich auch der Motor ihres Fahrrads befindet.
Beide Frauen finden es wichtig, genau zu recherchieren, welches E‑Faltrad das beste sei. Da spielen Faktoren wie Stabilität des Rahmens, Gewicht, Größe der Reifen, Reichweite und Preis eine Rolle. Laut Stiftung Warentest gibt es gute Falträder ab 600 Euro. Eine Probefahrt ist für die Entscheidung unabdingbar. Dazu gehört eine Fahrt in Bus oder Bahn. Denn dort zeigt sich deutlich, ob das zusammengeklappte Gefährt gut zu handeln ist. Bei manchen Rädern – zum Beispiel beim Tern – können Bowdenzüge und Kabel so lang sein, dass man in Bus und Bahn hängen bleibt.
Wer Sorge hat, sich die Kleidung am verdreckten Fahrrad zu beschmutzen, kann sein Faltrad in eine Tasche packen. Diese bietet oft zusätzlichen Stauraum, beispielsweise für Werkzeug. Zudem sind diese Taschen hilfreich, das Faltrad als Handgepäck zu erkennen. Vor dem Kauf ist es wichtig, die genauen Maße des Rads zu nehmen, damit es in die Tasche passt.
Nur die norddeutschen Herbststürme wurden zum Problem
Am Ende des Gesprächs nennt Anne Weiss doch noch einen Nachteil. Für ihr jüngstes Buchprojekt ist sie für drei Monate aufs Land gezogen. Im Nirgendwo in Schleswig-Holstein hat sie erfahren: „Die Herbststürme sind schon ein Problem.“ Da habe sie schon mal Termine verlegen müssen. Zudem könne sie Menschen verstehen, die wegen fehlender oder schlechter Radwege nicht aufs Rad umsteigen mögen.
Für sie selbst bietet das E‑Faltrad Vorteile nicht nur hinsichtlich der Mobilität: „Man ist mehr mit der Umwelt – also mehr mit der Natur und den Menschen in Kontakt.“ Zudem werde sie oft wegen des Rads angesprochen. Deshalb hält sie es für ein soziales Verkehrsmittel. Gerade in Berlin.