Zu wenig Plätze in Frauenhäusern
Eigentlich sollen Frauenhäuser ein Zufluchtsort für Frauen sein, die vor häuslicher Gewalt fliehen müssen. Doch seit der Corona-Krise sind viele der Schutzhäuser überlaufen. Eine Betroffene berichtet, welche Folgen das hat.
Im Februar dieses Jahres klingelte und hämmerte es an der Wohnungstür von Sonja Lund*. Davor stand ihr betrunkener Ex. Als Lund öffnete und ihn beschwichtigen wollte, ging er plötzlich mit einem Messer auf sie und ihren Bekannten im Wohnzimmer los. Lund konnte dem Angreifer zum Glück das Messer entreißen, doch da stürzte er sich schon auf ihren Bekannten. Erst als die herbeigerufene Polizei klingelte, flüchtete der Gewalttäter. Doch die zwei Beamten nahmen nicht etwa die Verfolgung auf. Ihre Begründung: Es gäbe keine Verstärkung. Die Polizisten empfahlen Lund, den Weißen Ring zu kontaktieren und für sich und ihre zwei Kinder einen Platz im Frauenhaus zu organisieren, während ihr Ex noch frei herumlaufe.
„Hilfesystem 2.0″ – so hieß das Programm des Bundesfrauen- und Familienministeriums vom Oktober 2020, das Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen während der Corona-Pandemie besser unterstützen sollte. 3 Millionen Euro wurden in Technik und Dolmetscherleistungen investiert. Doch in keinem Frauenhaus in 300 Kilometer Umgebung gab es für Lund auch nur einen freien Platz. Grund: Die Schutzhäuser (vor allem in Schleswig-Holstein) sind seit der Corona-Pandemie überlaufen, weil die Gewalt in den häuslichen vier Wänden seit Homeschooling, Lockdown und wirtschaftlich angespannter Situation eskaliert.