Iranischer Filmemacher

Regisseur Panahi im Hungerstreik: „Vielleicht muss man meine Leiche aus dem Gefängnis tragen“

Im Visier des iranischen Regimes: Der preisgekrönte Filmregisseur ist in den Hungerstreik getreten.

Im Visier des iranischen Regimes: Der preisgekrönte Filmregisseur ist in den Hungerstreik getreten.

Im Februar 2011 erreichte die Jury der Berlinale ein offener Brief aus Teheran. Die Jury-Vorsitzende Isabella Rossellini verlas ihn bei der Eröffnungsgala: Der iranische Regisseur Jafar Panahi ließ die versammelte Filmwelt wissen, dass ihn das Regime nicht davon abhalten könne „zu träumen, dass in 20 Jahren die Verfolgung und die Einschüchterung durch Freiheit und freies Denken ersetzt sein wird (…). In meinen Träumen schreie ich nach einer Zeit, in der wir uns gegenseitig tolerieren und unsere jeweiligen Meinungen respektieren, in der wir füreinander leben können.“

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Dieser Traum ist für Panahi momentan in schier unerreichbare Ferne gerückt: Der Regisseur ist im Teheraner Gefängnis in den Hungerstreik getreten.

2011 hätte Panahi Mitglied der Jury sein sollen. Aber sein Platz in Berlin war leer geblieben. Er war im Iran zu langjähriger Haft und Berufsverbot verurteilt worden wegen seiner Demonstrationen gegen die unsaubere Wahl des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Der Vorwurf lautete: „Propaganda gegen die Regierung“.

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Polizei nimmt Panahi im Juli 2022 fest

Panahi hatte damals die Strafe noch nicht antreten müssen, durfte aber nicht das Land verlassen. Er drehte trotz des Berufsverbots immer weiter – bis er im Juli vorigen Jahres dann doch festgenommen wurde, just vor dem berüchtigten Evin-Gefängnis am nördlichen Stadtrand Teherans, in dem viele politische Gefangene einsitzen. Vor diesem hatte er gegen die Verhaftung seiner Kollegen Mohammad Rasoulof (Berlinale-Gewinner mit dem Todesstrafenfilm „Doch das Böse gibt es nicht“) und Mostafa Al-Ahmad demonstriert.

Ich werde damit weitermachen, bis man vielleicht meine Leiche aus dem Gefängnis tragen muss.

Jafar Panahi,

Regisseur aus Teheran

Und nun erreicht die Weltöffentlichkeit wieder eine Stellungnahme Panahis: Er hat im Evin-Gefängnis einen Hungerstreik begonnen. Er habe „keine andere Wahl, als mit meinem wertvollsten Besitz, nämlich meinem Leben“, gegen das unmenschliche System zu protestieren. „Ich weigere mich zu essen und zu trinken oder Medizin zu mir zu nehmen, bis man mich freilässt“, so der Regisseur in dem von seiner Frau Tahereh Saeedi und seinem Sohn Panah veröffentlichen Statement. „Ich werde damit weitermachen, bis man vielleicht meine Leiche aus dem Gefängnis tragen muss.“

Lange Zeit hatte Panahi sein Ruf als einer der bekanntesten Regisseure des Irans leidlich vor Verfolgung geschützt. Die iranischen Zensoren trickste er immer wieder aus. Seine Filme liefen auf den großen Festivals. Nach Cannes hatte er seinen Film „Dies ist kein Film“ (2011) per Stick in einem Kuchen geschmuggelt. In Venedig erhielt Panahi noch im Vorjahr in Abwesenheit für seinen Film „No Bears“ einen Spezialpreis.

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Vor allem aber bot die Berlinale Panahi ein weithin leuchtendes Schaufenster. Mit „Taxi Teheran“ gewann er 2015 den goldenen Bären. Die Kamera für den Film hatte er unauffällig am Armaturenbrett befestigt. So war er durch die iranische Hauptstadt chauffiert und hatte über seine Fahrgäste Geschichten aus seinem Land erzählt. Damals nahm in Berlin seine kleine Nichte stellvertretend für ihn den Goldenen Bären entgegen.

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Nun dürften sich die am 16. Februar beginnenden Berliner Filmfestspiele wieder für Panahi starkmachen. Der seit Monaten andauernde Aufstand der iranischen Bevölkerung gegen das Regime sollte nach Angaben der Festivalleitung ohnehin neben dem Ukraine-Krieg in den Fokus gerückt werden. Das Anliegen hat mit Panahis Hungerstreik eine neue Dringlichkeit erhalten. Panahi bleibt womöglich nicht mehr so viel Zeit, von der Freiheit für sein Land zu träumen.

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