60. Nordische Filmtage: Strom für den Norden
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Mit ihnen kam die neue Zeit: Männer wie er errichteten in jungen Jahren unter extremen Bedingungen das Stromnetz in Lappland.
© Quelle: NFL
Lübeck. Als 110 Kilovolt durch seinen Körper rasten, hing Pentti Nissilä 14 Meter hoch an einem Strommast und sah, wie eine grüne Flamme aufschoss. Sie mussten ihm den rechten Unterarm amputieren und einen Fuß. Es war ein Wunder, dass er überlebte, sagt er.
Jahrzehnte später ist er wieder dort. Ein alter Mann, der ein wenig suchend im Gestrüpp unter den Leitungen umhergeht, den Körper gestützt auf einen Handstock in der Linken. „Ich hatte einige dunkle Gedanken für eine Weile“, sagt er. Aber dann habe er sich da rausgekämpft. Allein. Und es sei ein wunderbares Gefühl, das geschafft zu haben. Aber so sei das nun mal: „Man braucht Mut im Leben. Weinen hilft nicht.“
Dokumentarfilm von Antti Haase über denEinzug der Moderne in den äußersten Norden
Die Geschichte, die Antti Haase in „The Illuminators“ – „Die das Licht brachten“ – erzählt, handelt vor allem davon: von Mut. Aber auch von Solidarität, Emanzipation und Zuversicht. Haase ist der Enkel von Gunnar Haase, dem Mann, der nach dem Zweiten Weltkrieg das Licht nach Lappland brachte wie Prometheus den Menschen das Feuer. Der dafür gesorgt hat, dass Elektrizität in den letzten Winkel dieser vor allem an Einsamkeit reichen Gegend am Polarkreis getragen wurde. Und mit der Elektrizität kam der Wandel.
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Wir brauchen keinen Strom, sagten die Männer in den Wäldern. Wir haben Holz, wir haben Feuer, es ist genug. Mit dem Strom und dem Radio würde die Sünde Einzug halten und ihr Leben zerstören. Außerdem hatten sie Angst vor den Kosten.
Die Frauen aber, die morgens im schummrigen Licht der Petroleumlampe die Kühe melkten, die elektrisch kochen und waschen wollten, die protestierten. Es war ein Kampf der Geschlechter und ein Kampf der Moderne gegen die Vergangenheit. Die Moderne gewann und machte sich auf in den Norden.
Die Elektrifizierung Lapplands:ein mühsames Geschäft
Errichtet wurde das Stromnetz von Männern unter Bedingungen, die härter kaum sein konnten. Sie hatten keine Maschinen, sondern nur die Kraft ihrer Hände. Manchmal fiel das Thermometer unter minus 50 Grad, das Eisen brach in der Kälte. Und die Masten waren teils mehr als 20 Meter hoch. Man musste zusammenhalten, sagten sie, sonst hätte man keine Chance gehabt.
Gunnar Haase, der Vater des Lichts, ging von Haus zu Haus und warb für das Projekt. Es war ein mühsames Geschäft, wie Propheten ja oft mühsame Geschäfte betreiben. Aber er war erfolgreich. Und als er sich 1979 aus dem Unternehmen zurückzog, vollendete sein Sohn Hannu das Werk. 1987 schloss er das letzte Haus in der Einöde an.
Die Menschen mussten erst lernen, wie man mit der neuen Zeit umgeht. Manchmal lag ein halbes Rentier in der Kühltruhe, manchmal wurde die Stromrechnung mit Baumstämmen bezahlt. Aber immer war es ein Wunder, wenn sich ein Finger dem Schalter näherte und in einer entlegenen Hütte zum ersten Mal das Licht ansprang. „Wir hatten das großartige Gefühl, dass sich die Leute auf uns verließen“, sagt Pentti Nissilä, der dafür seine Hand und einen Fuß hergab.
Peter Intelmann
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