Drei bis vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an seltenen, oft wenig erforschten Krankheiten. Das Lübecker Zentrum für Seltene Erkrankungen hilft ihnen. Es feiert jetzt seinen fünften Geburtstag.
Lübeck. Lars lernte alles später als die anderen Kinder: sitzen, krabbeln, laufen. Er steckte noch immer alle Gegenstände in den Mund, als die Gleichaltrigen es längst nicht mehr taten. Er war oft krank und sprach mit zwei Jahren noch kein Wort. „Wir dachten, die Entwicklungsverzögerung liegt an diesen vielen Infekten“, sagt Lars Mutter Gesa Borek (51). Der Kinderarzt sah keinen Grund, etwas zu unternehmen. Ohne dem Arzt etwas zu sagen, ging Gesa Borek mit Lars ins Sozialpädiatrische Zentrum. Aber auch das half nicht weiter. „Dort hat man mir Erziehungsversagen vorgeworfen“, erinnert sie sich.
Es war ein Humangenetiker, der schließlich erkannte, was Lars fehlte: nicht die Liebe und Fürsorge der Eltern, sondern ein funktionierendes Gen an der Stelle q27.3 des X-Chromosoms. Die Erbkrankheit, mit der er zur Welt gekommen war, nennt sich Fragiles-X-Syndrom. Etwa eines von 4500 in Deutschland geborenen Kindern hat es. Es zählt damit zu den Seltenen Erkrankungen. Sie werden häufig nicht erkannt und sind schwerer zu behandeln als gut erforschte Krankheiten, die viele Menschen betreffen.