Schüsse in Burgfeldvilla in Lübeck: Beobachtungen aus dem Gerichtssaal
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In dieser Villa am Burgfeld sind die tödlichen Schüsse gefallen. Mittlerweile hat der angeklagte Eigentümer die Luxusimmobilie verkauft.
© Quelle: Agentur 54°
Lübeck. Am vierten Prozesstag im Revisionsverfahren um die tödlichen Schüsse in einer verwahrlosten Villa am Burgfeld in Lübeck hat am Montag (6. Februar) unter anderem der Mann erneut ausgesagt, der mit dem Getöteten in die Villa eingedrungen war. Das Landgericht Lübeck hatte den damals 57-jährigen Angeklagten im November 2021 bereits wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Doch der Bundesgerichtshof hat das Urteil aufgehoben – das Lübecker Landgericht habe insbesondere nicht ausreichend geprüft, ob der Angeklagte wegen seines jahrelangen Alkoholkonsums nur vermindert schuldfähig sein könnte.
Der Richter
Richter Gunnar Ullrich leitet die Verhandlung ruhig und unaufgeregt. Der Mann mit den dunklen, zum Zopf gebundenen Haaren ist sehr freundlich, aber bestimmt. Er ist derjenige, der als Erstes Fragen an die geladenen Zeugen stellt. Danach wendet er sich nacheinander an die anderen Prozessteilnehmer, die den Zeugen ebenfalls Fragen stellen dürfen. Dabei vergisst er hin und wieder den Sachverständigen – und entschuldigt sich dann dafür. Hinter dem Richterplatz stehen Umzugskartons mit Akten, aus denen Ullrich Dokumente kramt. Geduldig legt er Bilder und Grafiken auf den Projektor, die dann von Zeugen beschrieben werden.
Der Angeklagte
Vom Zuschauerraum gesehen links sitzt der Angeklagte, der für den Prozess aus der Untersuchungshaft in den Gerichtssaal gebracht wird. Er hat, wie immer, Gefängniskleidung an: eine grüne Jogginghose und einen grünen Pullover. Er trägt Brille und einen grauen Kinnbart, seine Haare sind kurz geschnitten.
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Der Angeklagte im Verfahren wegen der tödlichen Schüsse in der Villa am Burgfeld.
© Quelle: Lutz Roessler
Die meiste Zeit sitzt er einfach da, hin und wieder macht er sich Notizen und schaut danach nachdenklich in die Luft. Doch er sagt nichts. Manchmal schüttelt er mit dem Kopf, wenn er den Ausführungen der Zeugen zuhört. Neben ihm sitzen zwei Justizangestellte, die ebenfalls nichts sagen. Ab und zu versuchen sie mehr oder weniger erfolgreich, ihr Gähnen zu verstecken.
Die Verteidigung
Im Gegensatz zum ersten Prozess sitzen nun zwei Verteidiger vor dem Angeklagten. Und noch zwei weitere Männer in Anzügen, die zwar keine Fragen stellen, aber zum Verteidigungsteam gehören. Alle vier haben einen Laptop vor sich stehen. Die Rechtsanwälte Patrique Noetzel und Christian Albrecht beugen sich während des Prozesses oft nach vorn, um vor der Plexiglasscheibe, die die beiden trennt, etwas zu besprechen.
Sie wollen von den Zeugen alles ganz genau wissen: Besonders die Fragen von Noetzel sind kurz gestellt, eine Einleitung spart er sich meist. Er fragt schnell, springt inhaltlich hin und her und äußert offen seine Zweifel an den Antworten. Albrecht fragt anders, er wirkt empathischer und freundlicher gegenüber Zeugen – trotzdem weiß er offenbar ganz genau, was er hören will. Als Albrecht dem Zeugen, der mit in die Villa eingestiegen ist, im Verlaufe seiner Befragung zeitversetzt immer wieder die selbe Frage stellt, greift Richter Ullrich ein: „Diese Frage ist nun wirklich schon drei Mal beantwortet worden.“
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Die Staatsanwältin, die Vertreter der Neben- und Adhäsionsklage
Auf der rechten Seite des Gerichtsaals sind statt Laptops rote und gelbe Akten auf dem Tisch – sowohl vor Staatsanwältin Britta Berkenbusch, die nicht annähernd so viele Fragen wie die Verteidigung stellt, als auch vor den Vertretern der Neben- und Adhäsionsklage. Bei Adhäsionsklagen geht es um Schadensersatz und Schmerzensgeld. Als Adhäsionsklägerin sitzt die damalige Partnerin des Getöteten im Gerichtssaal.
Das Publikum
Besucher und Journalisten müssen bei dem öffentlichen Prozess in einem durch Glas abgetrennten Raum sitzen, den sie erst betreten dürfen, wenn die Verhandlung beginnt. Dort steht ein Tisch für die Presse, dahinter einige Stühle für Angehörige und Interessierte. Die Prozessteilnehmer sprechen in Mikros, in dem Besucherraum gibt es Lautsprecher und auch einen Bildschirm. Handys sind verboten, darauf wird von einer Sicherheitsdienst-Mitarbeiterin aufgepasst.
Die meiste Zeit bleiben die Zuschauer ruhig. Nur bei der Zeugenbefragung des Mannes, der ebenfalls in die Villa eingestiegen ist, wird gemurmelt – offensichtlich sind Angehörige der damaligen Partnerin des Getöteten mit den Ausführungen des Zeugen überhaupt nicht einverstanden.
Zwei weitere Verhandlungstage sind noch angesetzt, am 13. Februar wird die Gerichtsverhandlung fortgesetzt.