Karlshof

SB-Bank schließt: Sorge um Infrastruktur in Karlshof

Wohnen im Industriegebiet: Güngör Barcin (l.), Sultan Barcin (m.), Besucherin Dorothea Wagner (r.)

Wohnen im Industriegebiet: Güngör Barcin (l.), Sultan Barcin (m.), Besucherin Dorothea Wagner (r.)

St. Gertrud. Yolanta Garvelt wird von dem Hinweis kalt erwischt: „Diese SB-Station steht Ihnen letztmalig am Montag, 15. Juli, zur Verfügung“, steht auf einem Poster am Eingang der Deutschen Bank in Karlshof. Garvelt ist hier Kundin, und dass sie nun in die Stadt oder zum Kaufhof fahren muss, um Geld zu ziehen, findet sie „nicht so toll“. Das Gelände ist ein Geisterplatz, eine schwarze Zahnlücke im Stadtteil. Das Gebäude im Schatten des Hochhauses an der Kreuzung Torneiweg und Forstmeisterweg ist seit Februar 2018 von Bauzäunen abgegrenzt, auf dem Hof vor einem ehemaligen Topkauf-Supermarkt wachsen Pflanzen.

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„Mit der Zukunft klarkommen“

Nach der Schließung des SB-Centers steht das Gebäude nun komplett leer. Der Pressesprecher der Deutschen Bank, Christian Hotz, weist darauf hin, dass die Kunden die Filialen „am Kaufhof, am Kohlmarkt und in Bad Schwartau“ nutzen könnten, außerdem „die Geldautomaten der Cash Group Banken“. Christel Kripke, die Sprecherin des Runden Tisches Karlshof und Israelsdorf, hätte vor Ort für Menschen, die nicht mehr mobil sind, gern weiterhin eine Bank, einen Nahversorger und außerdem Ärzte gehabt. „Aber was wir wollen, zählt nicht“, sagt sie. „Wir müssen mit der Zukunft klarkommen“.

Das Haus gehört der Coop-Genossenschaft. Die hatte der Bank gekündigt, im Laufe des Jahres wird sie es abreißen. „Der Standort war zu klein für einen Supermarkt und hatte zu wenige Stellplätze“, sagt Coop-Vorstand Dierk Berner. 2020 soll dann an dieser Stelle ein dreistöckiges Wohnhaus gebaut werden. Im Erdgeschoss sind Gewerbeeinheiten geplant, zum Beispiel ein Bäcker, sagt Berner. Aber für Mietverträge ist es zu früh: „Jetzt wird erst einmal der Bauantrag eingereicht“.

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Nähe für die Nahversorgung: Das Zentrenkonzept

Das Einzelhandelszentren- und Nahversorgungskonzeptder Hansestadt Lübeck (kurz: Zentrenkonzept) dient der Stadt als Planungsgrundlage. Alle Stadtteile haben demnach Nahversorgungszentren, wo unter anderem Lebensmittel, Zeitungen, Drogerieartikel und Arzneimittel verkauft werden sollen. Ein Abwandern der Nahversorger auf die „Grüne Wiese“ und in Industriegebiete soll vermieden werden. Grundsätzlich sollen sie für die Bewohner in weniger als 500 Metern erreichbar sein. Nach dem Konzept liegt ein solches Zentrum in Karlshof zwischen Forstmeisterweg und Torneiweg. Aus Sicht der Stadtplaner geht die Schließung des Supermarktes und der SB-Bank also in die falsche Richtung.

„Der Platz war ein Treffpunkt“

Die Schließung der SB-Bank, des Supermarktes und eines Eiscafés am Forstmeisterweg ist für die Karlshoferin Sultan Barcin „ein echter Verlust“. Zusammen mit ihrem Mann Güngör Barcin hat sie ihr Haus über die Deutsche Bank finanziert, als diese hier noch eine richtige Filiale hatte. Ihr Haus ist mit seinen roten Backsteinen und dem üppigen Garten ein echter Blickfang im Industriegebiet. Sie wohnen gerne hier, im Glashüttenweg zwischen Fischräucherei, Recycling-Center und Brüggen-Cornflakes-Fabrik. Früher, sagt Barcin, habe es im Viertel „viele kleine Läden“ gegeben, „die waren auch ein Treffpunkt“. Auf dem Platz am Forstmeisterweg sei immer etwas los gewesen. Stattdessen sind nun in ihrer Straße zwei große Supermärkte. „Alle sind im Stress, das Einkaufen muss schnell gehen“, sagt Barcin. Zu einem spontanen Treffen laden die Plätze vor den Supermärkten eher nicht ein.

Eine beliebte Lage

Bankgeschäfte, vermutet Sven Oldörp, werden viele Kunden künftig online erledigen. Der Geschäftsführer einer Hausverwalter- und Immobilienfirma hat sein Büro nicht weit vom Haus der Barcins. Karlshof sei „eine beliebte Lage. Wenn es hier Immobilien zu kaufen gibt, drehen die Leute immer durch“. Die Bauprojekte im Hertzweg und auf dem Volksfestplatz werden noch mehr Menschen locken.

Dass sich für die neuen Bewohner dann auch genügend Einzelhandel im Stadtteil ansiedelt, kann Stadtplaner Karl-Heinz Bresch nur bedingt beeinflussen. „Es ist ausdrückliches Ziel der Stadtentwicklung, die Nahversorgung hier zu halten“, sagt er. „Aber wir können das nicht für die Versorger entscheiden. Wir können gemäß dem Zentrenkonzept nur die Bedingungen dafür herstellen.“

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Dass große Supermärkte die kleinen Läden abgelöst haben, bestätigt er, habe sicher auch mit dem Kaufverhalten der Kunden zu tun. Viele Läden hatten nicht genug Umsatz und haben geschlossen. Das rächt sich nun: Es gibt immer weniger Gastronomie, Einzelhandel und Banken bei steigender Bewohnerzahl.

Friederike Grabitz

LN

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