Eutiner wirbt um Mitstreiter: So wichtig sind Ersthelfer
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Andreas Ebbersmeyer hat mittlerweile einen eigenen Defibrillator und einen Sanitätsrucksack.
© Quelle: Maike Wegner
Ostholstein/Eutin. 50 000 Menschen erleiden deutschlandweit außerhalb eines Krankenhauses einen Herzkreislaufstillstand. In solchen Fällen geht es um Sekunden. Denn schon nach drei bis fünf Minuten wird das Gehirn des Betroffenen dauerhaft geschädigt. Bis ein Rettungswagen da ist, dauert es jedoch oft länger – im Schnitt acht Minuten. „Deshalb würde ich mir wünschen, dass mehr Menschen helfen können“, sagt Andreas Ebbersmeyer.
Im Notfall richtig helfen können
Der Eutiner weiß, wie es ist, wenn man im Notfall überfordert ist. Sein Sohn brauchte Hilfe, der 48-Jährige verfiel in Panik. „Ich hab eigentlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann“, sagt er rückblickend. Damit das nicht wieder passiert, hat er sich beim Deutschen Roten Kreuz in Süsel gemeldet. Aus einem ursprünglich geplanten Erste-Hilfe-Kursus wurde die Teilnahme an der Sanitätsausbildung. Die Ausbildung hat der Eutiner mittlerweile erfolgreich absolviert. Seitdem hilft er hin und wieder ehrenamtlich bei Veranstaltungen. Passiert ist bisher nichts. Doch wenn, dann weiß Ebbersmeyer, was zu tun ist.
Die Woche der Wiederbelebung
Seit Montag, 16. September,findet unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit die „Woche der Wiederbelebung“ statt. Ärzte und Fachkräfte initiieren unter dem Motto „Ein Leben retten. 100 Pro Reanimation“ Aktionen in Kliniken, öffentlichen Gebäuden und auf Plätzen. Damit wollen sie Menschen ermutigen, im Zweifel zu helfen. In Schleswig-Holstein finden Aktionen in Büdelsdorf, Eckernförde, Heide, Kiel, Neumünster, Reinbek und Trittau statt.
"Es wäre so wichtig, dass die Erste Hilfe mehr thematisiert wird. Gerade in Firmen, da wird das Ganze oft viel zu stiefmütterlich behandelt", sagt er. "Nichts ist schlimmer, als nichts zu tun." Andreas Ebbersmeyer ist auch in der App "Meine Stadt rettet" registriert. Mit dem Programm sollen Patienten im Notfall schnellere Hilfe erhalten. Die Integrierte Regional Leitstelle Süd (IRLS) kann die freiwilligen Helfer zum Einsatz bitten, bis ein Rettungswagen eintrifft. Die Meldung erscheint auf dem Handy der registrierten Ersthelfer. 30 Sekunden haben sie Zeit, den Einsatz per Knopfdruck anzunehmen.
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Per Pushnachricht werden registrierte Smartphone-Nutzer über einen Notfall informiert. In 62 Fällen waren sie vor dem Rettungsdienst da.
© Quelle: Maike Wegner
„Meine Stadt rettet“: 62 Mal waren Helfer vor Rettungsdienst da
168 Mal ist dieser Fall in den vergangenen zwölf Monaten in Ostholstein eingetreten. 62 Mal waren die App-Retter laut den Aufzeichnungen der Leitstelle wirklich vor dem Rettungswagen da. Im Schnitt sogar dreieinhalb Minuten früher. „Das ist sehr wichtig für uns“, sagt Carsten von Deylen von der IRLS. „Je ländlicher die Region ist, desto länger kann es im Zweifel dauern, bis der Rettungsdienst da ist.“ Insbesondere Ärzte und Sanitäter engagieren sich in ihrer Freizeit und haben sich in der App registriert.
Aber auch andere, wie eben Andreas Ebbersmeyer, sind dort aktiv. Er selbst ist Datenschutzbeauftragter. Doch der Wunsch, im Notfall helfen zu können, ist groß: „Es gibt mir Sicherheit, dass ich durch den Kursus das notwendige Wissen habe.“
Und er ist noch weiter gegangen. Der Eutiner hat sich einen Defibrillator gekauft. „Weil im Zweifel Sekunden zählen und es so deutlich leichter ist, zu helfen“, sagt der 48-Jährige. 2500 Euro hat das Gerät gekostet. Alle zwei bis drei Jahre muss es gewartet werden. In seinem Büro steht zudem ein großer Sanitäterrucksack. Wenn er länger unterwegs ist, hat er den immer dabei – eine Tasche mit den Notwendigsten liegt außerdem auch noch im Rucksack.
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Um im Notfall einzugreifen Andreas Ebbersmeyer wirbt für mehr Ersthelfer.
© Quelle: Maike Wegner
Notarzt: „Wir sind ja quasi immer im Dienst“
Auch Alexander Schmuck hat sich vor drei Jahren in der App registriert. Der Bad Schwartauer ist Notarzt und weiß, wie wichtig zeitnahe Wiederbelebung im Falle eines Herzstillstandes ist. „Wenn relativ schnell Hilfe da ist, steigen die Überlebenschancen deutlich“, sagt er.
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Alexander Schmuck ist Notarzt. Auch er weiß: Im Ernstfall zählen Sekunde, da ist jede Hilfe wichtig.
© Quelle: hfr
Auch sein Handy ist in der Freizeit immer an. „Diese App ist auf jeden Fall eine gute Sache.“ Auch viele Kollegen seien registriert. „Ich schätze so 60 bis 70 Prozent sind es sicherlich“, erzählt Schmuck. „Wir sind ja quasi immer im Dienst.“
Schnelle Hilfe bei Notfällen: Die App „Meine Stadt rettet“
Über die App „Meine Stadt rettet“ soll ein Patient bei einem medizinischen Notfall schnell Hilfe bekommen und der therapiefreie Intervall so kurz wie irgend möglich gehalten werden. Denn bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Jeder kann die Anwendungunverbindlich und ohne jegliche Eintrittsbarrieren nutzen. Potentielle Ersthelfer können sich einfach registrieren und erhalten per Push-Nachricht Meldungen über Notfälle in ihrer Nähe. Ziel ist es, ein großes Netz an Ersthelfern zu rekrutieren, die noch schneller als der Rettungsdienst bei dem Patienten sind. In Deutschland erleiden jährlich 50 000 Menschen den plötzlichen Herztod. Ein solches Netz von freiwilligen Helfern, die bei Bedarf GPS-basiert zusätzlich über diese App gerufen werden können, könnte das Überleben vieler dieser Menschen ermöglichen. 50 Prozent der Leitstellen arbeiten in Deutschland bisher mit dem Programm. Das Projekt wurde unter anderem vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), dem Herzzentrum Lübeck und der Uni zu Lübeck ins Leben gerufen.
Von Maike Wegner
LN