Ein Zuhause für Menschen ohne Wohnung
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Die Rentnerin Margitta Müller (l.) hilft einmal wöchentlich ehrenamtlich in der TAS aus, um Obdachlose wie Lutz Stulle (v. l.), Agnieszka Gawedska, Waldemar Berger und Stanislaw Bogatzki zu bekochen.
© Quelle: Fotos: Fuchs
Norderstedt. Es ist der tägliche und oft einzige Anlauf- und Treffpunkt für jene Menschen, die aus dem sozialen Netz unserer Gesellschaft gefallen sind: Am Mittwoch, 4. Juli, sind alle Besucher sowie interessierte Menschen aus Norderstedt und den umliegenden Kommunen von 14 bis 17 Uhr zur Geburtstagsparty in die TAS am Herold-Center eingeladen.
Die Zahl der Bedürftigen, die die Hilfsangebote im TAS in Anspruch nehmen, sei in den Jahren enorm gestiegen, erklärt deren Leiterin Tabea Müller. Zu Beginn im ersten Jahr 1999 seien es noch 1792 Wohnungslose gewesen. Im Jahr 2017 seien 11806 Menschen in die Einrichtung gekommen – sechseinhalb Mal so viele wie am Anfang.
„Die Gästezahlen steigen stetig“, sagt Müller. Der Bedarf wachse kontinuierlich, vor allem durch die steigende Wohnungsnot im Hamburger Umland. Allein von 2016 auf 2017 seien über 1000 Menschen mehr gekommen.
Der Wegfall vieler Sozialwohnungen und die steigenden Mietpreise machten sich direkt bei der TAS für Wohnungslose in Norderstedt bemerkbar. „Es kommen jeden Tag im Durchschnitt 40 Bedürftige zu uns“, erklärt Müller. Es seien darunter alle Altersgruppen, Ethnien und Religionen vertreten. Manche Hilfesuchende seien über 70 Jahre alt. Die meisten Ratsuchenden hätten keine eigene Wohnung mehr. Sie litten unter Suchtkrankheiten, psychischen Problemen, Heimatlosigkeit und Aggressionen. Von Krankheit, Gewalt und Sucht Betroffene träfen hier auf Überlebenskünstler, hoffnungslose wie hoffnungsvolle Menschen.
„Wir sind zu einem Zentrum für Begegnung, praktische Hilfe und Beratung geworden“, sagt Müller. „Die Gäste finden hier einen Raum, in dem sie ihre elementaren Bedürfnisse stillen können, menschliche Zuwendung erfahren und Kraft für neue Perspektiven tanken können.“ Die freundlichen Räume am großen Einkaufszentrum laden zum Wohlfühlen und Ausruhen ein.
Die Bedürftigen würden hier mit offenen Ohren und Herzen für ihre individuellen Sorgen, Nöte und Anliegen empfangen. Montags bis sonnabends bekämen sie hier ein Frühstück, werktags ein warmes Mittagessen. Sie können duschen, ihre Wäsche waschen und trocknen, die Adresse für ihre Post nutzen.
Schließfächer, Internet, Bücher, Spiele und Zeitungen stehen gratis zur Verfügung. Die angegliederte Beratungsstelle für Wohnungslose bietet Hilfe bei der Wohnungssuche und arbeitet eng mit anderen Einrichtungen des sozialen Hilfesystems zusammen. Zweimal im Monat wird eine ärztliche Sprechstunde angeboten. Es gibt kulturelle Angebote und kleine Ausflüge Dafür, dass das alles läuft, sorgen 30 ehrenamtliche Helfer sowie eine Vollzeitstelle und zwei geringfügig Beschäftigte. „Wir können jederzeit noch weitere ehrenamtliche Helfer gebrauchen.“
Doch der Platz reicht längst nicht mehr. „Wir platzen aus allen Nähten“, sagt Müller. Der anfängliche Container ist 2007 einem eingeschossigen Neubau am Lütjenmoor gewichen. Jetzt werde von Seiten des Kirchenkreises über eine Aufstockung des Gebäudes nachgedacht. Beschlossen und finanziert sei das aber noch nicht. Die Einrichtung wird von der Stadt Norderstedt mit 50000 Euro unterstützt.
Die Geburtstagsfeier am Mittwoch von 14 bis 17 Uhr wird mit einem Festakt eröffnet. Es werden Norderstedts Oberbürgermeister Elke Christina Roeder und Kreispräsident Claus Peter Dieck erwartet sowie Pastorin Maren von der Heyde vom Diakonischen Werk des Kirchenkreises. Dazu gibt es Fleisch vom Grill und Getränke. Und es spielt die Bigband des Coppernicus Gymnasiums. „Es sind alle unsere Nachbarn, Unterstützer, Besucher und Bürger herzlich eingeladen“, freut sich Tabea Müller über ein volles Haus zum 20. Geburtstag.
Jeder ist willkommen
Die Tagesaufenthaltsstätte für Wohnungslose im Lütjenmoor 17a in Norderstedt ist montags bis donnerstags von 9.30 bis 16 Uhr, freitags bis 15 Uhr und sonnabends bis 12.30 Uhr geöffnet. Jeder ist willkommen. Nicht alles ist umsonst. Ein warmes Essen kostet 1,30 Euro, der Kaffee 20 Cent. Alkohol und Drogen sind tabu. Kontakt: Telefon 040/523 2070 oder 040/523 2079, E-Mail: wohnungslosenhilfe.norderstedt@diakonie-hhsh.de.
Burkhard Fuchs