Neues Industriegebiet: Politik sagt Einwohnerversammlung zu
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Ein klares Statement: Rund 100 Bürger waren der Einladung der „Initiative Wahlstedt“ gefolgt. Die Mehrheit ist gegen Industrieansiedlung nahe des Bahnhaltepunktes. Befürworter kamen vor allem aus der Politik.
© Quelle: LNBILD
Wahlstedt. Für viele Wahlstedter, die sich gegen die Pläne eines 36-Hektar großen Gewerbe- und Industriegebietes stellen, steht der Naturschutz im Fokus. Andere kritisieren, dass es zu noch mehr Immissionen durch Lärm und Verkehr komme, verbunden mit dem Verlust von Lebensqualität.
Auf ein „Stimmungsbild ohne falsche Zungenschläge“ hatten die Gegner der Pläne von Politik und Verwaltung gehofft, als sie eingeladen hatten. Außer den Grünen waren alle Parteien vertreten. Rund 100 Wahlstedter, die sich zwar eine „moderate Ansiedlung von Gewerbe“, etwa eines Hotels, gut vorstellen können, aber Industrie kategorisch ablehnen, sorgten für zunehmenden Gegenwind.
Diskussionsführerin Eva Holm und ihre Mitstreiter fordern unter anderem eine Negativliste, die bestimmte Ansiedlungen ausschließt und einen Mindestabstand zur Wohnbebauung. Holm: „In den Plänen sind es 90 Meter.“
Viele Bürger treibt die Sorge um, dass sie gar keinen Einfluss mehr auf das Vorhaben nehmen können. Die Stadt stehe bereits in den Startlöchern, wurde von vielen kritisiert. Man stehe erst ganz am Anfang, die Stadt mache lediglich ihre Hausaufgaben, konterte Hans-Peter Guckel (FDP). Rolf Meenen (CDU) erinnerte daran, dass es die Industrie war, die Wahlstedts Entwicklung vom Bauerndorf einst vorangetrieben habe. Arbeitsplätze und Gewerbesteuern würden gebraucht, man dürfe sich Wachstum nicht in den Weg stellen.
„Keiner wehrt sich gegen eine Weiterentwicklung unserer Stadt. Aber wir haben genug Industrie, man muss auch an die Bürger denken“, erwiderte Sandra Achilles. „Die Stadtvertreter haben uns das Asphaltmischwerk beschert, eine lärmende Dreckschleuder. Ich dachte, sie sind schlauer geworden“, warf Christoph Mülker ein. Ehefrau Renate: „Ich denke, die Politik macht ihre Hausaufgaben. Ich weiß
aber nicht, ob sich das mit den Bürger-Erwartungen deckt – ich traue dem Braten nicht.“
Die hitzige Diskussion wurde in der Sitzung der Stadtvertreter fortgeführt, die beteuerten, die Einwände ernst zu nehmen. „Ich verspreche: Es wird eine Einwohnerversammlung dazu geben“, versprach Bürgervorsteher Horst Kornelius.
Straßenausbaubeiträge: Politik will später entscheiden
Nur selten finden sich so viele Bürger ein, wenn es um politisches Alltagsgeschäft geht, wie am Donnerstag zur Sitzung der Stadtvertreter Wahlstedt. Grund: Das geplante Gewerbe- und Industriegebiet am Bahnhaltepunkt (siehe Text links) und der Antrag der SPD auf Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung. Heinrich Westphal (SPD) verwies darauf, dass die CDU-Landesregierung finanzielle Unterstützung zugesagt habe und einige Kommunen bereits reagiert hätten: „Butter bei die Fische: Jetzt wäre auch für uns der richtige Zeitpunkt.“ Zu einer Entscheidung über die Kostenbeteiligung der Bürger am Ausbau längst maroder Straßen kam es nach hitziger Debatte jedoch nicht. Es gehe der SPD gar nicht um inhaltliche Diskussion, kritisierte CDU-Fraktionssprecher Jan Christoph, dass die Sozialdemokraten lediglich versuchten, vor der Kommunalwahl Aufmerksamkeit zu erhaschen. „Das ist einfach Wahlkampf, mehr nicht.“ „Ich weiß, Sie wollen das nicht, aber sie müssen den Leuten erklären, warum sie zahlen sollen“, konterte Westphal, während Christoph eine Aufhebung als „ungedeckten Scheck“ für die Zukunft bezeichnete. Den Bürgern gegenüber führte er freiwillige Leistungen wie Bäder, Bücherei oder das Kleine Theater an, deren Erhalt zu überdenken wären, wenn die Bürger ihren Beitrag zum Straßenausbau nicht leisten würden. Man habe das Thema nicht genügend behandelt, darum solle die neue Stadtvertretung sich dessen annehmen, befand die Mehrheit. So stimmten zwölf der Stadtvertreter (gegen sechs SPD-Politiker) der Absetzung des Tagesordnungspunktes zu. hil
Heike Hiltrop
LN