Türkisch-islamische Gemeinde Norderstedt baut Öko-Moschee
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Tahsin Cem (l.) und Yener Cevikol mit dem Modell der geplanten Moschee, die ab Juni an der Tarpenbek im Süden Norderstedts gebaut werden soll.
© Quelle: Burkhard Fuchs
Norderstedt. Die Kettensägen rattern eifrig im Süden Norderstedts. Dort, in der Straße In de Tarpen direkt an der Tarpenbek, werden Bäume gefällt, um Platz zu schaffen für die seit zehn Jahren geplante neue Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde. Seit 1986 hat sie ihre Heimat in Norderstedt. Im Juni soll auf dem 3800 Quadratmeter großen Gelände der Gemeinde die neue Eyup-Sultan-Moschee gebaut werden, benannt nach einem Weggefährten des Propheten Mohammed, kündigt Yener Cevikol, der Zweite Vorsitzende der Religionsgemeinschaft an, die 309 gläubige Muslime in Norderstedt zählt.
Bereits eine Million Euro Spenden gesammelt
„Die alte Moschee ist baufällig und viel zu klein geworden“, erklärt er den Grund für diesen finanziellen Kraftakt seiner Gemeinde, der etwa vier bis fünf Millionen Euro kosten werde und ausschließlich aus Spenden finanziert werden solle. „Eine Million Euro haben wir bereits zusammen“, sagt Cevikol stolz.
Zurzeit beten, treffen und klönen die Mitglieder der türkisch-islamischen Gemeinde in einem maroden, fast 100 Jahre alten Gebäude, das ihre Väter und Mütter 1990 für die Gemeinde erworben hatten, erklärt ihr Sprecher Tahsin Cem. Es bestehe nur aus einem großen Gastraum im Erdgeschoss und dem Gebetsraum im ersten Stock. Kein Platz ist für den Religions- und Koran-Unterricht für Jugendliche, Frauen und Männer, Seminare, Fortbildungen, Café, die Wohnung des Imam, Büroflächen und Supermarkt. „Wir werden unserer Aufgabe für die Jugendarbeit überhaupt nicht mehr gerecht“, erklärt Cevikol.
All das werde der neue, zwölf Meter hohe Moschee-Komplex mit seinen 1800 Quadratmetern Nutzfläche auf drei Etagen bieten können. Mädchen und Jungen sollen sich allein und ungestört von den Erwachsenen treffen und eigene Aktivitäten entwickeln können. Sogar eine Art Fitnessraum soll entstehen, da auch Gesundheit und gute Ernährung Bestandteil eines aufgeklärten, gläubigen Moslems seien. „Der moderne Bau wird so energieeffizient gebaut, dass man auch von einer Öko-Moschee sprechen kann“, sagt Cevikol.
Islamisch-türkische Gemeinde will sich weiter öffnen
Zudem möchte sich die Gemeinde, die ein sehr gutes Verhältnis zu Verwaltung, Politik und den christlichen Kirchen in Norderstedt unterhalte, weiter öffnen. „Wir wollen hier eine Begegnungsstätte für alle Norderstedter schaffen, egal, ob sie gläubig sind oder nicht, ob sie Muslime oder Christen sind oder ob sie aus der Türkei, Deutschland, Afrika oder dem arabischen Raum kommen“, erklärt Gemeindesprecher Cem das Konzept. Schon heute besuchten andere Kirchengemeinden, Schulklassen und VHS-Teilnehmer die alte Moschee der Gemeinde und seien herzlich willkommen. Auch die vielen Kriegsflüchtlinge, die Norderstedt vor allem seit 2015 aus dem islamischen Raum aufgenommen hat, fänden hier eine neue Heimat und würden mit offenen Armen empfangen.
Baubeginn eine Woche nach Ende des Ramadan
Baubeginn wird eine Woche nach der Ramadan-Fastenzeit Mitte Juni sein. In etwa zwei Jahren soll dann die neue Moschee mit ihrem 300 Quadratmeter großen Gebetsraum und der hohen Glaskuppel in Richtung Osten fertig gestellt sein, flankiert von zwei 21 Meter hohen Minaretten, die als kleine Windkraftanlagen Strom erzeugen sollen.
Da das alte Gebäude dafür abgerissen werden muss, werden die Gläubigen solange auf andere Räume in der Stadt oder Container ausweichen müssen. „Wir sind auf der Suche nach alternativen Räumen und dabei in sehr guten Gesprächen mit der Stadtverwaltung“, erklärt Cem.
Signal einer demokratischen Gesellschaft
Was Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder jetzt bei der Vorstellung der Baupläne betätigte. Sie sehe in der neuen Moschee eine „Bereicherung für Norderstedt“ mit ihren 80 000 Bürgern aus 140 Nationen. „Dieser Moschee-Neubau ist das Signal einer demokratischen Gesellschaft, die Religionsfreiheit gewährt“, sagte sie. Umgekehrt hege sie den Wunsch, dass sich die türkisch-islamische Gemeinde ausgrenzenden und radikalen Tendenzen verwehren möge.
Darauf könne sich das Stadtoberhaupt verlassen, versprechen Cevikol und Cem. Die räumlichen Möglichkeiten für Bildungs- und Weiterbildungsprojekte in der neuen Moschee würden diese Zielsetzungen künftig erheblich erleichtern. „Wir werden dafür sorgen, dass die Jugendlichen hier ihre Freizeit sinnvoll verbringen können.“ Und auch die Bäume werden dann wieder neben die neue Moschee gepflanzt.
Von Burkhard Fuchs