Oststeinbek/Hamburg

Eingestürzte Häuser, zerstörte Autos und Überflutungen nach Unwetter in Stormarn

Ein Unwetter hat an Christi Himmelfahrt im  Norden – wie hier bei Hamburg – teils verheerende Schäden angerichtet.

Ein Unwetter hat an Christi Himmelfahrt im Norden – wie hier bei Hamburg – teils verheerende Schäden angerichtet.

Oststeinbek/Hamburg. Dabei hatte der Donnerstag so sonnig begonnen, viele feierten „Vatertag“. Doch am Nachmittag krachte es heftig. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) lag der Schwerpunkt des Unwetters im Osten Schleswig- Holsteins an der Grenze zu Hamburg – mit maximalen Niederschlagsmengen von bis zu 80 Litern pro Quadratmeter. „Das ist ein sehr seltenes Ereignis, dass es so extreme Mengen gibt in kurzer Zeit“, sagte DWD-Meteorologe Karsten Kürbis. Hagel mit einem Durchmesser von etwa drei bis vier Zentimetern sei heruntergekommen. „Das ist schon heftig.“ In Hamburg und Schleswig-Holstein rückte die Feuerwehr fast 2000 mal aus.

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Oststeinbek (Kreis Stormarn) war besonders betroffen (mehr dazu weiter unten). Rund 200 Einsätze wurden bis in die Nacht zu gestern in der 9000-Seelen-Gemeinde gezählt, verletzt wurde aber niemand. „Wir haben ab 15.30 Uhr ein extremes Unwetter mit Hagel und Starkregen gehabt, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht gegeben hat“, sagte Feuerwehrsprecher Christian Höft. Flüsse und Bäche schwollen enorm an, aus Gullys sprudelte es. Fünf historische Häuser an der Oststeinbeker Wassermühle wurden evakuiert. Bei einem der Gebäude stürzte eine Seitenwand ein. Nur 15 Minuten zuvor hatte die Feuerwehr die drei Bewohner per Boot retten können. Gestern war der Ort noch im Ausnahmezustand.

Menschen in überschwemmten Autos eingeschlossen

Auch im Hamburger Stadtteil Lohbrügge wurden ein Parkplatz und eine Wand eines Mehrfamilienhauses mit neun Wohnungen weggerissen. Die Anwohner mussten das Haus sofort verlassen. Es bestand Einsturzgefahr.

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Mehrere Menschen waren auf überschwemmten Straßen in Autos eingeschlossen. Die Bundesstraße 5 war zeitweise komplett gesperrt. Im Stadtteil Berne musste die Strecke der U 1 über 300 Meter dichtgemacht und der Bahndamm gesichert werden. Die Hochbahn richtete einen Ersatzverkehr zwischen Berne und Farmsen ein.

Die Veranstalter des 829. Hafengeburtstages hatten derweil Glück: „Es war, als ob ein Schutzschild über dem Hafengeburtstag gelegen hätte“, sagte DWD-Meteorologe Robert Scholz. Die Landungsbrücken blieben bis auf einige Regentropfen verschont.

Deich brach im Hamburg-Billstedt

An der Glinder Au in Kirchsteinbek (Hamburg-Billstedt) ist ein Deich gebrochen. Die Leckstelle ist 18 Meter lang. Versuche, den durchweichten Deich des Baches mit Sandsäcken zu stabilisieren, scheiterten zunächst: Ein Mühlenbetrieb, der direkt hinter dem Deich liegt, war gestern von den Wassermassen eingeschlossen. Das Gebäude drohte, unterspült zu werden.

In Schwedeneck (Kreis Rendsburg-Eckernförde) fiel der Strom nach einem Blitzeinschlag aus. Verletzt wurde niemand. Auch aus dem Norden Kiels wurden Stromausfälle gemeldet. Ein starker Gewitterschauer löste im Kreis Pinneberg in Quickborn und Hasloh ebenfalls Dutzende Feuerwehreinsätze aus.

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Die weiteren Aussichten sind heiter: Es bleibt trocken und sommerlich, kündigt Meteorologe Karsten Kürbis an. Am Wochenende soll es bis zu 24 Grad warm werden. Der Ostwind frischt auf bis auf Windstärke sieben. Erst Mittwoch könnte es wieder regnen.

Land unter in Stormarn

Ausnahmezustand in Oststeinbek: Ein extremes Unwetter mit heftigen Regenfällen hat an Himmelfahrt für massive Überschwemmungen gesorgt. Etwa 500 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst und Technischem Hilfswerk waren stundenlang im Einsatz.

Erst war es nur ein voll gelaufener Keller, doch das änderte sich schnell. Immer neue Notrufe gingen am Donnerstagnachmittag bei der Integrierten Regionalleitstelle Süd in Bad Oldesloe ein. Daraufhin wurde Großalarm für die Feuerwehren in Oststeinbek und der gesamten Umgebung ausgelöst.

Die Flüsse und Bäche des Ortes schwollen durch die Regenfälle enorm an, aus Gullys sprudelte das Wasser wie aus Springbrunnen. Die Feuerwehr rückte zu mehr als 250 Einsätzen aus. Oststeinbeks Feuerwehrsprecher Christian Höft sagte: „Ein solches Unwetter haben wir in den letzten vier Jahrzehnten nicht erlebt.“

"So etwas habe ich noch nie gesehen"

Besonders stark betroffen war das historische Gebäude der Oststeinbeker Wassermühle am Mühlteich. Große Teile des Gebäudes wurden von den reißenden Fluten der Glinder Au unterspült. Drei Bewohner wurden gegen 19 Uhr mit Booten aus dem Haus evakuiert. Eine Viertelstunde später stürzte eine Seitenwand des Gebäudes teilweise ein. Eine Nachbarin sagte: „Das ware ein richtig lautes Getöse. So etwas habe ich noch nie gesehen.“

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Spezialkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) untersuchten das Gebäude mit einem lasergestützten Messgerät und stellten eine akute Einsturzgefahr fest. Auch aus den benachbarten Reihenhäusern wurden vier Familien vorsorglich evakuiert. Später konnten diese wieder in ihre Häuser zurückkehren. Ein Bagger des THW aus Hamburg wurde angefordert. Er stellte einen Entlastungsgraben am Staudamm auf der anderen Seite des Mühlengebäudes her, um so den Wasserdruck von der alten Mühle zu nehmen.

Zahlreiche Autos sind jetzt reif für den Schrottplatz

Immer mehr Einsatzkräfte auch aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg wurden angefordert. Im Ortsteil Havighorst waren nahezu alle Keller teils bis zur Decke voll Wasser gelaufen. Auch auf den Straßen blieben in Havighorst mehrere Autos in den Wassermassen stecken. Ein Trafohäuschen in der Nähe einer Bahntrasse wurde unterspült und neigte sich bedenklich zur Seite. Am Ohlendiek drohte ein überschwemmter Bahndamm abzurutschen. Einige Meter weiter lief eine Tiefgarage mit vermutlich acht Fahrzeugen voll Wasser. In einem Mehrfamilienhaus ganz in der Nähe liefen ebenfalls vier Garagen voll Wasser, wobei ein BMW X1 und ein VW Passat in den Fluten versanken. Diese Autos sind allesamt reif für den Schrottplatz.

Stundenlang warteten die Bewohner zumeist sehr geduldig auf die Feuerwehr zum Lenzen. Ein THW-Mitarbeiter sagte den LN: „Wir wollen ja helfen, aber wir können das Wasser nicht loswerden.“ Die Kanalisation war völlig überlastet. Daher wurde mit einer Hochleistungspumpe das Wasser aus der Kanalisation auf ein Feld gepumpt, wo die braune Brühe keinen Schaden mehr anrichten konnte.

Die Gemeinde richtete für die Nacht eine Notunterkunft im Bürgersaal ein. In den Feuerwehrhäusern Oststeinbek und Havighorst wurden Verpflegungsstellen für Einsatzkräfte eingerichtet. Um Mitternacht waren noch etwa 100 Einsätze offen. Und auch am Morgen, als das ganze Ausmaß des Schadens erst bei Tageslicht sichtbar wurde, waren immer noch genügend Einsätze abzuarbeiten.

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Feuerwehrmänner verunglücken in Löschfahrzeug

Großes Lob zollten Landrat Henning Görtz und sein Vertreter Joachim Wagner den Einsatzkräften. Nach ersten Schätzungen dürfte der Schaden in die Hunderttausende gehen, möglicherweise sogar in die Millionen. Menschen wurden bei diesem Großeinsatz über zwei Tage nicht verletzt.

Nach dem Marathon-Einsatz im Kampf gegen das Unwetter in Oststeinbek sind allerdings sieben Feuerwehrmänner auf der Rückfahrt nach Geesthacht mit ihrem Löschgruppenfahrzeug verunglückt. Ein Retter wurde dabei verletzt.

Von Jens Burmester und Marcus Stöcklin

LN

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