Leben retten mit der App: Immer mehr Ersthelfer machen mit
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Das Logo fährt jetzt auch auf den Rettungswagen mit: (v.l.) Gerd Schnigevski, RVS-Geschäftsführerin Annett Zander, Landrat Dr. Henning Görtz und Klaus Parpart.
© Quelle: RVS/hfr
Bad Oldesloe. Plötzlich bricht der Mann vor dem Supermarkt zusammen, fasst sich an die Brust, bekommt nur noch schwer Luft. Eine Frau auf dem Parkplatz reagiert schnell, wählt den Notruf. Die Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe, die die Einsätze für die Kreise Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein koordiniert, alarmiert sofort Notarzt und Rettungsdienst.
Bis die Helfer am Einsatzort eintreffen, vergehen natürlich einige Minuten. Manchmal ist diese Zeit entscheidend. Oft sind Ersthelfer vor Ort und wissen, was zu tun ist. In unserem fiktiven Fall, der jedoch jederzeit so eintreten kann, hat der Mitarbeiter in der Leitstelle parallel auch die Smartphone-App „Meine Stadt rettet“ mit den wichtigsten Daten gefüttert.
Alarmierung per Push-Nachricht
Im betroffenen Supermarkt wurde ein junger Mann über diese App per Push-Nachricht von dem Notfall unterrichtet. Er lässt sofort seinen Einkaufswagen stehen, rennt hinaus und hilft dem Mann, so gut er kann. Er öffnet Gürtel und Kragen, damit der Mann besser atmen kann, richtet ihn zudem etwas auf. Die Frau, die den Notruf gewählt hat, bringt ein paar Decken aus ihrem Auto, legt sie an einem Reifen ab.
Der ältere Herr lehnt sich mit leicht aufrechtem Oberkörper ans Auto und bekommt schon wieder etwas mehr Luft, als auch der Notarzt eintrifft und die weitere Erstversorgung übernimmt.
Erste-Hilfe-Schein notwendig
„App-Retter“ kann jeder werden, der mindestens einen Erste-Hilfe-Schein besitzt. Dieser darf nicht älter als zwei Jahre alt sein. Weitere Qualifikationen sind nicht notwendig. Die Meine-Stadt-rettet-App ist sowohl für iOS-Geräte als auch für Android verfügbar. Weitere Infos gibt es auf der Webseite www.meine-stadt-rettet.de.
„Überlebenschancen deutlich erhöht“
„Durch den Einsatz der Retter-App haben sich die Überlebenschancen für die von einem Herzstillstand, betroffenen Patienten deutlich erhöht. Unsere Mitarbeiter finden bei diesen Einsätzen eine deutlich verbesserte Ausgangssituation vor“, sagt Annett Zander, Geschäftsführerin des Rettungsverbundes Stormarn (RVS), rund neun Monate nach dem Start für die drei Kreise. In Lübeck zum Beispiel ist sie schon seit rund anderthalb Jahren im Einsatz, dort wurde sie von Uniklinikum und Berufsfeuerwehr angestoßen.
Genaue Zahlen gibt es zwar nicht, in ganz Schleswig-Holstein dürften es mittlerweile aber einige Tausend registrierte Ersthelfer sein. „Ich bin tief beeindruckt, wie viele Menschen sich bis jetzt bereiterklärt haben, an diesem System teilzunehmen. Es freut mich zu sehen, dass die Stormarner füreinander einstehen“, sagte Landrat Dr. Henning Görtz.
Um das System noch bekannter zu machen und potenzielle Ersthelfer zur Anmeldung zu bewegen, sind seit kurzem die Stormarner Rettungswagen mit auffälligen Logos beklebt. Landrat Görtz: „Wir hoffen dadurch, noch mehr Ersthelfer dazu zu bewegen, sich diesem wichtigen System anzuschließen.“
Durch Haftpflicht gedeckt
Angst vor Strafen oder Regressansprüchen, falls mal etwas schief geht, brauche niemand zu haben, sagt Sebastian Wenk, Leitstellendisponent und dort mit der Betreuung der App betraut. „Alle Tätigkeiten in einem Einsatz sowie die An- und Abfahrt zum Einsatzort sind für registrierte Retter durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt.“
Es bestehe auch keine Verpflichtung, einen Einsatz anzunehmen; alles sei und bleibe freiwillig. Auch um die Nutzung seiner Daten brauche sich kein Ersthelfer Sorgen zu machen. Wenk: „Alle Daten werden absolut vertraulich behandelt, das gilt sowohl für die Daten des Helfers als auch für die des Patienten. Der Helfer erhält ausschließlich nur die Angaben, die er benötigt, um zum Einsatzort zu gelangen.“ Und diese auch erst dann, wenn er die Annahme des Einsatzes bestätigt hat.
Alarm für App-Retter ein- bis zweimal täglich
Ziel der App ist es laut RVS-Pressesprecher Christian Oehme, die Zeit zwischen Notruf und Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken. Der Rettungsdienst hat in Schleswig-Holstein eine Hilfsfrist von zwölf Minuten, das könne als therapiefreies Intervall zu lang sein. „Selbst wenn man eine durchschnittliche Eintreffzeit von acht Minuten nach Alarm zugrunde legt, wird es eng“, sagt Oehme.
Zurzeit wird ein Alarm für die Stormarner „App-Retter“ ein- bis zweimal täglich ausgelöst. In erster Linie wird die App dazu genutzt, einen Retter zu alarmieren, der dann zum Beispiel eine Reanimation beginnt. Es können aber auch weitere Helfer zur Unterstützung hinzugezogen werden, etwa um einen öffentlich zugänglichen Defibrillator zu besorgen und an die Einsatzstelle zu bringen.
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Von Markus Carstens
LN