Polizei hat jugendliche Täter in Bargteheide im Blick
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Polizeikommissar Jörg Schreve kümmert sich als Jugendsachbearbeiter in Bargteheide um jugendliche Delinquenten. Er schafft mit Worten oft eine Lösung. FOTOS (2): B. ALBROD
Bargteheide. Jedes Wochenende geht die Polizei mittlerweile am Schulzentrum Streife. Einer, der immer dicht am Geschehen ist, ist Polizeikommissar Jörg Schreve: Seit zehn Jahren ist er Jugendsachbearbeiter in der Polizeistation Bargteheide.
„Ich sehe Bargteheide nicht als kriminellen Brennpunkt“, stellt Schreve klar. „Es kommt immer dann zu Häufungen, wenn Mehrfachtäter wiederholt Straftaten begehen, so dass mehr Vergehen in die Statistik eingehen.“ In der Regel würden die Straftaten wieder abnehmen, sobald die Täter aus der Pubertät seien oder in Haft. „Manche ziehen auch weg oder ihre Gang löst sich auf“, so Schreve.
Häufig seien die Pubertät, der Gruppenzwang oder persönliche Probleme der Grund für jugendliche Verfehlungen. „Kriminelles Verhalten ist meist Episodensache.“ Hier ist es sein Ansatz, über Gespräche Klärung zu schaffen und durch Therapieangebote Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Der Gang zum Richter ist dann oft nicht mehr nötig.
„Jugendliche werden häufig in der Schule auffällig“, hat Schreve die Erfahrung gemacht. Hier habe sich der kurze Dienstweg bewährt: „Schulen, Jugendarbeitsteam, Schulsozialarbeiter, Jugendamt, Streetworker, Bezugsbetreuer und Polizei befinden sich in ständigem Austausch“, so Schreve. „Durch die gute Zusammenarbeit können wir schnell reagieren.“ Oberstes Ziel dabei ist, die jugendlichen Delinquenten zurück auf den Pfad der Tugend zu leiten, Worte statt Handschellen sind das Mittel der Wahl. „In 80 Prozent der Fälle reicht schon ein intensives Gespräch“, sagt Schreve. „Wir setzen uns mit Eltern und Jugendlichen an einen Tisch und sprechen über das, was vorgefallen ist. Ohne die Eltern geht gar nichts.“
Ladendiebstahl
Bei der Polizei landen auch Ladendiebstahl, getunte Roller oder Sachbeschädigung auf dem Tisch. Reicht das Gespräch nicht, könnten auch ein paar Arbeitsstunden dazu beitragen, den Jugendlichen deutlich zu machen, worum es geht, so Schreve. Schwerer wiege der Gang zum Richter, der eine offizielle Ermahnung ausspricht, vereinzelt müssten die Täter je nach Schwere der Tat auch ins Gefängnis.
Das ist ab dem 14. Lebensjahr möglich. „Wir müssen uns vor allem um Intensivtäter kümmern, die immer wieder durch Gewalt auffallen.“ Vor kurzem habe es einen Vorfall gegeben, bei dem ein Schüler einen anderen bedroht hat. Weil Körperverletzung, Bedrohung und das so genannte Abziehen, das als Raub gilt, schwerere Vergehen sind, werde dort ein Strafantrag gestellt. Gespräche könnten häufig eine Klärung herbeiführen, so dass der Strafantrag wieder zurückgezogen werde.
„Ich versuche, nicht der böse Polizist zu sein“, fasst Schreve seine Rolle zusammen. „Ich möchte, dass die Täter kooperieren, und ich will ihnen einen Weg zeigen, dass es auch anders geht. Ich bin nicht der Richter.“ Wichtig sei dabei die Zusammenarbeit mit den Schulsozialpädagogen, die in der Schule dicht an den Kindern und Jugendlichen dran seien. „Das funktioniert in Bargteheide gut. Wir arbeiten sehr gut als Team.“
Auch die Verwaltung reagiert auf die steigenden Fallzahlen in der Kriminalstatistik. Auf Anregung der Politik will die Stadt prüfen, ob die Zahl der Schulsozialarbeiterstunden ausreicht und ob andere Schwerpunkte gesetzt werden müssen. „Dazu gibt es noch keinen Beschluss“, erklärt Verwaltungssprecher Alexander Wagner. „Zunächst ist ein Abstimmungsgespräch mit den Schulen und dem Jugendarbeitsteam geplant. Die Ergebnisse sollen bei der nächsten Sitzung des Sozial-Ausschusses vorgestellt werden.“ Die bisher unbesetzte Stelle des Schulsozialpädagogen an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule sei mittlerweile wieder besetzt. Eventuell solle auch eine Arbeitsgruppe zum Thema aus Vertretern von Politik, Schule und Jugendarbeitsteam gebildet werden. „Das Thema Kriminalität in Bargteheide ist bekannt“, so Wagner, „es hängt aber nicht alles mit der Schule zusammen. Viele Vergehen passieren außerhalb der Schulzeit.“
Register
Die Staatsanwaltschaft führt ein Erziehungsregister, in dem die kriminelle Karriere jugendlicher Straftäter festgehalten wird. Hier wird alles aufgeführt, was als schwerere Tat gilt oder wo ein Strafantrag gestellt wurde. Im Vorstrafenregister tauchen dagegen Taten auf, bei denen es zu einer Verurteilung gekommen ist. Manche Berufe erfordern ein erweitertes Führungszeugnis, beispielsweise in der Pflege oder bei der Arbeit mit Kindern. Hier fließt auch das Erziehungsregister mit ein.
Bettina Albrod
LN