Zutrauliche Alpakas als Therapietiere
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/E3M6A4CNV5OTTV4LD5QXAPWBC4.jpg)
Jutta Kanzler ist mit ihren Tieren gut vertraut.
© Quelle: Fotos: Bettina Albrod
Lasbek. Edelste Wolle am Körper, wuscheliger Quadratschädel und große braune Augen — ein Alpaka sieht aus wie eine Kreuzung aus Pudel und Yeti und stammt aus Südamerika. Jutta Kanzler setzt die sanften Tiere seit einem Jahr auf ihrem Hof in Lasbek für die Arbeit mit Menschen mit Behinderung, Autismus oder Burn-Out ein. „Alpakas sind für ihren sensiblen Charakter bekannt, deshalb werden sie zunehmend für die tiergestützte Therapie genutzt“, erklärt sie.
Leise glucksend kommt „Dante“ heran. Die drei anderen Tiere folgen dem Leit-Kamel wie Schafe. Die 51-jährige Pferdewirtin ist von den Alpakas begeistert. „Vor 14 Jahren habe ich therapeutisches Reiten mit Haflingern angefangen“, blickt die Lasbekerin zurück. „Dann habe ich gehört, dass in den USA große Erfolge mit Alpakas gemacht wurden. Alpakas sind in der Lage, einen Menschen sehr schnell einzuschätzen.“ Insbesondere zu Menschen mit Handicap könnten sie rasch eine Beziehung aufbauen, hat Jutta Kanzler beobachtet.
Sie reiste deshalb nach Sachsen zu einem Züchter und besorgte sich als erstes „Dante“. Später folgten drei weitere Tiere. Zwei davon hat sie mit der Flasche groß gezogen, unter ihnen „Paule“. Der ist gleich mit zwei blauen Augen davon gekommen. „Ungewöhnlich bei einem Alpaka, er kommt direkt aus Peru“, so seine Besitzerin. Sie raschelt mit dem Möhreneimer, und den Tieren läuft das Wasser im Mund zusammen. Angesichts ihres Frauchens bleibt ihnen dennoch die Spucke weg. „Alpakas spucken, wenn sie wütend sind“, erklärt Jutta Kanzler, „aber nur untereinander. Einen Menschen haben meine noch nie angespuckt.“
Im Gegenteil, denen tun sie gut. „Warum Alpakas heilende Wirkung haben, ist wissenschaftlich nicht erforscht“, sagt Jutta Kanzler. „Ich sehe, dass die Wechselwirkung zwischen Mensch und Tier instinktiv erfolgt. Bei Burn-Out-Patienten wecken sie Neugier, das ist schon der erste Schritt zur Therapie.“ Dann wieder sind es Autisten, die im Alpaka ein Gegenüber entdecken, oder Menschen mit ADS, die plötzlich ruhig werden. In der Arbeit mit Menschen mit Behinderung schaffen die Tiere Zutrauen, wenn sie über einen Parcours geführt werden und willig mitmachen.
Angst braucht vor Alpakas keiner zu haben: So zahm sind die Tiere, dass Jutta Kanzler mit ihnen auch ins Seniorenheim geht. „Alte Menschen leben auf, wenn sie die Alpakas streicheln können“, sagt sie, „die Tiere fahren sogar Fahrstuhl oder gehen ins Zimmer, wenn jemand bettlägerig ist.“ Selber haben sie einen offenen Stall mit Heu, Alpaka-Müsli und Himalaya-Salzstein, denn einige Mineralien aus ihrer eigentlichen Heimat müssen zugefüttert werden. Ansonsten streifen sie über die Lasbeker Weide und halten sie kurz.
Neben der therapeutischen Arbeit bietet Jutta Kanzler als Bauernhofpädagogik für Kinder auch den „Alpaka-Führerschein“ an. „Man lernt, das Tier zu führen, dann geht es durch den Wald.“ Eine Hühnerrasse von 1817 wuselt über den Hof, drei Gänse gucken zu, und auf der Koppel nebenan steht ein Pferd. Das wird bald noch mehr zu sehen bekommen, denn demnächst soll auch die Wolle verwertet werden. Angeboten werden dann Strickwaren aus Peru: Edelste Wolle am Körper — das mögen auch Menschen.
Bettina Albrod
LN