Tödliche Attacke in Paris: Kurdischer Rat verurteilt Schüsse als Terrorangriff – Festgenommener nennt sich Rassist
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/3I6R3YNG7NB23EX2DG5DSLSQ7Q.jpeg)
Ein Demonstrant hält eine Fahne der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) während eines Protestes nach Schüssen in einem Kulturzentrum in Paris.
© Quelle: Julien De Rosa/AFP/dpa
Ein tödlicher Angriff in Paris erschüttert Frankreich: Bei Schüssen in einem kurdischen Kulturzentrum und in Geschäften hat ein Angreifer drei Menschen tödlich verletzt. Laut Le Monde handelt es sich nach einer vorläufigen Bilanz bei den drei toten Opfern um eine Frau und zwei Männer. „Er wollte offensichtlich Ausländer angreifen“, sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin am Freitag über den mutmaßlichen Täter. Der Sender BFMTV schrieb, der Verdächtige habe ausgesagt, dass er gezielt die kurdische Gemeinde habe angreifen wollen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter: „Die Kurden in Frankreich waren das Ziel eines niederträchtigen Angriffs mitten in Paris.“ Das Motiv ist Darmanin zufolge unbekannt, ein rechter Hintergrund der Tat werde aber geprüft.
Täter nennt sich Rassist
Der mutmaßliche Täter des tödlichen Angriffs bei einem kurdischen Gemeindezentrum in Paris bezeichnet sich Medienberichten zufolge als Rassist. Der Sender France Info berichtete am Samstag unter Verweis auf informierte Kreise, dass der Mann dies als Grund für seine Tat angab.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Was über die Toten bekannt ist
Le Monde berichtet über Angaben des Kurdischen Rates in Frankreich, dass es sich bei der Frau um Emine Kara handelt, die Leiterin der kurdischen Frauenbewegung in Frankreich. Sie hatte dreißig Jahre lang in Kurdistan, in der Türkei, im Irak, in Syrien und im Iran gekämpft und sich engagiert. Laut Berivan Firat, einer Sprecherin des Kurdischen Rates in Frankreich, hat Emine Kara während der Rückeroberung von Rakka durch die kurdischen Streitkräfte gegen die Organisation Islamischer Staat (IS) gekämpft. Seitdem lebt sie in Frankreich und hatte politisches Asyl beantragt.
Bei den beiden Männern handelt es sich um einen kurdischen Sänger, der als politischer Flüchtling in Frankreich lebt, und einen alten Stammgast des kurdischen Kulturzentrums.
Verdächtiger soll als Sportschütze über etliche Waffen verfügt haben
Der mutmaßliche 69 Jahre alte französische Täter sei nicht als Rechtsextremist bei den Sicherheitsbehörden erfasst gewesen, sagte Darmanin. „Im Moment, in dem ich spreche, kann ich nicht sagen, dass er für rechtsextreme Taten bekannt war, auch wenn der Befund und die Vorgehensweise uns das in den kommenden Stunden natürlich besonders prüfen lassen werden.“ Der Mann habe alleine gehandelt und als Sportschütze über etliche Waffen verfügt. „Es ist nicht klar, ob diese Person wie auch immer politisch engagiert ist, auch wenn ihre Motivation offensichtlich ein Angriff auf Ausländer war.“
Pariser Bürgermeisterin spricht von „rechtsextremem Aktivisten“
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo schrieb auf Twitter: „Die kurdische Gemeinschaft und durch sie alle Pariser wurden durch diese Morde, die von einem rechtsextremen Aktivisten begangen wurden, ins Visier genommen.“ Sie forderte: „Die Kurden, wo auch immer sie leben, müssen in Frieden und Sicherheit leben können. Mehr denn je steht Paris in diesen dunklen Stunden an ihrer Seite.“
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Kurdischer Rat in Frankreich: „Terroristischen Attacke“
Die Schüsse trafen auch die Niederlassung des demokratischen kurdischen Rats in Frankreich (CDK-F), einem Dachverband von 24 kurdischen Vereinen. Wie der CDK-F mitteilte, handele es sich bei den drei Todesopfern um kurdische Aktivisten, ebenso wie bei den drei Verletzten. Die Organisation sprach von einer „terroristischen Attacke“, zu der es nach zahlreichen türkischen Drohungen gekommen sei. Die Türkei bekämpft seit langem kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen, die von der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und weiteren kurdischen Organisationen vorangetrieben werden.
Nach dem tödlichen Angriff fordert die kurdische Gemeinde Aufklärung. Am Samstagmittag wollen Kurdinnen und Kurden in der französischen Hauptstadt eine Demonstration abhalten. Der Pariser Polizeipräfekt will am Vormittag Vertreter der kurdischen Gemeinde treffen.
Der CDK-F rief zu einer Protestversammlung am Ort des Angriffs auf. Außerdem solle in dem kurdischen Zentrum selber eine Nachtwache für die Opfer abgehalten werden. Frankreich will kurdische Treffpunkte nun schützen. Landesweit sollten durchgehend Wachen an Versammlungsorten der kurdischen Gemeinde aufgestellt werden, sagte Darmanin. Auch türkische diplomatische Vertretungen im Land sollten geschützt werden, um Gegenangriffe zu verhindern.
Ausschreitungen in Paris
Am Pariser Place de la République versammelten sich am Samstagmittag etliche Menschen, um den Angriff zu verurteilen. Der CDK-F schrieb von Tausenden Teilnehmern noch vor dem offiziellen Beginn der Demonstration. Die Polizei gab zunächst keine Auskunft zur Teilnehmerzahl. Am Freitagabend hatte es bei einer Versammlung beim Angriffsort leichte Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften gegeben.
Forderung nach Gerechtigkeit
Nach Angaben der Bürgermeisterin des 10. Pariser Arrondissements, Alexandra Cordebard sei das wirkliche Tatmotiv noch nicht geklärt, während in der Nähe eine Menge in Sprechchören den türkischen Staat und Präsident Recep Tayyip Erdogan für die Schüsse verantwortlich machte. Das türkische Militär kämpft in der Türkei und im Norden des Iraks gegen kurdische Extremisten, die mit der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden sind. Zudem hat das Militär vor kurzem Ziele syrischer Kurden im Norden von Syrien angegriffen.
Kurden zeigten sich schockiert. Sie sagten, sie seien vor kurzem von der Polizei vor einer Bedrohung für kurdische Ziele in Paris gewarnt worden. Sie forderten Gerechtigkeit. „Es sind eindeutig die Kurden, auf die abgezielt wurde“, sagte der Aktivist Murat Roni. Das Kulturzentrum sei „wie die Botschaft für Kurden in Paris“.
Verdächtiger gerade erst auf Haft entlassen
Vor knapp zehn Jahren hatte es im zehnten Pariser Arrondissement einen Mordanschlag auf drei kurdische Aktivistinnen gegeben. Ihre Leichen waren damals im Kurdistan Informationszentrum entdeckt worden.
Der Verdächtige war laut Staatsanwaltschaft erst vor kurzem unter Justizaufsicht aus der Haft gekommen. Im vergangenen Jahr habe er ein Zeltlager von Migranten angegriffen - mit einem Säbel, wie die Zeitung „Le Parisien“ berichtete. Der Mann habe dort mehrere Menschen verletzt. Der Sender France Info berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, der Mann sei wegen zwei versuchter Tötungen bekannt.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne wertete die Attacke am Freitag auf Twitter als „widerliche Tat“. Den Opfern und ihren Angehörigen sprach sie ihre Unterstützung aus. Für Opfer und Zeugen des blutigen Angriffs richtete die Stadt im Rathaus des zehnten Arrondissements einen psychologischen Dienst ein.
Scholz und Baerbock drücken ihr Mitgefühl aus
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz drückte sein Mitgefühl aus. „Eine schlimme Tat, die heute Paris und Frankreich erschüttert hat“, twitterte der SPD-Politiker am Freitagabend auf Deutsch und Französisch. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen.“ Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb mit Blick auf den Vorfall ebenfalls bei Twitter: „Hass darf niemals gewinnen.“
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, Inc., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Frankreich will kurdische Orte nach tödlichen Schüssen schützen
Als Reaktion auf die tödlichen Schüsse will Frankreich kurdische Treffpunkte schützen. Landesweit sollten durchgehend Wachen an Versammlungsorten der kurdischen Gemeinde aufgestellt werden. Darmanin wollte zudem prüfen, ob es weitere Bedrohungen gegen Kurdinnen und Kurden in Frankreich gebe. Der Innenminister kündigte weiter an, auch türkische diplomatische Vertretungen im Land zu schützen, um Gegenangriffe zu verhindern.
Darmanin hatte sich am Freitagnachmittag zum Angriffsort im zehnten Pariser Arrondissement begeben. Auch zahlreiche Mitglieder der kurdischen Gemeinde hatten sich dort versammelt. Während Darmanins Pressestatement waren immer wieder laute Rufe zu hören. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die Polizei Tränengas einsetzte. Darmanin sagte, Frankreich wolle gewährleisten, dass Kurden ob der Ereignisse sicher demonstrieren können.
„Le Parisien“: Tödliche Schüsse in Paris in krankhaftem Klima
Zu den tödlichen Schüssen schreibt die französische Tageszeitung „Le Parisien“ am Samstag: „Es gibt Taten, von denen wir ahnen, dass sie viel über den Zustand eines Landes sagen. Die von diesem Mann, der mehrere Menschen in der Nähe der Pariser Grands Boulevards hingerichtet und verletzt hat, gehört zu dieser Kategorie.“
Die Zeitung schreibt weiter: „Aber wie soll man dieses weihnachtliche Drama nicht eingebettet sehen in ein immer krankhafteres Klima? Es reicht, in den sozialen Netzwerken unterwegs zu sein, um den Hass zu sehen, der sich dort in einem stetigen Strom ergießt.“
RND/dpa/AP