Tod von Papst Benedikt XVI.: So wird in seinem Geburtsort Marktl getrauert
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Eine Kerze brennt im Geburtszimmer des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in Marktl.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Marktl am Inn/Pentling. Auf schwarzem Samt steht eine weiße Rose, eine Kerze spendet Licht. In diesem Zimmer im oberbayerischen Marktl am Inn hat Joseph Ratzinger vor gut 95 Jahren als Sohn eines Gendarmen das Licht der Welt erblickt. Nun ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. gestorben. In seinem Geburtsort herrscht Trauer, sein Geburtshaus öffnete jenseits der üblichen Zeiten die Pforten. Auch in Pentling, wo Benedikt von 1970 bis 1977 lebte, ist die Trauer groß.
„Lieber Heiliger Vater, in dankbarer Erinnerung an persönliche Gespräche mit Ihnen sind wir in Trauer hierhergekommen“, schrieben Besucher in Marktl in das Kondolenzbuch. An der Papstsäule nebenan haben Menschen einige Kerzen angezündet. Manche sind von fern gekommen, Peter Stranzinger etwa aus Österreich. Das sei wichtiger, als „irgendwelche Raketen zu zünden“, sagt der 61-Jährige, der der Kirche nach eigener Aussage selbst mit Distanz gegenübersteht.
Kurt und Annemarie Spennesberger haben sich nach der Todesnachricht im Allgäu auf den Weg an die Geburtsstätte Joseph Ratzingers gemacht, um ihm die Ehre zu erweisen. „Ich sehe ihn so, wie er gewesen ist, als Mensch. Kein Mensch ist ohne Fehler“, sagt Kurt Spennesberger zu Kritik an dem emeritierten Papst Benedikt XVI. nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal.
Mancher blickt kritisch zurück. Benedikt XVI. habe viel für den Glauben getan und stets versucht, die Menschen darin zu stärken; er habe durch seine theologischen Aussagen viel bewegt, sagt Christiane Hartwig aus Marktl. Dennoch habe der Missbrauchsskandal sie „sehr erschüttert“. „Das hat mich schon manchmal zweifeln lassen.“
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Kerzen stehen vor dem Geburtshaus des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in Marktl.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Zum Gottesdienst am späten Samstagnachmittag ist die Marktler Pfarrkirche St. Oswald mit rund 200 Menschen fast voll besetzt. Direkt neben dem Taufstein, an dem Joseph Ratzinger wenige Stunden nach seiner Geburt am 16. April 1927 die heilige Taufe mit dem ersten geweihten Osterwasser empfing, steht ein Foto von ihm nach der Wahl zum Papst - die er selbst gar nicht gewünscht hatte.
„Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“, steht darunter - das sagte er damals, ohne zu verheimlichen, dass er sich bereits auf einen ruhigen Lebensabend in Pentling eingestellt hatte - nicht zuletzt, um näher bei seinem Bruder Georg zu sein, der in Regensburg lebte und mit dem ihn eine enge Beziehung verband.
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Sternsinger nehmen am Samstag in der Kirche St. Oswald in Marktl vor einem Bild des emeritierten Papstes Benedikt XVI. an einem Gottesdienst teil.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Auch in Pentling versammeln sich am Nachmittag Gläubige kurzfristig zu einem Trauergottesdienst in der Kirche. Bürgermeisterin Barbara Wilhelm sagte zuvor der Deutschen Presse-Agentur, Benedikt habe sich „immer als Pentlinger gefühlt, und in der die Gemeinde wurde er immer als einer von uns betrachtet“. Der Kontakt sei nie abgerissen. Immer wieder hätten Delegationen aus der Gemeinde Benedikt im Vatikan besucht, zudem habe es einen regen Briefkontakt gegeben.
Letzter Heimatbesuch 2006
Seinen Geburtsort Marktl am Inn hatte der Papst 2006 zuletzt besucht. Viele erinnerten sich daran, sagt Franz Haringer, theologischer Leiter des Geburtshauses von Benedikt XVI., in der Predigt. Der emeritierte Papst sei „im tiefsten einfach, liebenswürdig und humorvoll gewesen“ - ganz anders als viele ihnen gesehen hätten, nämlich konservativ und streng. Er habe sein Leben lang nichts anderes gewollt, als den Glauben zu verstehen und zu feiern.
Papst Benedikt XVI. gestorben
Fast zehn Jahre ist der spektakuläre Rücktritt von Papst Benedikt XVI. her, den er mit nachlassenden Kräften begründete.
© Quelle: Reuters
Wegen der Versetzung des Vaters war die Familie 1929 nach Tittmoning im Landkreis Traunstein umgezogen, in Traunstein besuchte er das Gymnasium. Im Geburtshaus sind seine Stationen nachgezeichnet: Ratzingers Begeisterung für die Kirche, die Musik und die Liturgie, sein Bezug zum 15 Kilometer entfernten Wallfahrtsort Altötting, seine Zeit als Hochschul-Professor, die Wahl zum Bischof und schließlich zum Papst. Auch ein Paar seiner roten Papstschuhe ist zu sehen.
Sein Wohnhaus in Pentling betrat Benedikt im Sommer 2020 ein letztes Mal. Damals war er zu seinem im Sterben liegenden Bruder Georg nach Regensburg gereist. Es wurde zugleich ein bewegender Abschiedsbesuch von seiner Heimat. Das Zusammentreffen mit seinen ehemaligen Nachbarn berührte Benedikt damals sichtlich.
Denn auch als Benedikt - damals noch Joseph Ratzinger - im Jahr 1977 Erzbischof von München und Freising und 1982 Präfekt der römischen Glaubenskongregation wurde, behielt er sein Wohnhaus in Pentling. Für Urlaube kehrte er immer wieder dorthin zurück. 2010 überschrieb er das Haus der Stiftung Papst-Benedikt-XVI.
In der Kirche von Marktl stehen am Nachmittag weiße Rosen vor dem Bild Benedikts. Gläubige schreiben in ein Kondolenzbuch und senden letzte Wünsche: „Ruhe in Frieden“ - und: „Gute Reise, Benedikt.“
RND/dpa