Hat Australiens Münzprägeanstalt gestreckte Goldbarren an China verkauft?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/4JQZIGC3XJC4NJDSQLLKN25CG4.jpg)
Goldbarren auf einem Tisch.
© Quelle: picture alliance / Shotshop
Sydney. Die westaustralische Münzprägeanstalt – die Perth Mint – ist eine ehrwürdige, alte Organisation, die bereit 1899 gegründet wurde, als Australien selbst noch nicht einmal eine eigenständige Nation war. Die Perth Mint hat noch weitere Alleinstellungsmerkmale: Sie ist der weltweit größte Verarbeiter von neu gefördertem Gold und Australiens einziger Produzent von Goldbarren.
Allein im letzten Jahr hat die Perth Mint Gold im Wert von 20,3 Milliarden Australischen Dollar – umgerechnet fast 12,8 Milliarden Euro – verkauft. Die Münzprägeanstalt ist im Eigentum der westaustralischen Regierung und ist damit eine Prägestätte mit staatlicher Garantie. Umso schwerer wiegt der Skandal, den eine Untersuchung des staatlichen australischen Senders ABC nun aufdeckte: So soll die Münzprägeanstalt minderwertige Goldbarren produziert haben. Die Barren wurden mit anderen Metallen verdünnt.
„Skandal auf höchstem Niveau“
Prinzipiell unterliegt der Handel mit Goldbarren strengen Regeln – am London Bullion Market beispielsweise gibt es extra einen sogenannten Good Delivery Standard, der strenge Maßstäbe beim Gewicht, der Reinheit und dem Aussehen der Barren anlegt. Auch die Perth Mint rühmt sich eines Reinheitsgehalts von 99,99 Prozent. Trotzdem soll die Mint es geschafft haben, an der Reinheit der Goldbarren herumzutricksen.
Mit der Manipulation der Goldbarren soll die Mint laut des ABC-Berichts 2018 begonnen haben. Zu diesem Zeitpunkt wurden der Mischung Nichtgoldmetalle wie Silber oder Kupfer zugesetzt, um den Gesamtgoldgehalt zu senken. Ein wenig am Goldgehalt zu drehen ist wohl noch nicht allzu ungewöhnlich für die Industrie, doch anscheinend waren auch bis zu 100 Tonnen Gold davon betroffen, die an die Shanghai Gold Exchange (SGE) geschickt wurden.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/SUXJXPIWORDNBLHNMVWTSMEM5M.png)
Unbezahlbar
Unser Newsletter begleitet Sie mit wertvollen Tipps und Hintergründen durch Energiekrise und Inflation – immer mittwochs.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Letztere hat besonders strenge Reinheitsstandards, die die Perth Mint bewusst ignoriert zu haben scheint. Als der chinesische Kunde den Schwindel bemerkte, soll die Münzprägeanstalt versucht haben, das Ausmaß der Ungereimtheiten zu vertuschen. Ein Insider nannte den Fall im Interview mit der ABC einen „Skandal auf höchstem Niveau“.
Dubiose Machenschaften
Zudem fand die ABC heraus, dass die Perth Mint Gold im Wert von 27.000 Dollar (17.000 Euro) an ein ehemaliges Mitglied einer Biker-Gang verkaufte und dabei anscheinend nicht oder nicht ausreichend hinterfragte, ob es sich bei der Transaktion um eine Form der Geldwäsche handeln könnte. Außerdem deckte der Sender auf, dass die Mint Verbindungen zur Bank of Cyprus hatte, deren größter Anteilseigner ein russischer Oligarch mit Verbindungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. Die Bank ist in ihrer Heimat bereits mit einer hohen Geldstrafe belegt worden, weil sie Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche nicht eingehalten hatte. Ihr größter Anteilseigner ist Viktor Vekselberg, ein russisch-zypriotischer Oligarch, den Australien mittlerweile sanktioniert hat. Diese Verbindungen sollen inzwischen gekappt worden sein.
Auch ihr dubioses Sparprogramm soll die Perth Mint inzwischen eingestellt haben. In Shanghai scheint man den Fall ebenfalls nicht weiter verfolgen zu wollen. Würden die Barren im Wert von fast 9 Milliarden Dollar jedoch zurückgerufen werden, so würde wohl auch die westaustralischen Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Außerdem droht der Perth Mint Ärger mit der australischen Regulierungsbehörde Austrac, die sich mit dem Thema Geldwäsche beschäftigt. Diese hat eine Untersuchung anberaumt. Sollte sie der Mint Fehlverhalten nachweisen können, könnte eine Strafe mehrere Hundert Millionen Dollar betragen.
Whistleblower deckte Kohleskandal auf
Insgesamt ist der Skandal ein weiterer großer Imageschaden für Australien. Denn bereits im November wurden ähnliche Vorwürfe beim Rohstoff Kohle erhoben. Damals berichtete der parteilose Abgeordnete Andrew Wilkie vor dem australischen Parlament von „Tausenden von Dokumenten“, die er von einem Whistleblower – anscheinend einem leitenden Angestellten eines Kohleunternehmens – erhalten hat. Letztendlich warf er den Bergwerksfirmen vor, die Qualität der australischen Kohle mit falschen Laborergebnissen aufzuhübschen.
Als Beispiel nannte er einen Bericht, der in einer früheren Version noch einen höheren Wassergehalt enthielt als in der Endversion. Mehr Feuchtigkeit führt dazu, dass die Kohle weniger effizient verbrennt. Damit Verantwortliche im Ausland solche Diskrepanzen ignorierten und Exporte nicht ablehnten, sollen laut Wilkie Bestechungsgelder geflossen sein. Letztendlich gehe es den australischen Kohleexporteuren rein darum, die eigenen Gewinne zu steigern, so der Politiker. Ähnliche Beweggründe scheint auch die Perth Mint bei ihrem Etikettenschwindel gehabt zu haben. Sie wollte wohl jährlich 620.000 Australische Dollar – etwa 390.000 Euro – einsparen.