Belarus: Opposition fürchtet Mobilmachung
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Auf diesem vom russischen Verteidigungsministerium verbreiteten Foto nehmen russische Soldaten an Übungen in Belarus teil. Der genaue Ort wurde nicht näher bezeichnet.
© Quelle: Uncredited/Russian Defense Minis
Berlin. Der im Warschauer Exil lebende belarussische Oppositionspolitiker Pawel Latuschka hat erneut davor gewarnt, dass Belarus an der Seite Russlands in den Angriffskrieg gegen die Ukraine eingreifen könnte. „Die Zählung aller Wehrpflichtigen in Belarus ist praktisch abgeschlossen“, sagte Latuschka dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
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Der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko brauche nur noch auf Befehl des Kremls auf den Knopf zu drücken, um mit der Mobilmachung zu beginnen, erklärte Latuschka, der früher Kulturminister seines Landes war und heute dem Exilkabinett der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja angehört.
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Der belarussische Oppositionspolitiker Pawel Latuschka beim Telefonat in einem Berliner Hotel.
© Quelle: RND/Emendörfer
Wie Latuschka unter Bezug auf Quellen aus Minsk berichtete, seien fast alle Mitarbeiter, die dem belarussischen Innenministerium unterstehen, aufgefordert worden, ihre Pässe abzugeben. Diese Informationen gäbe es aus verschiedenen Städten des Landes. „Das bedeutet, dass diese Personen das Territorium von Belarus im Falle ihrer Mobilisierung nicht mehr verlassen können“, erläuterte Latuschka.
Man könne beobachten, dass die russische Militärpräsenz in Belarus ständig wächst. Das betreffe sowohl die Zahl der Soldaten als auch die militärische Ausrüstung. „Militärübungen der russischen Streitkräfte, einschließlich Übungen zur Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften Russlands und von Belarus finden regelmäßig statt“, sagte Latuschka. Übungen der Luftstreitkräfte beider Länder seien für die nahe Zukunft geplant.
Latuschka kritisierte einen „strategischen Fehler“ des Westens, schon seit einem halben Jahr nicht mehr auf Lukaschenko geachtet zu haben. „Es werden keine neuen Sanktionen verhängt und es wird kein Druck ausgeübt“, monierte der Oppositionspolitiker. Auf diese Weise gewinne Lukaschenko Zeit, um sich auf die nächste Phase des Krieges vorzubereiten, nämlich die Teilnahme an der russischen Militäroffensive vom Norden auf die Ukraine.
Gleichzeitig erhalte Lukaschenko von Moskau „enorme finanzielle Mittel, um sowohl die Wirtschaft aufrechtzuerhalten als auch die Kampfkraft der belarussischen Streitkräfte und die Produktion militärischer Waffen zu verbessern“, sagte Latuschka. Einmal mehr mache der Westen einen Fehler bei der Einschätzung von Lukaschenkos Rolle im Bündnis mit Kremlchef Wladimir Putin.
Bereits Mitte Oktober hatte Latuschka vor einem weiteren Angriff auf die Ukraine von Belarus aus gewarnt und als möglichen Termin das Frühjahr beziehungsweise den Monat März genannt. Er bezog sich dabei auf Insiderquellen in Minsk. „Unsere Quellen sagen, dass die Russen bis dahin 120.000 Soldaten in Belarus stationieren wollen“, hatte Latuschka im Oktober erklärt. Er beziffert damals die Zahl russischer Soldaten in Belarus auf etwa 5000, verteilt auf vier russische Militärbasen.
Lukaschenko wolle bis zum Frühjahr versuchen, die belarussische Armee von 65.000 auf 100.000 Soldaten aufzurüsten, sagte Latuschka und fügte hinzu: „Das wird schwer, wir sind ein friedliches Volk, unsere Leute wollen nicht gegen die Ukrainer kämpfen. Sie sehen gar keinen Grund in diesem Krieg und wollen nicht für Putin sterben.“ Die Opposition verfüge über interne Quellen, wonach 85 Prozent der Belarussinnen und Belarussen den Krieg ablehnten. Lukaschenko habe große Sorge, dass eine Mobilmachung zum Auslöser für neue Massenproteste wie im Jahr 2020 werden könnte, sagte Latuschka.