Rennen um Johnson-Nachfolge

Der Imagewandel der Liz Truss – mit Optimismus an die Spitze?

Liz Truss (Mitte), Außenministerin von Großbritannien und Kandidatin für den Parteivorsitz der Konservativen, steht während eines Besuchs in Ashley House im Rahmen ihrer Kampagne für das Amt des britischen Premierministers neben Anhängerinnen und Anhängern.

Liz Truss (Mitte), Außenministerin von Großbritannien und Kandidatin für den Parteivorsitz der Konservativen, steht während eines Besuchs in Ashley House im Rahmen ihrer Kampagne für das Amt des britischen Premierministers neben Anhängerinnen und Anhängern.

London. Als Premierminister muss man sich unangenehme Fragen gefallen lassen. Einen Vorgeschmack darauf erhielt Liz Truss, eine der beiden Finalisten im Rennen um Boris Johnsons Nachfolge, am vergangenen Freitag bei dem Besuch einer Wohltätigkeitsorganisation für Familien in Peterborough, einer Stadt im Osten Englands. Kinder wollten von ihr wissen, warum Johnson noch nicht aus der Downing Street 10 „rausgeschmissen“ wurde. Truss reagierte recht natürlich, wirkte gelassen. Eine Fähigkeit, die sich die 46-Jährige erst erarbeiten musste.

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Denn jetzt, da sie sich um das höchste politische Amt in Großbritannien bemüht, kursiert in den sozialen Medien erneut ein Video von einer Rede während des Tory-Parteitages im Jahr 2014, das an andere Zeiten erinnert. Als Umwelt- und Landwirtschaftsministerin prahlt sie damit, im Vereinigten Königreich „Weizen wettbewerbsfähiger anzubauen als in der kanadischen Prärie“ und dass Yorkshire-Tee nach China verkauft wird. Nach jeder Aussage grinst sie künstlich und wartet auf Applaus. Viele Britinnen und Briten lachten damals darüber, tun es noch heute. Auch in anderen Situationen wirkte sie steif, ihre Sprache hölzern.

Doch Truss ließ sich davon nicht unterkriegen. Sie holte sich Hilfe, um ihre Wirkung zu verbessern, arbeitete an ihrem Image. So gewappnet, bekam ihre Karriere unter Johnson neuen Schwung. Er machte sie erst zur Ministerin für internationalen Handel und dann zur Außenministerin. Neben Unsicherheiten warf sie außerdem auch politische Überzeugungen über Bord. Einst für den Verbleib in der EU, ist sie heute eine überzeugte Brexiteer.

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Zunächst galt der frühere Finanzminister Rishi Sunak als Favorit im Rennen um das Amt des Premierministers. Nun liegt in den Umfragen unter den Mitgliedern der Partei Truss vorn. „Für ihre Beliebtheit bei der Basis verantwortlich ist, dass sie in gewisser Hinsicht eine Fortsetzung zu Boris Johnson darstellt“, erklärte Jill Rutter von der Denkfabrik UK in a changing Europe im Gespräch mit dieser Zeitung. Ähnlich wie er gebe sie sich optimistisch, was die Zukunft Großbritanniens angeht. „Sie hat den Brexit nie als eine schlechte Entscheidung bezeichnet“, habe immer die Chancen und Möglichkeiten betont.

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Überdies erinnert sie manche mit ihrem neoliberalen Kurs und ihrem Willen zu „mutigen Reformen“ im Wohnungsbau sowie beim Abbau von Bürokratie an Margaret Thatcher. Jene Premierministerin, die Großbritannien in den 80er-Jahren gehörig umkrempelte. Die 46-Jährige provozierte jedoch auch Spott, indem sie sich sogar ähnlich kleidet und inszeniert wie die „Eiserne Lady“.

Auch in Hinblick auf ihren Lebenslauf existieren Parallelen zwischen den Frauen. Beide haben im Unterschied zu den meisten Politikern keine Privatschule besucht. Anders als Thatcher stammt Truss jedoch aus einem politisch linksorientierten Haushalt. Ihre Eltern, eine Krankenschwester und ein Mathematiklehrer, nahmen sie zu Demonstrationen von Atomkraftgegnerinnen und -gegnern mit. Ein beliebter Ruf damals: „Maggie raus! Maggie raus!“

Sunak und Truss im Rennen um Johnson-Nachfolge
HANDOUT - 20.07.2022, Großbritannien, London: oris Johnson, Premierminister von Großbritannien, spricht während der wöchentlichen Fragestunde «Prime Minister's Questions» (Fragen an den Premierminister) im Unterhaus. Die Nachfolge des britischen Premierministers Johnson wird sich zwischen Ex-Finanzminister Sunak und Außenministerin Truss entscheiden. (Bestmögliche Qualität) Foto: Uk Parliament/Andy Bailey/PA Media/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits. Kein Verkauf, keine Archivierung. Keine Veränderung oder Manipulation. Keine Verwendung in sozialen Medien ohne Zustimmung des HOC-Fotodienstes. +++ dpa-Bildfunk +++

Ex-Finanzminister Rishi Sunak oder Außenministerin Liz Truss: Einer von beiden wird demnächst in der Downing Street Number 10 einziehen.

Danach verlief Truss’ Leben jedoch deutlich konventioneller. Sie studierte Politik, Philosophie und Wirtschaft in Oxford und arbeitete bei dem Ölkonzern Shell sowie der rechtsnationale Denkfabrik Reform. Im Jahr 2000 heiratete sie den Rechnungsprüfer Hugh O’Leary. Die beiden haben gemeinsam zwei Töchter im Teenageralter. 2010 schaffte die 46-Jährige dann, nach mehreren Anläufen, schließlich unter David Cameron den Sprung ins Parlament.

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In Peterborough versprach Truss, dass sie durch Steuersenkungen wieder „Geld in die Taschen von hart arbeitenden Menschen“ fließen lassen werde. Die Leiterin der Wohltätigkeitsorganisation, Michelle King, äußerte sich nach dem Besuch skeptisch: „Man muss abwarten, welche Auswirkungen das auf die Hilfsleistungen für Familien hat.“

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