Kommentar

Brexit: noch nicht vom Tisch

Vor allem das Nordirland-Protokoll ist ein weiterhin ungeklärter Streitpunkt zwischen Großbritannien und der EU.

Vor allem das Nordirland-Protokoll ist ein weiterhin ungeklärter Streitpunkt zwischen Großbritannien und der EU.

London. Der Weg Großbritanniens aus der EU war lang. Seit drei Jahren ist das Königreich nun nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Doch „erledigt“, wie einst von Ex-Premier­minister Boris Johnson versprochen, ist der Brexit damit noch lange nicht. Schließlich spaltete das Referendum von 2016 die Nation. Sie teilte sich in zwei Lager: „Leave“ und „Remain“, „Gehen“ und „Bleiben“. Das ist auch heute noch so.

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Gleichzeitig gelangen immer mehr Briten zu der Überzeugung, dass der Brexit der britischen Wirtschaft geschadet hat. Forderungen, die Auswirkungen des aktuellen Deals mit der EU abzumildern, werden lauter. Eine wachsende Zahl von Menschen wünscht sich gar einen Wiedereintritt. Davon ist Groß­britannien jedoch weit entfernt. Schließlich ist das Verhältnis zwischen London und Brüssel tief zerrüttet. Insbesondere die Streitigkeiten um das Nordirland-Protokoll lähmen die Beziehungen seit Jahren. Im Zuge des Brexit-Vertrags wurde die Zollgrenze zwischen Nordirland auf der einen und Schottland, England und Wales auf der anderen Seite in die Irische See verlegt. Damit sollten sichtbare Kontrollen zwischen Nordirland und Irland verhindert und so der Frieden in der Region gesichert werden.

London hatte den Vertrag mit der EU 2019 ausgehandelt und unterschrieben, verschob die vollständige Einführung des Protokolls jedoch immer wieder. Dies begründete die Regierung damit, dass es Probleme verursache, die man nicht vorhergesehen habe, obwohl viele Experten im Vorfeld auf die Folgen hingewiesen hatten. Auf Druck der unionistischen Partei DUP, die nach den Wahlen in Nordirland ankündigte, nur dann eine Regierung mit der katholisch-republikanischen Sinn-Fein-Partei einzugehen, wenn das Protokoll grundsätzlich überarbeitet werde, setzten die Tories im vergangenen Sommer schließlich noch einen drauf. In einem Gesetzentwurf legten sie auf 20 Seiten dar, wie sie vereinbarte Waren­kontrollen zum Schutz des EU-Binnenmarkts stoppen und durch eine freiwillige Regelung ersetzen wollten. Zudem sollte die Rolle des Europäischen Gerichtshofs beschränkt werden.

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Die EU reagierte verständlicherweise verschnupft. Selbst ein Handelskrieg schien möglich. Seitdem hat sich die Stimmung etwas gebessert. Unter dem neuen britischen Premier Rishi Sunak sind die Verhandlungen zum Nordirland-Protokoll zwischen Großbritannien und der Europäischen Union wieder in Gang gekommen. So hat man sich geeinigt, wie die EU auf das Computer­system des britischen Zolls zugreifen kann, damit der Waren- und Produktverkehr zwischen Nordirland und Großbritannien besser fließt. Doch das ist nach wie vor nur ein erster Schritt. Viele Fragen sind noch offen.

EU-Kommission leitet vier weitere Verfahren gegen London ein

Die Brüsseler Behörde warf dem Vereinigten Königreich am Freitag vor, gegen wesentliche Teile des sogenannten Nordirland-Protokolls zu verstoßen.

In den kommenden Jahren stehen überdies erneut Themen an, die zum Zankapfel zwischen London und Brüssel werden könnten. So muss unter anderem über die Fangquoten für Fisch in der Nordsee und im Atlantik verhandelt werden. Und selbst wenn die bilateralen Verhandlungen gut verlaufen, könnten innenpolitische Entscheidungen das Boot erneut ins Wanken bringen – sei es auf der britischen oder auf der Seite der EU. Vom Tisch ist der Brexit damit also auch in Zukunft noch lange nicht. Im Gegenteil.

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