Ansturm auf Fähre aus Hongkong: Tausende reisen aufs chinesische Festland
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Nach der Grenzöffnung Chinas reisen Tausende Passagiere von Hongkong aufs chinesische Festland.
© Quelle: IMAGO/Sipa USA
Peking. Zwei Jahre lang war Cheung Seng-bun von seiner Frau getrennt – er war in Hongkong, sie auf dem chinesischen Festland. Mit der Öffnung der Grenzen nach jahrelanger Corona-Abschottung beeilt sich Cheung, schleunigst aus dem halbautonomen Hongkong auszureisen und seine Frau endlich wieder in die Arme schließen zu können.
„Ich kann es kaum erwarten, zu ihr zurückzukommen“, sagt Cheung mit einem schweren Koffer in der Hand. Als einer der ersten steht Cheung am Sonntag am Bahnhof Lok Ma Chau bereit und wartet auf den Schritt über die Grenze zwischen der Sonderverwaltungszone und dem chinesischen Territorium, nachdem die Regierung in Peking die strikten Quarantäne-Regeln für Einreisende fallengelassen hat.
Reisende müssen negativen Corona-Test vorzeigen
Seit fast drei Jahren waren die Übergänge zwischen Hongkong und dem übrigen China weitgehend geschlossen. Darunter haben auch Tourismus und Handel in der einstigen britischen Kronkolonie am südchinesischen Meer schwer gelitten. Rechtzeitig zum chinesischen Neujahrsfest Ende Januar, einem traditionellen Reisezeitraum, hofft Hongkong nun auf neuen Schwung – den Risiken angesichts der hohen Corona-Infektionszahlen zum Trotz.
Deutschland führt Corona-Testpflicht für Reisende aus China ein
Neben Ländern wie Schweden und Belgien führt nun auch Deutschland für Einreisende aus China wegen der dortigen Corona-Welle eine Testpflicht ein.
© Quelle: dpa
„Das Ziel ist es, so schnell wie möglich zum normalen Leben vor der Epidemie zurückzukehren“, sagt der Hongkonger Regierungschef John Lee beim Besuch des Bahnhofs am Sonntag vor Journalistinnen und Journalisten. „Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten wieder in Gang bringen.“ Für Reisende aus – und nach – Hongkong gilt derzeit noch: Sie müssen einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.
Fähren verzeichnen 300.000 Buchungen zum chinesischen Festland
Auch im Hafen von Shenzhen direkt an der Grenze zu Hongkong herrscht Aufbruchsstimmung. „Ich war die ganze Nacht wach und bin um vier Uhr morgens aufgestanden, weil ich so aufgeregt bin, auf das Festland zurückzukehren, um meine 80-jährige Mutter zu sehen“, zitiert die kommunistische Parteizeitung „Global Times“ eine Frau, die aus Hongkong kommend in Shenzhen von der Fähre geht.
Etwa 700 Passagiere würden allein hier am ersten Tag der Wiedereröffnung aus Hongkong erwartet, erklärt der Hafenbeamte Tan Luming der Zeitung zufolge. Ungefähr 200 würden vom Festland nach Hongkong übersetzen. Und in den kommenden Tagen werde mit einem stetigen Anstieg der Passagierzahlen gerechnet. Nach Hongkonger Medienberichten gab es bereits rund 300.000 Reisebuchungen von der Stadt zum chinesischen Festland.
Grenze zu Russland eröffnet
Gerade rechtzeitig zum Eisfestival von Harbin im Nordosten des Landes ist auch der Grenzübergang Suifenhe zu Russland wieder in Normalbetrieb. Das Winterfest mit seinen großen Eisskulpturen ist in normalen Zeiten ein Publikumsmagnet und lockt Besucherinnen und Besucher aus aller Welt an.
Aktuell aber kommen auf den großen Flughäfen des Landes nur ein Bruchteil der sonstigen internationalen Flüge an. Auf dem Hauptstadtflughafen, dem Beijing Capital International Airport, wurden am Sonntag gerade einmal acht Flüge aus Übersee erwartet. Auch in Shanghai, der größten Stadt des Landes, gab es nur wenige internationale Landungen.
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Nach der Öffnung der chinesischen Grenzen sind am Sonntag (08.01.2023) einige Zehntausend Reisende aus Hongkong nach China geströmt.
© Quelle: Andy Wong/AP/dpa
Mit einem Anstieg wird allerdings gerechnet, das verheißen zumindest die Buchungsanfragen vor dem Neujahrsfest. Der Pekinger Flughafen bereitet die Wiedereröffnung von Ankunftshallen vor, in denen in den vergangenen drei Jahren ziemliche Ruhe herrschte.
Infektionszahlen in China auf Höchstniveau
Die Behörden gehen zur Feiertagssaison auch von einem deutlichen Anstieg der Flug- und Bahnreisen innerhalb des Landes aus. Sie prognostizieren eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr und damit wieder die Zahlen aus der Ferienzeit 2019 – der Zeit vor Corona. Befürchtet wird jedoch, dass das Infektionsgeschehen damit auch in die abgelegenen Landesteile getragen wird, die bislang weitgehend verschont sind. Die jedoch sind medizinisch nicht so gut versorgt wie die Ballungszentren und Städte, in denen sich derzeit die Krankheitsfälle und Krankenhauseinweisungen häufen.
Die angespannte Lage hat auch das Auswärtige Amt in Berlin im Blick. „Die Infektionszahlen in China befinden sich derzeit auf dem höchsten Stand seit Beginn der Pandemie 2020“, heißt es auf der Website. „Das chinesische Gesundheitssystem ist überlastet, auch die ausreichende Versorgung in medizinischen Notfällen ist davon betroffen.“ Von nicht notwendigen Reisen nach China werde daher abgeraten. Und ab diesem Montag gilt China als drohendes Virusvariantengebiet.
RND/AP