Wird Ferda Ataman neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle?
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Die designierte Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman, hier bei einer Pressekonferenz, hat vor allem in der Union strikte Gegner.
© Quelle: IMAGO/Metodi Popow
Berlin. Corona könnte noch dazwischenkommen. Wenn am Donnerstagmorgen reihenweise Koalitionsabgeordnete ein positives Testergebnis haben, könnte die Abstimmung über die neue Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung noch mal verschoben werden.
Die Ampel verfügt im Bundestag über eine Mehrheit von 48 Stimmen – und die Personalie hat so viel Aufsehen erregt, dass SPD, Grüne und FDP geneigt sein könnten, auf Nummer sicher zu gehen.
Wütenden Protest hat die Entscheidung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hervorgerufen, die 42-jährige Journalistin Ferda Ataman mit dem Amt zu betrauen. Die Politologin Ataman, einst Redenschreiberin des damaligen nordrhein-westfälischen Integrationsministers Armin Laschet (CDU), hat ein paar Jahre die Öffentlichkeitsarbeit der Antidiskriminierungsstelle geleitet und dann den Mediendienst Integration mit gegründet, der Fachinformationen zu Flucht, Migration und Diskriminierung sammelt. Ihr einstiger Chef Laschet gratulierte schnell zur Berufung.
Die Unionsfraktion allerdings setzte auf Blockade: Sie verzichtete darauf, Ataman zum Vorstellungsgespräch einzuladen.
Kritik der CSU
Mit Ataman müsse die Antidiskriminierungsstelle umbenannt werden in „Amt für Beleidigung, Diskriminierung und Heimatverunglimpfung“, ätzte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Immer wieder hat Ataman die deutsche Migrationspolitik und den Umgang mit Deutschen mit Migrationshintergrund scharf kritisiert – mindestens als scheinheilig.
Dem damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer warf sie 2018 vor, sich mit dem Zusatz „Heimat“ an seinem Ministeriumsnamen an rechte Wähler und deren „Blut und Boden“-Ideologie anzubiedern und mit Fremdenangst zu spielen. Seehofer fühlte sich in die Nähe von Nationalsozialisten gerückt.
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Die aktuelle Ablehnung Atamans kommt vereinzelt auch aus der FDP. Deren Innenpolitikerin Linda Teuteberg und der bisherige Bildungsstaatssekretär Thomas Sattelberger kündigten an, im Bundestag gegen Ataman zu stimmen. Diese stehe „in besonderer Weise für spaltende Identitätspolitik, Diffamierung Andersdenkender und eine fehlende Bereitschaft zur Differenzierung“, sagte Teuteberg der „Neuen Züricher Zeitung“, FDP-Fraktionschef Christian Dürr gab als Fraktionslinie jedoch Zustimmung vor. Auch wenn er nicht komplett mit Ataman übereinstimme, verfüge diese jedoch über die „notwendige Erfahrung für die Position“.
Das Kartoffelthema
Unterstützt sehen sich die Kritiker von einer Gruppe von „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“, darunter die Soziologin Necla Kelek und der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak. Sie werfen Ataman vor, nicht sachlich genug zu argumentieren, sondern auf „Politikkrawall“ zu setzen und bestimmte Diskriminierungsformen und von Migranten ausgehenden Rassismus auszublenden.
Ihre Kritiker beziehen sich auch auf eine „Spiegel Online“-Kolumne, in der sie sich erstaunt darüber zeigt, dass Deutsche häufig sehr dünnhäutig reagierten, wenn sie als „Kartoffel“ bezeichnet würden – gleichzeitig aber Migranten mit allen möglichen diskriminierenden Gruppenbezeichnungen belegten.
In ihrem Buch „Hört auf zu fragen. Ich bin von hier!“ beschreibt Ataman, wie sehr sie sich in Deutschland ausgegrenzt fühlt, obwohl sie hier aufgewachsen ist: „Mir wird das Deutschsein abgesprochen“, stellt sie fest. „Irgendwie halten mich alle für eine Türkei-Expertin und eine Islamgelehrte. Nur wegen meines Namens und des Geburtslandes meiner Eltern.“
Die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen bezeichnet Ataman als „Verfechterin für Pluralität und Teilhabe“. Ministerin Paus lobt sie als durchsetzungsfähig, „von ganzem Herzen authentisch und überzeugend“.
Wird Ataman gewählt, ist die vierjährige Vakanz an der Spitze der Antidiskriminierungsstelle beendet.
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