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Wegen angeblicher Spionage

Britisch-iranischer Ex-Spitzenpolitiker Akbari im Iran hingerichtet

Aliresa Akbari wurde hingerichtet.

Aliresa Akbari wurde hingerichtet.

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Teheran. Der Iran hat einen wegen Spionage verurteilten britisch-iranischen früheren Mitarbeiter des iranischen Verteidigungsministeriums hingerichtet. Die der iranischen Justiz nahe stehende Nachrichtenagentur Misan meldete am Samstag die Hinrichtung von Aliresa Akbari, nannte aber nicht den Zeitpunkt. Gerüchten zufolge erfolgte sie bereits vor einigen Tagen.

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Der Iran hatte Akbari der Spionage für den britischen Geheimdienst MI-6 beschuldigt. Beweise wurden nicht vorgelegt. Am Freitag hatte der Vizesprecher des britischen Verteidigungsministeriums die bevorstehende Hinrichtung kritisiert und erklärt, das Urteil gegen Akbari sei politisch motiviert. „Seine Hinrichtung wäre skrupellos“, sagte Vedant Patel. Es gebe beunruhigende Berichte, wonach Akbari unter Drogen gesetzt, gefoltert, Tausende Stunden lang verhört und zu falschen Geständnissen gezwungen worden sei.

Der britische Außenminister James Cleverly hatte Teheran zuvor aufgefordert, Akbari nicht hinzurichten. Großbritannien verfolge den Fall sehr genau, schrieb er am Freitag online.

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Baerbock verurteilt weitere Hinrichtung

Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte die Hinrichtung als einen weiteren unmenschlichen Akt der iranischen Führung verurteilt. „Wir stehen an der Seite unserer britischen Freunde und Freundinnen und werden unser Vorgehen gegenüber dem Regime und unsere Unterstützung für Irans Menschen weiter eng miteinander abstimmen“, schrieb die Grünen-Politikerin am Samstag auf Twitter.

Auch Frankreich hat die Hinrichtung des britisch-iranischen Ex-Spitzenpolitikers durch den Iran auf das Schärfste verurteilt. Der iranische Botschafter sei am Samstagmorgen erneut einbestellt worden, um ihm die französische Empörung zum Ausdruck zu bringen, teilte das Außenministerium in Paris mit.

Die wiederholten Verstöße des Iran gegen das Völkerrecht dürften nicht unbeantwortet bleiben, insbesondere was die Behandlung ausländischer Staatsangehöriger betrifft, die das Land willkürlich festhält. Nach französischen Angaben werden vom Iran derzeit sieben Franzosen festgehalten.

Teheran bestellt britischen Botschafter ein

Nach Protesten in London gegen die Hinrichtung, hat das Außenministerium in Teheran hingegen den britischen Botschafter einbestellt. Das gab das iranische Außenministerium am Samstag in einer Presseerklärung bekannt. Die britischen Einmischungen und Äußerungen bezüglich des wegen Spionage hingerichteten Ex-Politikers seien bedeutungslos, da laut iranischen Gesetzen die Doppelstaatsbürgerschaft im Land nicht anerkannt sei. Anstatt einen Spion zu unterstützen, sollte die britische Regierung die „unkonventionellen Kontakte“ mit iranischen Offiziellen und somit auch Gefährdung der nationalen Sicherheit Irans erklären, so das Ministerium auf seinem Webportal.

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Akbari seit 2019 nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen

Der Iran hatte ein stark bearbeitetes Video ausgestrahlt, in dem Akbari über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe spricht. Das Video ähnelt solchen von anderen Angeklagten, die von Aktivisten als Aufzeichnung erzwungener Geständnisse bezeichnet werden.

Akbari leitete eine private Denkfabrik. Er wurde seit 2019 nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Er stand Ali Schamchani nahe, einem leitenden Sicherheitsbeamten im Iran. Beobachter halten es für möglich, dass das gegen Akbari verhängte Todesurteil auf einen Machtkampf innerhalb des iranischen Sicherheitsapparats hindeutet. Akbari war nach dem acht Jahre dauernden Krieg zwischen Iran und Irak 1988 für die Umsetzung einer Waffenruhe zuständig und arbeitete dabei eng mit UN-Beobachtern zusammen.

Kaum Informationen über Prozess gegen Akbari

Über den Prozess gegen ihn veröffentlichten die Behörden kaum Einzelheiten. Zu Vorwürfen wegen Spionage und anderen Straftaten gegen die nationale Sicherheit wird im Iran üblicherweise hinter verschlossenen Türen verhandelt. Menschenrechtsgruppen zufolge können Angeklagte ihre Anwälte nicht selbst wählen und dürfen die Beweismittel nicht einsehen.

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Nach Hinrichtungen im Iran: Baerbock fordert mehr Druck auf Teheran
09.01.2023, Berlin: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, äußert sich bei einer Pressekonferenz nach ihrem Gespräch mit dem Außenminister von Zypern, Kasoulides, im Auswärtigen Amt. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Ein Regime, das seine eigene Jugend ermordet, um seine Bevölkerung einzuschüchtern, hat keine Zukunft“, sagte Annalena Baerbock.

Die iranische Regierung beschuldigt seit Monaten ausländische Staaten, für die landesweiten Proteste nach dem Tod einer jungen Frau nach deren Festnahme durch die Sittenpolizei im September verantwortlich zu sein. Die gegen die Regierung gerichteten Proteste sind eine der größten Herausforderungen für die Islamische Republik seit deren Gründung 1979. Nach Angaben der Organisation Menschenrechtsaktivisten im Iran wurden mindestens 520 Demonstranten und Demonstrantinnen getötet und mehr als 19.300 festgenommen. Offizielle Zahlen liegen nicht vor.

In Verbindung mit den Protesten wurden vier Menschen hingerichtet. Ihnen wurden unter anderem Angriffe auf Sicherheitskräfte vorgeworfen.

RND/dpa/AP

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