Lübcke-Prozess: Mitangeklagter weist Waffen-Vorwurf zurück - Beweisaufnahme vor Ende
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Der mitangeklagte Markus H. sitzt bei der Fortsetzung des Prozesses im Fall Lübcke im Gerichtssaal.
© Quelle: Ronald Wittek/epa/Pool/dpa
Frankfurt/Main. Der Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke steuert auf sein Ende zu. Am Donnerstag schloss das Oberlandesgericht Frankfurt die Beweisaufnahme im Fall der mutmaßlich rechtsextremistisch motivierten Tat. Damit hat kommenden Dienstag voraussichtlich die Bundesanwaltschaft das Wort. Bundesanwalt Dieter Killmer kündigte ein sechs- bis siebenstündiges Plädoyer an. An Terminen im Januar könnten dann Nebenklage und Verteidigung an die Reihe kommen, das Urteil soll Ende Januar fallen.
Der Hauptangeklagte Stephan Ernst hat gestanden, den CDU-Politiker Lübcke im Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen zu haben. Die Anklage geht von einem rechtsextremen Tatmotiv aus. Lübcke war wegen seines Einsatzes für Flüchtlinge seit 2015 Drohungen und Hass ausgesetzt gewesen. Dem 47 Jahre alten Deutschen Ernst wird zudem eine Messerattacke auf einen irakischen Flüchtling zur Last gelegt.
Wegen Beihilfe mitangeklagt ist Markus H.. Der 44-Jährige soll Ernst politisch beeinflusst haben. Ernst hatte die Tat in verschiedenen Versionen geschildert, zwischenzeitlich hatte er H. als Täter dargestellt. Zuletzt blieb er bei der Schilderung, er selbst habe geschossen, H. sei aber auf der Terrasse dabei gewesen. H. schwieg bisher zu den Tatvorwürfen.
Am Donnerstag weckte sein Verteidiger Hoffnung, dass sich dies ändern könnte, als er eine Einlassung seines Mandanten ankündigte. H. verlas dann aber nur wenige Sätze zum Vorwurf, er habe gegen das Waffenrecht verstoßen, weil er eine Deko-Waffe besaß, die nicht ausreichend unbrauchbar gemacht worden war. Dazu erklärte H., er habe die Maschinenpistole auf einer Waffenbörse gekauft und sei davon ausgegangen, dass sie als Sammlerstück ordnungsgemäß abgeändert worden sei. Der Verkäufer habe gesagt, dass er eine entsprechende Bescheinigung per Mail beantragen könne, dies habe er aber nicht gemacht.
Am Vormittag waren auch weitere Zeugen vernommen worden. Ein Waffen-Sachverständiger wurde befragt, um zu klären, ob anhand der Spurenlage darauf geschlossen werden kann, dass zwei Personen am Tatort anwesend gewesen sein können. Der Sachverständige verwies auf kaum vorhandene Spuren des Schusses wie etwa Schmauch.
Tankwart erinnert sich nicht
Ein Antrag des Anwalts der Familie Lübcke, die als Nebenklägerin auftritt, zu weiteren Untersuchungen wurde abgelehnt. Es seien keine für den Prozess maßgeblichen weiteren Erkenntnisse zu erwarten. Auch die Bundesanwaltschaft erklärte, es sei zwar menschlich nachvollziehbar, dass die Familie Aufklärung wolle. In der Sache sei aber nicht mit entscheidenden Erkenntnissen zu rechnen.
Weitere Ermittlungen sollten eine Aussage Ernsts überprüfen, wonach er im Mai 2019 gemeinsam mit H. an einer Tankstelle den Tatentschluss gefasst haben soll. Zuvor habe er Bier gekauft, hatte Ernst berichtet. Die Polizei stieß im zweiten Anlauf auch an einer Tankstelle auf einen möglicherweise passenden Beleg für den Verkauf eines Radlers und einer Flasche Pils. Der Tankwart, der an dem Tag Dienst hatte, konnte sich aber am Donnerstag weder an Ernst noch an H. erinnern.
Ebenfalls nicht weiter kam die Aufklärung der Schilderung Ernsts, die mit dem Vorwurf der Messerattacke auf den irakischen Flüchtling Anfang Januar 2016 zusammenhängt. Der 47-Jährige sagte, er sei am Tattag wegen der Übergriffe in der Silvesternacht in Köln aufgebracht gewesen und habe in Kassel Wahlplakate der Grünen und der SPD zerstört. Solche Beschädigungen konnten am Donnerstag befragte Zeugen nicht bestätigen.
RND/dpa