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„Für mich ist das Thema erledigt“

Söders Absage an die Kanzlerkandidatur: nur Wahlkampfgetöse?

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will nicht mehr Kanzlerkandidat werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will nicht mehr Kanzlerkandidat werden.

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Markus Söder will nicht mehr Kanzlerkandidat der Union werden. Das hat der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident am Dienstag in der Talkshow „Markus Lanz“ erneut bekräftigt. Diesmal aber in besonderer Deutlichkeit. „Für mich ist das Thema erledigt“, sagte er. Seine Lebens­aufgabe sei Bayern. Auf die Frage des Moderators, ob er das Angebot auch ablehnen würde, wenn es denn käme, antwortete Söder: „Mal abgesehen davon, dass es nicht kommt: Ich stehe da nicht zur Verfügung.“

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Es ist nicht das erste Mal, dass Söder ausschließt, Kanzler­kandidat der Union werden zu wollen. Schon vor der Bundestags­wahl 2021 hatte Söder gesagt, dass sein Platz in Bayern sei. Das hielt ihn aber nicht davon ab, doch Anlauf auf Berlin zu nehmen. Daher stellen CDU-Politiker infrage, ob der Christsoziale tatsächlich mit dem Kapitel abgeschlossen hat. „Seine Aussage bei Lanz klang absolut. Es wird aber davon abhängen, wie die CSU bei der Bayern-Wahl abschneidet“, heißt es in CDU-Kreisen. „Die kommenden 18 Monate werden interessant.“ Die Christdemokraten haben die Befürchtung, dass bei Söder nach einem sehr guten CSU-Ergebnis wieder der Gedanke reifen könne, er sei doch der bessere Kanzler­kandidat.

Schon 2021 gab sich Söder nicht zufrieden

Einen weiteren Streit um die Kanzler­kandidatur will die CDU-Spitze aber unbedingt vermeiden. Als 2021 die Entscheidung nach dem langen Machtkampf auf den damaligen CDU-Parteichef Armin Laschet fiel, gab sich Söder damit nicht zufrieden. Mit Querschüssen sabotierte er den Wahlkampf. Bis heute geben viele Christdemokraten Söder eine Mitschuld an der Wahlniederlage.

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CDU-Chef Friedrich Merz hat in den vergangenen Monaten immer wieder betont, dass sich dieser Zwist nicht wiederholen dürfe und man sich mit der CSU darin einig sei. Die Frage der Kanzler­kandidatur soll laut Merz im Spätsommer 2024 geklärt werden – und damit ein Jahr vor der Bundestags­wahl und mit zeitlichem Abstand zur Europawahl, die im Frühjahr 2024 stattfindet. Ob er Kanzler­kandidat werden will, hat Merz öffentlich bisher nicht gesagt. In der CDU gehen aber die meisten davon aus, dass er nach der Kandidatur greifen wird. Die Entscheidung soll im Einvernehmen mit der Schwester­partei getroffen werden. Der CSU-Politiker und Bundestags­abgeordnete Stefan Müller unterstreicht: „Am Ende wird die K-Frage zwischen CDU und CSU gemeinsam entschieden.“

Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.

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Im Interview begrüßt Schleswig-Holsteins Minister­präsident Daniel Günther die Ampelpläne zur Änderung des Aufenthaltsrechts, fordert aber mehr Unterstützung bei der Flüchtlings­versorgung. Außerdem fordert der CDU-Politiker seinen Kollegen Markus Söder von der CSU auf, in einem Windkraft-Streitpunkt seine „Blockade“ aufzugeben.

Alle potenziellen Kandidaten schließen die Kandidatur aus

Hört man sich in der Union um, werden neben Söder noch weitere Personen genannt, die womöglich auf das Amt schielen. Allen voran der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst, der zur neuen CDU-Generation gezählt wird und mittlerweile politisch in die Mitte gerückt ist. Er selbst hält sich allerdings bedeckt: „Für mich gibt’s aktuell sehr, sehr klare Aufgaben“, sagte Wüst dem „Münchner Merkur“. „Ich konzentriere mich mit voller Kraft darauf, das Beste für Nordrhein-Westfalen zu erreichen.“ Dauerhaft ausgeschlossen hat Wüst die Option offenbar nicht. Ohnehin wird die Entscheidung nicht ohne ihn getroffen – der NRW-Landesverband ist der mächtigste und größte aller CDU-Landesverbände, und Wüst ist dessen Chef.

Anders als Wüst wird Merz zum konservativen Flügel der Partei gezählt. Es überrascht also nicht, dass der Parteichef nun öffentliche Unterstützung von Ostverbänden erhält, denen die AfD im Nacken sitzt. „Als Oppositionsführer im Bund ist Friedrich Merz der natürliche Herausforderer von Olaf Scholz“, sagt der Vorsitzende der CDU Thüringen, Mario Voigt, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Friedrich Merz steht für Führungsstärke und er ist ein Klartext-Politiker, der auch den Finger in die Wunde legt und die realen Sorgen der Menschen anspricht. Das kommt in Ostdeutschland sehr gut an.“ Merz habe die Union geeint und damit entscheidend gestärkt. „Als Partei- und Fraktionschef hat er selbstverständlich das Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur“, mahnt Voigt.Voigt ist nicht der einzige, der diese Meinung vertritt. Auch aus Sicht von anderen führenden CDU-Politikern wäre Merz der optimale Kanzlerkandidat. Das betonten jüngst der Unionsfraktionsmanager Thorsten Frei und CDU-Vize Carsten Linnemann.

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Hinter vorgehaltener Hand ist in der Partei auch von dem CDU-Mann und schleswig-holsteinischen Regierungschef Daniel Günther als möglichem Spitzen­kandidaten die Rede. Bei ihm gilt es allerdings als zweifelhaft, ob alle Landesverbände ihn stützen würden. Insbesondere die Ostverbände sind nicht gut auf Günther zu sprechen, seit er mit dem thüringischen Minister­präsidenten Bodo Ramelow (Linke) ein Doppel­interview gegeben hat. Zudem ist er vielen in der Partei für CDU-Verhältnisse zu links – nicht ohne Grund wird er spöttisch „Genosse Günther“ genannt. Er selbst hält an seinem Amt im Norden fest: „Ich möchte gern auch im Jahr 2027 erfolgreicher Minister­präsident in Schleswig-Holstein sein“, sagte er im März im RND-Interview.

Aktuell schließen also alle möglichen Kontrahenten des CDU-Chefs – Söder, Wüst und Günther – die Kanzler­kandidatur aus. Wie Söder in der Lanz-Sendung sagte, sei Merz „der geborene Kandidat als Partei­vorsitzender und Fraktions­vorsitzender“. Merz habe „aus heutiger Sicht“ die besten Chancen für die Kandidatur, betonte der CSU-Chef. Eine kleine Hintertür lässt er sich also doch offen.

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