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Auftritt bei „Markus Lanz“

Markus Söder versucht zu klotzen – und macht eine Ankündigung

Lebensaufgabe in Bayern? Eine Kanzlerkandidatur hat Markus Söder bei Markus Lanz zumindest ausgeschlossen.

Lebensaufgabe in Bayern? Eine Kanzlerkandidatur hat Markus Söder bei Markus Lanz zumindest ausgeschlossen.

Vegetarische Ernährung und Atomkraft mögen auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben. Beide sind bei näherem Hinsehen aber zumindest eines: mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Reizthemen in deutschen Talkshows. Wenn dann noch beides zusammen kommt, ist Stimmung garantiert. So auch am späten Mittwochabend bei Markus Lanz im ZDF, als der Moderator mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der Journalistin Kristina Dunz, der stellvertretenden Leiterin des RND-Hauptstadtbüros, und dem Ökonomen Marcel Fratzscher über diese und weitere Themen diskutiert.

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Die Rollen sind dabei klar verteilt: Lanz bereitet die Themen vor, Söder schildert seine Sicht auf die Dinge, Dunz hakt nach, Fratzscher liefert Fakten. So geht es eine ganze Weile. Bis Lanz fünf Minuten vor Ende der Sendung plötzlich das Ruder herumreißt und von der Sach- auf die Personalebene wechselt. Ob er bei der nächsten Bundestagswahl, die planmäßig im Herbst 2025 ansteht, als Kandidat der Union antreten wolle, fragt er Söder, der sich als amtierender Ministerpräsident Bayerns mitten im Wahlkampf befindet. Der erteilt eine klare Absage. „Für mich ist das Thema erledigt“, sagt er. Und wiederholt den Satz dann noch gleich einmal. Wortgleich.

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Worüber wurde gesprochen?

Zu diesem Zeitpunkt sind viele politische Debatten der letzten Monate bereits wie im Zeitraffer durch die Sendung gerauscht. Dabei arbeiten sich Lanz, Dunz und Fratzscher in den meisten Fällen an den Positionen Markus Söders ab – beziehungsweise an deren Wandel. Vom Vorreiter des Atomausstiegs nach Fukushima zum Verfechter die Reaktivierung von Kernkraftwerken; von Bildern vegetarischer Gerichte auf Instagram hin zu Fotos vom Besuch beim Metzger: Vor allem Lanz und Dunz investieren einige Energie, Widersprüche in Söders Positionen aufzuzeigen.

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Der reagiert in den meisten Fällen ruhig, hat jedoch auch ausreichend Raum, seine Sicht auf die Dinge in ausladender Breite darzulegen. Dass er Lanz’ Aussage, dieser habe Söders Ankündigung von Konsequenzen im Falle der Abschaltung des bayerischen Atomkraftwerks Isar 2 als „Rücktrittsdrohung“ verstanden, als „klassische Journalistenlegende“ abtut, ist dabei eine der brenzligeren Situationen.

Die Gäste

Marcel Fratzscher bleibt lange stumm, argumentiert aber besonnen, sobald das Wort an ihn geht. Besonders hebt der deutsche Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung die Bedeutung des Ausbaus erneuerbarer Energien hervor. Zudem prangert er an, dass die europäischen Länder international nicht einig genug aufträten. „Wir werden wirtschaftlich China nur dann Paroli bieten können, wenn wir als Europa mit einer Stimme sprechen“, sagt Fratzscher. Und übergeht den Umstand, dass Söder über ihn als „Herr Professor“ spricht.

Die RND-Journalistin Kristina Dunz ordnet Aussagen Söders ein und legt dar, bei welchen Themen sich dessen heutige Aussagen teils deutlich von denen vergangener Jahre unterscheiden. Zudem behält sie den Überblick über die Faktenlage: Als der bayerische Ministerpräsident behauptet, der ganze Hamburger Hafen sei an China verkauft worden, interveniert sie mit der Feststellung, es habe sich lediglich um einen kleinen Teil des Hamburger Hafens gehandelt.

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Markus Söder nutzt die Gelegenheit, staatsmännische Gelassenheit zu demonstrieren und Sätze wie diesen zu sagen: „Bayern ist ein sehr schönes Land.“ Der CSU-Politiker lobt darüber hinaus bayerische Metzgereien für ihre Salate und vergleicht die gesundheitlichen Folgen von Alkoholismus mit dem Konsum mit Ingwertee: Den in zu hohen Mengen zu genießen könne schließlich auch nicht gesund sein.

Der übersehene Moment

Söder gegen Lanz – diese Konstellation ist an diesem Dienstagabend eindeutig die wortreichste. Besonders interessant ist hingegen eine Reaktion des Bayerischen Ministerpräsidenten auf den Stillsten in der Runde, den Wirtschaftswissenschaftler Marcel Fratzscher, der immer wieder mahnt, wie wichtig der Ausbau erneuerbarer Energien sei. Sein Bundesland tue bereits sehr viel, entgegnet Söder. „Wir klotzen“, fängt er an, schaut dann zu Fratzscher hinüber, verstummt, hebt erneut an: „Wir versuchen zu klotzen“, sagt Söder dann, die Hand zur Faust geballt.

Aufreger der Sendung

Die Klarheit von Söders Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur 2025 überrascht offensichtlich selbst Markus Lanz. „Meine Lebensaufgabe ist Bayern“, sagt der CSU-Politiker. „Ich stehe da nicht zur Verfügung.“ Aus seiner Sicht sei Friedrich Merz derzeit der „geborene Kandidat“ der Unionsparteien. „Ein Söder, ein Wort“, kommentiert Lanz, „wir schauen, wie lange es hält“.

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Das beste Zitat

Nicht unbedingt der richtigste, zumindest aber der plakativste Satz geht an Markus Söder. „Der Länderfinanzausgleich ist der PCR-Test der Leistungsfähigkeit“, sagt der bayerische Ministerpräsident. Ähnlich viel Kontext hat zuvor allerdings seine Aussage, Bayern schneide im Bildungsranking besser ab als Schleswig-Holstein – als es eigentlich um den Fortschritt beim Ausbau erneuerbarer Energien geht. „Was hat das jetzt mit Bildung zu tun?“, hakt Lanz nach, aber da ist Söder schon wieder ganz woanders.

Fazit

Eine Sendung, die sich nur um eine Person dreht. Ob der bayerische Ministerpräsident die Fragen des Moderators beantwortet oder nicht, entscheidet er kurzerhand selbst. Den Geologen, den Lanz zitiert, der Bayern als geeigneten Standort für ein Atommüll-Endlager identifiziert, kennt er nicht. „Wenn ich zu Ihnen komme, bin ich immer gut vorbereitet, weil ich weiß, dass Sie der Kniefiesler der Nation sind“, sagt Söder in einem Moment zu Markus Lanz – kurz nachdem er fälschlich behauptet hat, der Hamburger Hafen sei komplett an China verkauft worden. Die Belegschaft des Atomkraftwerks Isar 2 erhält hingegen eine Bestnote, die dem Vokabular eines Fußballtrainers entlehnt scheint: „eine top-motivierte“ Mannschaft sei diese, sagt Bayerns Ministerpräsident.

Kurz zuvor hat der FC Bayern München die Tabellenspitze der Bundesliga übernommen – wenige Spieltage vor Ende der Saison.

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