Krisentalk bei „Maybrit Illner“: „Dann ist das Geschäftsmodell dieses Landes in Gefahr ...“
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Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).
© Quelle: ZDF/Screenshot
Ein durchaus düsteres Bild hat Industrieverbandschef Siegfried Russwurm am Donnerstagabend in der ZDF-Talksendung „Maybrit Illner“ gezeichnet. Industrieunternehmen würden angesichts hoher Energiepreise darüber nachdenken, sich aus Deutschland zu verabschieden, darunter auch viele Familienunternehmen. „Selbst Mittelständler, die bislang keinen Standort außerhalb Deutschlands hatten, überlegen jetzt: Wie müssen wir uns in der Welt aufstellen? Wenn wir diesen Effekt in Menge haben in Deutschland, dann ist das Geschäftsmodell dieses Landes in Gefahr.“ Das sei eine bedrückende Entwicklung.
Klar sei laut Russwurm: „So günstig an Energie wie in den vergangenen Jahrzehnten werden wir nicht mehr kommen. Da ändert sich etwas für die Grundfesten unseres Industrielandes, für unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit.“
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Ähnlich sah das der Ökonom Gabriel Felbermayr: „Die großen Preissteigerungen liegen hinter uns. Aber das, was jetzt verloren geht, kommt nicht wieder, die Reduktion des Wohlstands wird Deutschland lange erhalten bleiben.“ Das Land erlebe zurzeit „ein Stück weit den perfekten Sturm“. Deshalb sei die Politik gefordert: „Es ist notwendig, dass Menschen, die unter hohen Preisen leiden, Unterstützung bekommen.“
Spahn: „Schieben keinen Blankoscheck rüber“
Doch was kann und will die Politik tun? Am Freitag stimmt der Bundestag über das geplante 200-Milliarden-Euro-Paket zur Senkung der Energiepreise ab, damit sollen vor allem die geplante Gaspreisbremse finanziert und die Strompreisbremse finanziell abgesichert werden.
Für Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) ein völlig unausgegorenes Unterfangen, dem er nicht zustimmen will. Denn bis heute wüssten Bürgerinnen und Bürger und die Industrie nicht, womit sie in diesem Winter konkret planen könnten: „Das ist wie in der Kneipe den Bierdeckel zu bezahlen, bevor klar ist, wie viel Bier getrunken wird.“ Keiner wisse, ob die 200 Milliarden zu hoch oder zu niedrig angesetzt seien. „Das Instrument als solches halten wir für ein mögliches, aber es muss halt die Reihenfolge stimmen. Man muss erst sagen, was man macht, und dann macht man gegebenenfalls Schulden“, so Spahn.
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Sabotage und Cyberkrieg: Wie anfällig Deutschlands Versorgung ist
Wird das deutsche Stromnetz angegriffen, kämpfen zuerst kranke und pflegebedürftige Menschen um ihr Leben. Aber auch bei Anschlägen auf die Trinkwasserversorgung, auf staatliche Lebensmittelvorräte oder Verwaltungen können enorme Schäden entstehen. Ein Überblick über potenzielle Gefahren.
Auf die Frage, was denn konkret ausgezahlt werde für eine vierköpfige Familie, hatte dann auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert keine Antwort: „Das wird ihnen jetzt keiner mit ‘nem spitzen Bleistift ausrechnen können. Aber es muss für den Einzelfall immer funktionieren.“ Die ablehnende Haltung der Union kritisierte er dann aber seinerseits: „Was kostet es, wenn wir das nicht tun? Was sind wir bereit, an volkswirtschaftlicher Substanz preiszugeben, wenn wir jetzt so kleinkrämerisch über diese Summen zu sprechen?“
Für Spahn kein Argument: „Es geht nicht um einen Centbetrag. Aber wir wissen nicht mal: Sollen für die privaten Haushalte 50, 80 oder 100 Milliarden zur Verfügung gestellt werden?“ Da könne die Ampelkoalition nicht von der Opposition erwarten, „dass wir ihnen einen Blankoscheck rüber schieben“.
Sarah-Lee Heinrich, Bundessprecherin der Grünen Jugend, findet noch etwas ganz anderes problematisch: „Wir bezahlen ja auch viel für Butter und Gurke, nicht nur für die Heizkostenabrechnung, das spiegelt sich gerade eigentlich noch nirgendwo wieder.“
Immerhin. Einig waren sich alle, dass Bürgerinnen und Bürger in der Krise entlastet werden müssen: „Es geht darum, wo es ohne Unterstützung nicht geht, eine Brücke zu bauen“, sagte Spahn. Kühnert formulierte es ähnlich: „Es wird niemand allein gelassen in der Krise.“
RND/seb