Palästinenser zu Trumps Nahost-Plan: “Feindlicher Deal”

Palästinensische Demonstranten halten Bilder von Palästinenserpräsident Abbas während einer Demonstration gegen den Nahost-Plan von US-Präsident Trump.

Palästinensische Demonstranten halten Bilder von Palästinenserpräsident Abbas während einer Demonstration gegen den Nahost-Plan von US-Präsident Trump.

Washington. Die Palästinenserführung hat den Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump wütend zurückgewiesen. Der am Dienstag vorgestellte Plan werde "im Mülleimer der Geschichte landen", sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im palästinensischen Fernsehen. "Nachdem wir all diesen Müll gehört haben, sagen wir erneut 'Nein' zum 'Deal des Jahrhunderts'."

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Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas bezeichnete den Plan als Unsinn. "Der "Deal des Jahrhunderts" ist Nonsens, es ist ein feindlicher Deal", sagte Chalil al-Haja, ein führender Hamas-Vertreter. "Die Palästinenser werden alle möglichen Anstrengungen mit allen Mitteln aufwenden, um ihn zu bekämpfen, bis er gescheitert ist."

Trump hatte den Plan im Weißen Haus in Anwesenheit des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vorgestellt. Darin wird den Palästinensern ein eigener Staat in Aussicht gestellt - allerdings unter erheblichen Zugeständnissen. Der Plan solle zu einer "realistischen Zwei-Staaten-Lösung" für Israel und die Palästinenser führen, sagte Trump.

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"Gelegenheit des Jahrhunderts"

Netanjahu sagte an die Adresse Trumps: "Ihr Deal des Jahrhunderts ist die Gelegenheit des Jahrhunderts. Seien Sie versichert, dass Israel diese Gelegenheit nicht verpassen wird."

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die Golanhöhen erobert. Die Vereinten Nationen stufen die Gebiete als besetzt ein. Aus dem damals ebenfalls eroberten Gazastreifen ist Israel abgezogen. Die Palästinenser wollen in Westjordanland und Gazastreifen einen unabhängigen Staat mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem ausrufen.

In dem Plan heißt es unter anderem, Jerusalem solle die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben. Die Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates solle zwar in Ost-Jerusalem liegen, allerdings östlich und nördlich der Mauer - also in Vororten. Die Mauer solle bestehen bleiben "und soll als eine Grenze zwischen den Hauptstädten beider Parteien dienen".

Palästinenser sollen entmilitarisiert werden

Trump kündigte an, in Ost-Jerusalem eine US-Botschaft zu errichten, sollte der Plan umgesetzt werden. Abbas entgegnete: "Jerusalem steht nicht zum Verkauf." Die Palästinenser fordern ganz Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Staates.

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Der Plan spricht von einem "entmilitarisierten" Palästinenserstaat. Israel werde die Sicherheitskontrolle über das komplette Gebiet westlich des Jordans behalten - also das Westjordanland. Die für einen künftigen Palästinenserstaat ausgewiesenen Flächen sollen dem Plan zufolge in den kommenden vier Jahren unberührt bleiben, damit die Palästinenser die Anforderungen für einen eigenen Staat erfüllen können.

Daher hätten die Palästinenser Zeit, ihren Widerstand aufzugeben, sagte der US-Botschafter in Israel, David Friedman, in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. "Kurzfristig ist es nicht wirklich wichtig, was die Palästinenser sagen. Wir werden ihnen diese Option vier Jahre lang offen halten."

Netanjahu und Trump zu Hause unter Druck

Netanjahu steht wegen einer Korruptionsklage unter Druck. Einen Antrag auf Immunität vor Strafverfolgung, den er zu Jahresbeginn beim Parlament gestellt hatte, zog er am Dienstag wieder zurück. Daraufhin reichte die Generalstaatsanwaltschaft die Anklageschrift beim Gericht in Jerusalem ein. Der Korruptionsprozess gegen Netanjahu wird vermutlich erst nach der Wahl am 2. März beginnen. Gegen Trump wird derzeit ein Amtsenthebungsverfahren im US-Senat geführt.

Die Palästinenserführung hatte den Plan bereits vorab als Verstoß gegen UN-Resolutionen und geltendes Völkerrecht zurückgewiesen. Sie wirft Trump vor, in dem Konflikt einseitig Partei für Israel zu ergreifen, und boykottiert deshalb die Zusammenarbeit. Die Palästinenser haben zu einem "Tag des Zorns" nach der Veröffentlichung des Plans aufgerufen.

Trump sagte den Palästinensern wirtschaftliche Entwicklung zu, sollten sie dem Plan zustimmen. Die USA würden in die Gebiete investieren mit dem Ziel, das Wirtschaftswachstum zu verdoppeln und die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Er stellte internationale Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar in Aussicht.

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Internationales Echo gemischt

International stieß der Plan auf ein gespaltenes Echo:

  • Das Außenministerium der Türkei, die enge Beziehungen zu den Palästinensern pflegt, sprach von einer "Totgeburt". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte den Nahost-Plan als „absolut inakzeptabel“. „Jerusalem ist den Muslimen heilig. Der Plan, Jerusalem an Israel zu übergeben, ist absolut inakzeptabel“, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu vom Mittwoch auf dem Rückflug von einer Afrikareise. Das Vorhaben werde nicht zum Frieden beitragen, sagte Erdogan weiter. „Das ist ein Plan, mit dem die Rechte der Palästinenser ignoriert werden und die Besetzung durch Israel legitimiert wird.“ Die Türkei werde weiterhin die Rechte Palästinas und Jerusalems verteidigen und sich dafür an internationale Institutionen wenden, sagte Erdogan.
  • Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif nannte den Plan "einen Alptraum für die Region und die Welt". „Hinter diesem sogenannten Jahrhundertdeal verbirgt sich eine große Verschwörung, die die Existenz der islamischen Welt bedroht“, twitterte zudem Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Trotz der Differenzen mit einigen arabischen Ländern in der Region, sei der Iran bereit, gemeinsam mit ihnen gegen diese Verschwörung vorzugehen.
  • Die Vereinigten Arabischen Emirate begrüßten den Plan dagegen ebenso wie Saudi-Arabien - beide Staaten sind enge US-Verbündete.
  • Bundesaußenminister Heiko Maas kündigte an, den Plan intensiv zu prüfen. "Der US-Vorschlag wirft Fragen auf, die wir jetzt mit unseren Partnern in der EU besprechen werden."
  • Der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen, Peter Beyer, zeigte sich enttäuscht vom Trump-Plan. "Ein großer, umsetzbarer Wurf ist Donald Trumps Plan (...) sicher nicht", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
  • Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, kritisierte den Nahost-Vorstoß von US-Präsident Donald Trump scharf. Der Plan enthalte völkerrechtswidrige Elemente, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk. So wäre eine Anerkennung der Souveränität Israels über die palästinensischen Siedlungsgebiete nicht mit dem Völkerrecht vereinbar. Trumps Plan habe mehr Probleme aufgeworfen als etwas zum Frieden zwischen Israel und den Palästinensern beigetragen. So einen Vorschlag könne man nicht einfach so „als Endstadium präsentieren“, sagte Röttgen. Trumps Vorstoß war nach Ansicht Röttgens „ein Rückschritt und kein Fortschritt“. Der US-Präsident habe den Palästinensern seinen Plan als Ultimatum präsentiert - nach dem Motto „friss oder stirb“.
  • Nach den Worten des außenpolitischen Sprechers der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, kann es keine dauerhafte Lösung für den Nahost-Konflikt ohne eine Zwei-Staaten-Regelung geben. „Es kann aber auch auf dem Weg dahin keinen Ersatz für direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern geben. Jegliche einseitige Maßnahmen aber versperren genau diesen Weg. Genau diese Nachricht muss die Bundesregierung nun im europäischen Chor nachdrücklich allen Seiten übermitteln“, so Nouripour.
  • Aus Sicht des außenpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, bleibt zu hoffen, „dass der amerikanische Impuls sowohl von den am Konflikt Beteiligten als auch der internationalen Gemeinschaft als diplomatischer Weckruf für die verfahrene Situation verstanden und somit zu einem neuen, lösungsorientierten Dialog führen wird. Nur die Rückkehr an den Verhandlungstisch kann friedliche Einigungen bewirken.“
  • „Die vorgeschlagene Anerkennung zahlreicher Siedlungen im Westjordanland und der israelischen Präsenz im gesamten Jordantal ist völkerrechtswidrig und legitimiert den Landraub durch Israel“, schrieb die Linken-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel. „Das ist ein Annexionsplan und darf von der Bundesregierung nicht unterstützt werden.“
  • Ägypten reagierte zurückhaltend auf den Plan, lehnte ihn aber nicht rundweg ab.
  • Die EU teilte mit, die Vorschläge Trumps "prüfen und bewerten" zu wollen.
  • Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat den Nahost-Plan ebenfalls kritisiert. In einer Erklärung vom Mittwoch heißt es, Luxemburg unterstütze nach wie vor eine Zwei-Staaten-Lösung auf der Grundlage der unmittelbar vor Beginn des Sechstagekrieges von 1967 geltenden Grenzlinien. „Keine Initiative sollte als Vorwand genutzt werden, um weitere Verletzungen des internationalen Rechts in den besetzten palästinensischen Gebieten oder die Errichtung von Siedlungen in diesen Gebieten zu rechtfertigen“, heißt es in der Erklärung Asselborns. Er verwies auf die Resolution des UN-Sicherheitsrates, wonach die Errichtung israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten einschließlich Ost-Jerusalems „keine rechtliche Gültigkeit hat und eine flagrante Verletzung des internationalen Rechts und ein wesentliches Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung“ darstelle. Eine tragfähige Lösung müsse „zwischen den Parteien ausgehandelt werden und den legitimen Erwartungen sowohl der Israelis als auch der Palästinenser entsprechen“.
  • UN-Generalsekretär António Guterres reagierte ebenfalls zurückhaltend auf den Nahost-Plan.
  • Nach Auffassung von Russlands Außenminister Sergej Lawrow sollte Trumps Nahost-Plan international bewertet werden. "Ich hätte gerne eine Analyse durch ein Quartett internationaler Vermittler", hatte Lawrow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge gesagt. Dieser Vierer-Runde sollten demnach neben Russland die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die USA angehören.

Netanjahu wollte am Mittwoch zu einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin nach Moskau reisen, um über den Nahost-Plan zu sprechen. Nach Angaben des Kremls soll das Treffen beider Politiker am Donnerstag sein.

RND/cle/dpa

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