E-Paper
Auf Druck der italienischen Regierung?

Rechter Regionalpräsident entzieht Pride-Parade in Rom die Unterstützung

Die Rom-Pride in Rom ist weltweit eine der erfolgreichsten ihrer Art: Schon 2007 hatten eine Million Menschen teilgenommen, und auch für die Parade vom kommenden Samstag werden wieder Hunderttausende erwartet.

Die Rom-Pride in Rom ist weltweit eine der erfolgreichsten ihrer Art: Schon 2007 hatten eine Million Menschen teilgenommen, und auch für die Parade vom kommenden Samstag werden wieder Hunderttausende erwartet.

Artikel anhören • 4 Minuten

Rom, Italien. Die Parade „Roma Pride“ wird seit 1994 in der italienischen Hauptstadt durchgeführt und ist weltweit eine der erfolgreichsten ihrer Art: Schon 2007 hatten eine Million Menschen teilgenommen, und auch für die Parade vom kommenden Samstag werden wieder Hunderttausende erwartet. In den letzten Jahren, als die Hauptstadtregion Latium vom Sozialdemokraten Nicola Zingaretti und der Fünf-Sterne-Protestbewegung regiert wurde, stand die Veranstaltung jeweils unter dem Patronat der Region. Auch der neue Regionalpräsident Francesco Rocca, im Februar gewählt mit Unterstützung der Rechtskoalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, hatte seine Unterstützung zunächst zugesagt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Doch dann hat Rocca der „Roma Pride“ am Montag plötzlich seine Unterstützung entzogen. Als Begründung führte der 57-jährige ehemalige Chef des italienischen Roten Kreuzes an, dass die Organisatoren die Legalisierung der Leihmutterschaft forderten. Diese ist in Italien verboten. Die Regionalregierung könne nicht eine Veranstaltung unterstützen, an welcher illegale Praktiken gutgeheißen würden, sagte Rocca.

„Rocca beugt sich dem Diktat von Giorgia Meloni“

Mario Colamarino, Sprecher der Parade, unterstellte, Rocca habe auf eine Weisung der rechtsnationalen Regierungskoalition von Giorgia Meloni gehandelt. „Rocca beugt sich dem Diktat von Giorgia Meloni und all den anderen, die Italien in ein zweites Ungarn verwandeln wollen. Das ist staatliche Homophobie“, erklärte auch Alessandro Zan, ehemaliger Abgeordneter des sozialdemokratischen PD und Vorkämpfer für die Rechte der LGBT-Gemeinschaft. Den Vorwurf, äußerem Druck nachgegeben zu haben, verbittet sich Regionalpräsident Rocca. Vielmehr habe er sich von den Organisatoren hintergangen gefühlt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Tatsächlich fordern die Organisatoren des „Roma Pride“ nicht nur die Legalisierung der Leihmutterschaft, sondern sie schießen in ihrem Manifest generell scharf gegen die Rechtsregierung von Meloni. „Die Regierung“, heißt es da unter anderem, „hat den Regenbogenfamilien und ihren Kindern den Krieg erklärt“; unter Meloni erlebe Italien die gleiche „schwarze Welle aus Konservativismus, Reaktion und Bigotterie“, wie sie auch andere Länder mit Rechtsregierungen erlebten.

27.05.2023, Niedersachsen, Hannover: Stephan Weil (3.v.r., SPD), Ministerpräsident Niedersachsen, und Belit Onay (2.v.l., Grüne), Oberbürgermeister Hannover, tragen beim Christopher Street Day  (CSD) ein Banner mit der Aufschrift "CSD. Hannover - Demo für Menschenrechte". Die Teilnehmer demonstrieren unter anderem für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Übergriffe bei Christopher Street Day in Hannover – offenbar Frau vergewaltigt

Nach dem Christopher Street Day (CSD) in Hannover melden sich immer mehr Menschen, die dem Organisations­team von sexuellen und queer­feindlichen Übergriffen berichten. Zwei Fälle wiegen besonders schwer. Offenbar hat das Sicherheits­konzept der Demo am 27. Mai den Anfeindungen nicht standgehalten.

Regierung macht konservative Familienpolitik

Die Organisatoren hatten sich den Entzug der Unterstützung durch die Regionalregierung mit ihrem Frontalangriff gegen Meloni somit auch etwas „selber gesucht“, wie man in Italien sagt. Andererseits versucht die Rechtsregierung seit ihrem Amtsantritt, in der Familienpolitik tatsächlich eine konservative und mitunter auch reaktionäre Agenda durchzusetzen. So dürfen nun zum Beispiel gleichgeschlechtliche Paare sich nicht mehr beide als Eltern ihres Kindes registrieren, sondern nur noch die leibliche Mutter oder der Samenspender. Unzählige Bürgermeister in ganz Italien hatten die gemeinsame Registrierung zuvor unbürokratisch ermöglicht.

Die Leihmutterschaft wird von der Regierung derzeit geradezu zu einem Kulturkampf stilisiert, obwohl jährlich nur wenige Hundert kinderlose und überwiegend heterosexuelle Paare auf diese Möglichkeit zurückgreifen. Leihmutterschaften sollen nach dem Willen der Regierung in Italien künftig auch dann bestraft werden können, wenn sie im Ausland durchgeführt werden. Zu diesem Zweck soll die „Uterus-Vermietung“, wie die Rechtskoalition die Leihmutterschaften nennt, zum „universalen Delikt“ erklärt werden, das künftig mit Bußen zwischen 600.000 und einer Million Euro und mit Gefängnisstrafen zwischen zwei Monaten und drei Jahren sanktioniert werden kann.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Bürgermeister zeigt sich solidarisch

Roms sozialdemokratischer Bürgermeister Roberto Gualtieri erklärte auf den Entzug der Unterstützung für den „Roma Pride“, dass die Stadt mit der Parade weiterhin solidarisch sei. Die Veranstaltung sei „wichtig für die LGBT-Gemeinschaft und alle Bürgerinnen und Bürger, die gegen Diskriminierung kämpfen“. Gualtieri will auch persönlich an der Parade teilnehmen. Dasselbe hat auch Oppositionschefin Elly Schlein angekündigt. „Wir werden alle auf der Piazza sein“, erklärte die neue PD-Sekretärin.

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken