Ampel will Racial Profiling unterbinden – Pläne gehen Antidiskriminierungsbeauftragter nicht weit genug
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Die Ampelkoalition will das Bundespolizeigesetz ändern und diskriminierende Kontrollen unterbinden.
© Quelle: Paul Zinken/dpa
Berlin. Seit 1994 wurde das Bundespolizeigesetz kaum geändert – die Anforderungen an die Polizei haben sich seither aber stark verändert. Die Fachpolitiker von SPD-, Grünen- und FDP-Fraktion haben sich nun auf eine Änderung geeinigt – und wollen auch das sogenannte Racial Profiling effektiver unterbinden. Racial Profiling bedeutet, dass Menschen insbesondere aufgrund ihrer Hautfarbe oder anderer ethnischer Merkmale von der Polizei kontrolliert werden.
Das Grundgesetz verbietet solche Diskriminierung, trotzdem gibt es in Deutschland immer wieder Klagen von nicht weißen Menschen gegen die Polizei. Denn die Bundespolizei darf an Flughäfen, Bahnhöfen und in der Bahn auch ohne Anlass Menschen kontrollieren, um unerlaubte Einreisen nach Deutschland zu verhindern.
„Personenkontrollen nach rassistischen Mustern sind leider für viele Menschen in Deutschland Alltag. Sie sind zwar verboten, müssen aber endlich Konsequenzen haben“, sagte die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Hendrik Cremer, der am Deutschen Institut für Menschenrechte zu Racial Profiling forscht, kritisierte im Gespräch mit dem RND ebenfalls die geltende Gesetzeslage: „Die Ermächtigung müsste rückgängig gemacht werden. So wie sie ausgestaltet ist, ist es klar, dass Polizisten nach äußeren Merkmalen gehen, weil es sonst wenig andere Anhaltspunkte gibt.“
„Wird vermutlich weiter zu Racial Profiling kommen“
Die Pläne der Ampel sehen aber weiterhin anlasslose Kontrollen vor, „aufgrund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilichen Erfahrungen in Verbindung mit aktuellen Erkenntnissen oder Prognosen“. Cremer findet das zu unkonkret. „Der vorliegende Entwurf greift zu kurz“, sagte auch Ataman. „Ich vermisse eine Klarstellung, dass Kontrollen nicht an das äußere Erscheinungsbild anknüpfen dürfen. Ohne diese Klarstellung bei den Kontrollen wird es vermutlich weiterhin zu Racial Profiling kommen. Wir brauchen hier ganz präzise Regelungen im Gesetz.“
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Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte erklärte: „Dafür, dass Racial Profiling vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob das Äußere als alleiniger Grund für eine Kontrolle dient, sondern ob es eines der tragenden Gründe ist. In der Praxis führt das oft dazu, dass die Polizei sagt, es wurde zum Beispiel nicht nur wegen des Äußeren kontrolliert, sondern auch wegen des Mitführens von Gepäck.“ Nach der Auffassung der Bundesregierung liege dann kein Racial Profiling vor, das sei aber sehr wohl so.
Betroffene sollen Kontrollquittung einfordern
Um Racial Profiling künftig einfacher nachweisen zu können, will die Ampel, dass Polizistinnen und Polizisten der Bundespolizei auf Verlangen der Betroffenen eine Kontrollquittung ausstellen müssen. Darin sollen zum Beispiel Ort, Zeit und Grund der Überprüfung dokumentiert werden. Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, sagte dem RND: „Die Quittungen helfen weiter, weil sich Polizisten künftig genau überlegen müssen, warum sie gerade eine Kontrolle durchführen.“ Das führe wahrscheinlich dazu, dass die Zahl der Kontrollen, die durch Racial Profiling bedingt sind, zurückgehen würden.
Della übte aber auch Kritik an der Ampel: „Die Verantwortung für das Ausstellen der Quittung darf nicht bei den Betroffenen liegen. Vielmehr sollten die Polizeibehörden in der Verantwortung stehen. Solche Kontrollen sind oft keine Situationen in denen die Betroffenen in Augenhöhe mit der Polizei sind und deshalb sich auch nicht in der Lage fühlen, Dinge einzufordern.“ Die Antidiskriminierungsbeauftrage Ataman sagte: „Wir wissen aus der Praxis, dass sich Betroffene oft nicht trauen, nach einer solchen Quittung zu fragen.“ Deshalb halte sie Kontrollquittungen nur dann für sinnvoll, wenn sie verpflichtend wären.