Referendum über Legalisierung abgelehnt: Ernüchterung bei Italiens Hanffreunden

Vergleichsweise „harmlos“ ist nach Einschätzung von Sozialarbeiter Cord Koller der Genuss von Cannabis.

In Italien hat das Verfassungsgericht eine Petition zur Legalisierung von Cannabisanbau abgelehnt.

Rom. 620.000 Personen hatten im vergangenen Herbst die Petition zur Legalisierung des Cannabisanbaus unterzeichnet, und das in nur wenigen Tagen. Erleichtert wurde die Unterschriftensammlung dadurch, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Zustimmung erstmals auch elektronisch ausdrücken konnten.

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Für das Zustandekommen eines Referendums sind in Italien 500.000 Unterschriften erforderlich. Doch obwohl diese Marke locker übertroffen wurde, werden die Italienerinnen und Italiener nun doch nicht über die Legalisierung des Cannabisanbaus abstimmen können: Das Verfassungsgericht hat das Referendum am Mittwochabend für nicht zulässig erklärt.

Eine schludrig geschriebene Petition

Der Grund für den negativen Entscheid lag aber nicht etwa bei der Voreingenommenheit des Richtergremiums gegenüber dem Cannabiskonsum, betonte der neue Präsident des Verfassungsgerichts, der frühere Regierungschef Giuliano Amato.

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Die Petition sei ganz einfach schludrig geschrieben gewesen: „Es wäre nicht nur der Anbau von Cannabispflanzen erlaubt worden, sondern auch der Anbau von Schlafmohn und Kokablättern, die der Herstellung harter Drogen dienen. Damit hätte Italien seine internationalen Verpflichtungen bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität verletzt“, betonte Amato.

Lichtblick für private Mikroplantagen

Salopp könnte man sagen: Die Initiatoren hatten wohl etwas geraucht, bevor sie sich an die Formulierung des Referendumstextes gemacht hatten. Nichtsdestotrotz müssen Italiens Hanffreunde wegen Amatos Entscheid nicht verzagen, denn ihre derzeit noch verbotenen Cannabispflänzchen auf dem Balkon oder im Hintergarten dürften schon relativ bald auch ohne Referendum legal werden, wenn auch nur in kleinem Umfang: Die Justizkommission der Abgeordnetenkammer hat im vergangenen September grünes Licht gegeben für ein neues Gesetz, das den Anbau von maximal vier Hanfpflanzen zum Eigenkonsum erlauben soll. Gleichzeitig sollen die Strafen für den Handel mit leichten Drogen deutlich gesenkt werden.

Den privaten Mikroplantagen den Weg geebnet hatte der Kassationshof in Rom: Kurz vor Weihnachten 2019 hatte das höchste Gericht das für Italien bahnbrechende Urteil gefällt, wonach der Anbau von „minimalen Cannabismengen“ für den Gebrauch einer einzelnen Person erlaubt sein müsse, sofern der Hanf „mit rudimentären Mitteln hergestellt“ werde.

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Damit war die Politik in Zugzwang geraten, die derzeit äußerst strenge Gesetzeslage anzupassen und insbesondere zu definieren, was genau unter „minimalen Cannabismengen“ zu verstehen sei. Der Kassationshof hatte sein Urteil gefällt, nachdem der Besitzer zweier Marihuanapflanzen gegen seine Verurteilung Beschwerde eingelegt hatte. Von der Legalisierung des Cannabisanbaus versprechen sich die Initiatoren eine Schwächung der Mafia, die auch den größten Teil des Handels mit leichten Drogen beherrscht.

Nur Dänemark hat höheren Pro-Kopf-Konsum

Geltend gemacht werden auch segensreiche medizinische Eigenschaften von Cannabis, besonders bei der Schmerztherapie. Außerdem, betonen die Befürworter der Legalisierung, habe die bisherige harte Gesetzeslage kaum jemanden davon abgehalten, eine „canna“ (Joint) zu rauchen. Die Kifferdichte in Italien ist in der Tat eine der höchsten Europas: Beim Pro-Kopf-Konsum von Cannabis liegt das Land laut den Zahlen der EU-Drogenaufsichtsbehörde an zweiter Stelle hinter Dänemark.

Das italienische Verfassungsgericht hat sich außerdem mit weiteren Volksbegehren befasst. Für unzulässig erklärt wurde auch ein Referendum, das die Sterbehilfe legalisieren wollte. Auch hier scheiterte die Vorlage laut Gerichtspräsident Amato nicht aus grundsätzlichen Gründen, sondern wegen einer unklaren Formulierung: Es ging aus dem Text nicht hervor, ob die Legalisierung von Tötung auf Verlangen, Beihilfe zum Suizid oder von Euthanasie gefordert wurde. Gut geheißen wurden vom Verfassungsgericht dagegen fünf von sechs Referenden, die eine grundlegende Neuorganisation der Justiz anstreben.

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