Rückzug: Innenminister Grote kippt Maulkorb-Erlass
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Schleswig-Holsteins CDU-Innenminister Hans-Joachim Grote hat jetzt doch nachgebessert: Die Kronzeugen im Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre dürfen nahezu unbeschränkt aussagen.
© Quelle: Carsten Rehder/dpa
Kiel.Kiels CDU-Innenminister Hans-Joachim Grote und die Polizeiabteilung seines Innenministeriums geben klein bei: Die beiden Kronzeugen in der Rocker- und Polizeiaffäre, zwei Polizisten und Ex-Ermittler des Landeskriminalamts, dürfen jetzt doch nahezu unbeschränkt im Untersuchungsausschuss des Landtags (PUA) zu den Verfehlungen im LKA und an der Spitze der Landespolizei aussagen. Die entsprechend geänderten Genehmigungen legte Grote den Obleuten der Fraktionen am Mittwoch Mittag in einer Sondersitzung vor.
Ein gefälschter Vermerk, Mobbing: Das LKA steht im Kreuzfeuer der Kritik
Die beiden Ermittler werfen ihren früheren Vorgesetzten vor, nach einer Messerstecherei zwischen Rockergruppen 2010 in einem Schnellimbiss in Neumünster (das sogenannte Subway-Verfahren) die Aussage eines Informanten aus der Rockerszene zur Entlastung von Verdächtigen nicht in die Akte aufgenommen zu haben. So sollte jener Informant offenbar geschützt werden. Eine Rechtsgrundlage habe es dafür aber nicht gegeben. Als die beiden weiter nachbohrten, habe ein V-Mann-Führer schließlich sogar einen Vermerk gefälscht. Auch der Staatsanwalt soll darüber informiert gewesen sein. Dennoch wurde die gefälschte Ermittlungsakte dem Gericht vorgelegt. Die beiden kritischen Ermittler wurden von ihren Posten weggemobbt.
Grote hatte vergangene Woche erstmals eingeräumt, dass sich mittlerweile alle einig seien, dass es im LKA tatsächlich zu Aktenmanipulation und Mobbing gekommen sei. Dennoch hatte er den beiden Polizisten kurz zuvor nur eine derart eingeschränkte Aussagegenehmigung erteilt, dass sie selbst in nichtöffentlicher Sitzung zu keinem der PUA-Untersuchungsfelder hätten aussagen dürfen – und das auf Anraten seiner Polizeiabteilung.
Auch die Jamaika-Fraktionen empörten sich über den Maulkorb-Erlass
Nach massivem öffentlichen Druck, auch aus den eigenen Jamaika-Fraktionen von CDU, Grünen und FDP, und der Drohung der SPD, vors Verfassungsgericht zu ziehen, knickte Grote ein. In den nichtöffentlichen Sitzungen des PUA dürfen die beiden Beamten jetzt nur keine Namen von V-Leuten und Informanten aufdecken. Ansonsten sind alle Aussagen freigegeben. In den öffentlichen Sitzungen dürfen dazu noch keine Angaben zu Polizeitaktiken gemacht werden, ausgenommen im Zusammenhang mit dem Subway-Verfahren.
Man habe eine gute Einigung gefunden, sagte Grote beim Verlassen des Sitzungssaals. Er habe ja von Anfang an betont, dass man größtmögliche Transparenz herstellen wolle. „Ich bin guten Mutes, dass wir auf dieser Basis weiterarbeiten können“, sagte auch der SPD-Obmann im PUA, Kai Dolgner. Grünen-Obman Burkhard Peters ist sicher, dass man mit dem Ergebnis nun „weiter arbeiten“ könne. Im Gegensatz zur Polizeigewerkschaft GdP lobte auch die Konkurrenz von der DPolG ausdrücklich Grotes Kurswechsel. Nur durch eine umfängliche Aussagemöglichkeit sei eine transparente und vollständige Aufklärung der in Rede stehenden Vorwürfe möglich, sagt DPolG-Landesvizechef Thomas Nommensen.
Tatsächlich hatte der Streit um die Aussagegenehmigungen die Arbeit des Untersuchungsausschusses aufgehalten. Eigentlich hatte der erste der beiden Kronzeugen am 3. Dezember vor dem PUA aussagen sollen. Jetzt soll seine Anhörung am 28. Januar stattfinden. Wegen der Brisanz des Vorgangs stehen die beiden Ex-LKA-Ermittler seit Kurzem unter Polizeischutz.
Wolfram Hammer