Warum sich Kanzler Scholz auf die Reise nach Japan gefreut hat
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6JBKC7IQUJDSLCVCPXCFH4IJOY.jpeg)
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), und Britta Ernst, Ehefrau von Bundeskanzler Scholz, kommen am Flughafen von Hiroshima an.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Hiroshima. Olaf Scholz hat sich auf diese Reise gefreut, schon länger, wie es heißt. Trotz der ernsten Themen, trotz der vielen Flugstunden und trotz der anstrengenden Woche, die für den Bundeskanzler mit seiner Teilnahme beim Gipfeltreffen des Europarates in der isländischen Hauptstadt Reykjavik begonnen hatte.
Der Grund für die Freude des Kanzlers, der ja nur selten öffentlich Emotionen zeigt, ist seine Reisebegleiterin. Scholz unternimmt die viertägige Reise zum G7-Gipfel im japanischen Hiroshima und zur anschließenden Staatsvisite in die südkoreanische Hauptstadt Seoul zusammen mit seiner Ehefrau Britta Ernst. Es ist die erste gemeinsame Auslandsdienstreise der beiden Eheleute, die im Herbst ihre silberne Hochzeit feiern.
Bundeskanzler Scholz erwartet G7-Einigkeit bei Sanktionen gegen Russland
Scholz hat sich zuversichtlich gezeigt, dass die G7-Staatengruppe bei ihrem Gipfel in Japan eine gemeinsame Linie bei den Sanktionen gegen Russland finden wird.
© Quelle: dpa
Für Momente trauter Zweisamkeit dürfte allerdings wenig Raum sein – zu voll ist das Programm, und zu vieles gibt es bei dem Treffen der größten demokratischen Industrienationen zu besprechen, zu denen neben Japan und Deutschland auch die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada gehören. Die Themen sind die gleichen wie beim G7-Gipfel auf dem bayerischen Schloss Elmau, als Scholz und Ernst noch die Roller der Gastgeber innehatten: China, Klima, die Zusammenarbeit des Westens mit den Staaten des globalen Südens und natürlich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Hinzu kommt – passend zum Gipfelort – eine Initiative zur nuklearen Abrüstung.
Hiroshima, die erste mit einer Atombombe angegriffene und weitgehend zerstörte Stadt der Welt, habe eine „nicht nur symbolische Bedeutung“, sagt Scholz unmittelbar nach seiner Ankunft am Donnerstag. „Hiroshima ist ein Mahnmal, dass wir eine Verantwortung haben für Frieden und Sicherheit in der Welt“, so der Bundeskanzler. Derzeit sei der vor allem durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bedroht, weshalb man nun weitere humanitäre, ökonomische und auch militärische Unterstützung für den Abwehrkampf der Ukrainerinnen und Ukrainer organisieren müsse.
Keine Diamanten für Belgien mehr?
Auch um Sanktionen gegen den russischen Aggressor soll es gehen, und zwar sowohl um neue Handelsbeschränkungen als auch darum, die Wirksamkeit des bestehenden Regelwerks zu verbessern. Man werde das Sanktionsregime weiterentwickeln müssen, um Umgehungen zu vermeiden, sagt Scholz. Darüber, wie das konkret funktionieren soll, sind sich die EU-Staaten und die USA nicht immer einig.
Die US-Regierung will nicht mehr nur einzelne Warengruppen sanktionieren, sondern fordert ein generelles Exportverbot für Waren aus den G7-Staaten nach Russland, von dem man dann einzelne Waren ausnehmen könne. Aus der bisherigen Negativliste würde dadurch eine Positivliste, was Russland die Suche nach Schlupflöchern erschweren soll. In europäischen Hauptstädten sieht man die Idee hingegen skeptisch und warnt vor möglichen Nebenwirkungen.
Streit gab es im Vorfeld des Gipfels auch um das Thema Diamanten. Russland ist ein wichtiger Exporteur von Edelsteinen und darf diese bislang ohne Beschränkungen in die EU ausführen. Die USA würde diese Devisenquelle des Kremls gern trockenlegen, wogegen sich Europa und vor allem Belgien, das Zentrum des internationalen Diamantenhandels, sperrten. Laut Informationen der deutschen Presseagentur aus Diplomatenkreisen werden sich die G7-Staaten am Ende in einer Erklärung für eine Beschränkung aussprechen.
Scholz verbreitet am Vorabend des Gipfels Optimismus. „Das wird gut und pragmatisch gelöst werden können“, sagt er mit Blick auf die Sanktionsfragen.
Der Kanzler und sein Lieblingsprojekt
Auch beim Thema China verfolgen die USA und die Europäer einen anderen Ansatz. Washington träumt von einer engen Anti-China-Koalition, in Paris und Berlin verfolgt man einen eigenen, europäischen Ansatz. Grundsätzlich aber sind sowohl die USA als auch die Europäer ökonomisch stark mit dem Reich der Mitte verflochten, weshalb beide Partner wissen, dass sie ihre Abhängigkeit verringern müssen.
Bei den Beziehungen zwischen dem Westen und den Staaten des globalen Südens will Scholz an den Elmau-Gipfel anknüpfen, wo aus seiner Sicht wichtige Grundlagen für ein Miteinander auf Augenhöhe gelegt worden sind. Der Dialog mit Partnerländern wie Indien, Brasilien oder Indonesien soll deshalb eine große Rolle spielen.
Und dann will der Kanzler noch sein Lieblingsprojekt, den von ihm selbst initiierten globalen Klimaclub vorantreiben, der die Wirtschaft jener Staaten, die bei der Dekarbonisierung voranschreiten, vor klimaschädlicher Konkurrenz aus dem Ausland schützen soll. Er habe sich vorgenommen, Bilanz zu ziehen und für weitere Unterstützung zu werben, kündigt der Bundeskanzler an.