Söder dringt auf „grundlegende Überarbeitung“ des Bürgergeldes - Kühnert verteidigt Pläne
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Unions- und Regierungsparteien streiten weiter über das geplante Bürgergeld. CSU-Chef Markus Söder sieht eine Gerechtigkeitslücke.
© Quelle: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Düsseldorf, Frankfurt a.M. Unions- und Regierungsparteien streiten weiter über das geplante Bürgergeld. CSU-Chef Markus Söder sieht eine Gerechtigkeitslücke, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert weist diese Sicht zurück. Andere Politikerinnen und Politiker beider Seiten geben sich jedoch kompromissbereit.
CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte die Debatte ausgelöst. Dem „Tagesspiegel“ (Sonntag), sagte er, falls die Ampel-Koalition nicht zu weitreichenden Zugeständnissen bereit sei, wolle die Union das Gesetz in seiner bisherigen Form im Bundesrat blockieren. Der bayerische Ministerpräsident Söder bekräftigte die Kritik an den Bürgergeld-Plänen der Ampel-Koalition am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Dieses Bürgergeld geht einfach in die falsche Richtung“, sagte er und forderte eine „grundlegende Überarbeitung“.
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Er erwarte durch das Bürgergeld soziale Verwerfungen bei Menschen in unteren Einkommensgruppen, warnte Söder. Es sei ungerecht, dass zum Beispiel Kassiererinnen, Busfahrer, Polizistinnen und Friseure in Berlin oder München am Ende weniger Geld zur Verfügung hätten, wenn sie arbeiten, als wenn sie nicht arbeiten. Er kritisierte auch das vorgesehene hohe Schonvermögen.
Kühnert verteidigt Bürgergeld-Pläne gegen Kritik der Union
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat die Pläne der Ampel-Koalition zum Bürgergeld gegen Kritik aus der Union verteidigt. „Die Bürgergeldreform ist eine, die in sich ausgewogen ist, die eine Mixtur aus verschiedenen Maßnahmen und Instrumenten beinhaltet und deswegen sollte sie auch gemeinsam eingeführt und auch sofort in die Praxis implementiert werden“, sagte Kühnert am Montag im Deutschlandfunk.
Er sei „sehr irritiert“ über Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz und anderer Unionspolitiker zu Detailregelungen des Bürgergelds. Kühnert führte etwa die Kritik an der Höhe des sogenannten Schonvermögens an. Damit sind Vermögenswerte einer Person oder eines Haushalts gemeint, die vom Bürgergeldbezug unberührt bleiben.
Vermögenswerte einer Einzelperson bis zu 60.000 Euro zu schützen, sei kein Plan der Ampel, „sondern das ist die geltende Lage auch im aktuellen Hartz-IV-Bezug“, sagte der SPD-Generalsekretär. „Und diese Regeln sind eingeführt worden zu Zeiten der Großen Koalition (...) und zwar zu Beginn der Corona-Pandemie 2020.“ Die SPD stehe weiter zu dieser Regel. Es sei ungerecht, dass Leute, die sich etwas aufgebaut hätten, „alle Substanz aufbrauchen müssen“.
Bürgergeld soll ab 1. Januar 2023 Hartz-IV-Leistungen ablösen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warnte die Union in der RTL-Sendung „Frühstart“ am Montag davor, sich „auf Kosten des Landes zu profilieren“. Er könne die Drohung mit einer Blockade nicht nachvollziehen, sagte er, signalisierte aber Gesprächsbereitschaft über Details und Sachfragen.
SPD-Chefin Saskia Esken sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag): „Wenn die unionsgeführten Bundesländer beim Bürgergeld Detailfragen klären wollen, sind wir dazu bereit.“ Nicht verhandelbar sei allerdings, dass es bei der Einführung des Bürgergelds zur Überwindung von Hartz IV „in erster Linie um Respekt“ gehe. Über einen Ausgleich der Inflation hinaus müssten Wege zur nachhaltigen Überwindung der Notlage von Menschen eröffnet werden.
Unions-Fraktionsvize Gröhe sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ : „Ein Vermittlungsverfahren zum Bürgergeld macht Sinn, wenn sich die Ampel bereiterklärt, die tiefgreifenden Webfehler ihres Vorhabens zu korrigieren.“ Man unterstütze „einen Inflationsausgleich ausdrücklich“. Und die Union setze sich dafür ein, dass die Erhöhung zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt. „Dafür gibt es Mittel und Wege auch außerhalb des Bürgergeld-Gesetzes“, sagte der CDU-Politiker.
Das Bundesarbeitsministerium wollte den Streit mit Verweis auf das parlamentarische Verfahren am Montag nicht kommentieren. Die Entscheidungen müssten dort getroffen werden, sagte ein Sprecher von Minister Hubertus Heil (SPD) in Berlin. Auch zu Überlegungen, als Plan B eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze auf den Weg zu bringen, sollte das Bürgergeld zum Jahresanfang nicht in Kraft treten können, äußerte er sich nicht.
Das Bürgergeld soll vom 1. Januar 2023 an die Hartz-IV-Leistungen ablösen. Die Ampelparteien wollen höhere Regelsätze, weniger Sanktionen als bisher und deutlich höhere Schonvermögen. In den ersten beiden Jahren des Bezugs sollen Wohnung und Erspartes so besser geschützt sein als im Hartz-IV-System.
Für den 10. November ist die zweite und dritte Lesung des Gesetzes im Bundestag angesetzt. Danach wird es an den Bundesrat weitergegeben. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat ist in der Länderkammer die Zustimmung unionsgeführter Bundesländer erforderlich, damit das Bürgergeld wie geplant zum 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten kann.
RND/epd/dpa