Stichwahl in der Türkei: Abgeordnete von SPD und CDU rechnen mit Erdogan-Sieg
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Serap Güler bei einer Pressekonferenz.
© Quelle: picture alliance/dpa
Ankara/Berlin. Bundestagsabgeordnete von SPD und CDU rechnen mit einer Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der Stichwahl am Sonntag und befürchten eine Verschlechterung des bilateralen Verhältnisses. Es sehe danach aus, „dass Erdogans Taktik, seine Gegner zu diffamieren, am Ende Früchte trägt und er die Wahl gewinnen wird“, sagte der SPD-Abgeordnete Macit Karaahmetoglu dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Karaahmetoglu ist Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft. Auch die CDU-Abgeordnete Serap Güler sagte dem RND: „Ich gehe davon aus, dass Erdogan die Stichwahl für sich entscheiden wird.“
Erdogan regiert die Türkei inzwischen seit mehr als 20 Jahren, zunächst als Ministerpräsident, seit 2014 als Präsident. Sein Regierungsstil ist zunehmend autoritär. Oppositionskandidat und CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu hat angekündigt, den Nato-Partner Türkei wieder an Europa anzunähern. Erdogan setzt in seiner Politik auf antiwestliche Ressentiments und sucht die Nähe zu Russland. Diesen Kurs dürfte er bei einer weiteren Amtszeit fortsetzen oder sogar noch verschärfen. Das hätte vermutlich Konsequenzen auch im schwierigen Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland. Erdogan hat die Spannungen mit Berlin in den vergangenen Jahren immer wieder angeheizt, wenn ihm das innenpolitisch opportun erschien.
„Was wir brauchen, ist eine Strategie, wie wir die Türkei wieder stärker an den Westen rücken“
Sowohl Karaahmetoglu als auch Güler sehen dennoch auch bei einer Wiederwahl Erdogans keine Alternative zu einer Zusammenarbeit mit der Türkei. „Man müsste sich zunächst einmal anschauen, ob Erdogan – wie nach jeder gewonnenen Wahl – noch radikaler und autokratischer in seinem Handeln wird“, sagte Karaahmetoglu. „Sollte dies der Fall sein, würden die türkisch-deutschen und türkisch-europäischen Beziehungen ganz sicher nicht besser werden.“ Auch unter Erdogan werde Deutschland die Türkei als wichtige geostrategische Akteurin der Region aber nicht ignorieren oder isolieren können. „Deutschland wird sich weiter mit der Führung des Landes – so schwierig diese auch in ihrem Handeln sein mag – arrangieren müssen.“
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Der SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoglu.
© Quelle: Phototek/Macit Karaahmetoglu
Güler sagte: „Wir dürfen die Türkei nicht verprellen. Auch mit Erdogan nicht.“ Die Beziehung zwischen beiden Ländern würde im Fall seiner Wiederwahl nicht einfacher werden. „Sie ist aber wichtig, aus wirtschafts- und sicherheitspolititischen Gründen genauso wie aufgrund der Tatsache, dass viele Türkeistämmige bei uns leben. Was wir brauchen, ist eine Strategie, wie wir die Türkei wieder stärker an den Westen rücken. Und genauso wichtig: Welche Türkei-Strategie haben wir nach Erdogan? Darüber reden wir viel zu wenig.“ Nach der türkischen Verfassung darf Erdogan bei dieser Wahl zum letzten Mal für eine fünfjährige Amtszeit als Präsident antreten.