„Für die Verteidigung unserer Interessen“: Selenskyj soll zum G7-Gipfel nach Japan reisen
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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, fliegt vom Berliner Kanzleramt in einem Hubschrauber der Bundespolizei ab. (Archivbild) Medienberichten zufolge könnte er überraschend zum G7-Gipfel nach Japan reisen.
© Quelle: Christophe Gateau/dpa
Hiroshima. Zu einer möglichen Reise des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum G7-Gipfel in Hiroshima gibt es aus Kiew widersprüchliche Angaben. Der nationale Sicherheitsrat des Landes teilte am Freitag mit, Selenskyj nehme an dem Treffen der G7-Staaten online teil.
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Zuvor hatte der Sekretär des Sicherheitsrats, Olexij Danilow, im ukrainischen Fernsehen mit Blick auf den G7-Gipfel noch gesagt: „Dort werden sehr wichtige Dinge entschieden, daher ist eben die physische Anwesenheit unseres Präsidenten absolut wichtig dafür, um eben unsere Interessen zu vertreten.“
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© Quelle: dpa
Auch Besuch bei Gipfel der Arabischen Liga in Dschidda möglich
Es gab in Hiroshima Hinweise, dass es sich bei der schriftlichen Erklärung des Sicherheitsrats um ein Ablenkungsmanöver handeln könnte. Aus Diplomatenkreisen wurde bekannt, dass Selenskyj am Freitag nicht wie ursprünglich geplant per Video zugeschaltet wurde, als die G7-Staaten sich in einer Arbeitssitzung mit dem Ukraine-Krieg befassten. Der G7-Gipfel hatte am Freitag begonnen und dauert bis Sonntag.
Zudem hatte der saudi-arabische König Salman den ukrainischen Präsidenten arabischen Diplomaten zufolge für diesen Freitag zum Gipfel der Arabischen Liga eingeladen. Eine Bestätigung für eine Reise nach Dschidda gab es bislang aber nicht. Denkbar wäre in diesem Fall, dass Selenskyj von dort weiter nach Japan fliegt.
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Zuvor hatten mehrere US-Medien, darunter die „New York Times“, am Freitag unter Berufung auf nicht näher genannte offizielle Quellen berichtet, Selenskyj werde an diesem Wochenende in Person bei den Beratungen der sieben führenden demokratischen Industrienationen in Hiroshima erwartet.
Bereits am Freitag nimmt Selenskyj per Video teil
„Denn, wenn du dich dort irgendwo weit weg befindest, dort auf der anderen Seite des Ozeans, dann fühlen und begreifen sie nicht immer, was in den Weiten unseres Landes passiert“, hatte Sicherheitsratssekretär Danilow gesagt. Die „Financial Times“ schrieb, Selenskyj werde am Sonntag persönlich an den G7-Beratungen teilnehmen. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht.
Selenskyjs Reise nach Japan wäre die bisher weiteste seit Beginn des Krieges. Selenskyj werde in jeden Teil der Welt reisen, an dem er für die Sicherheit seines Landes gebraucht werde, sagte Danilow. In Hiroshima würden sehr wichtige Angelegenheiten entschieden. „Daher ist die physische Präsenz von entscheidender Bedeutung für die Verteidigung unserer Interessen“, sagte Danilow.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine gehört zu den Hauptthemen des Treffens in Hiroshima. Der G7-Gruppe gehören die USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada an, sowie zusätzlich Vertreter der Europäischen Union.
Reisen bedeuten für Selenskyj ein enormes Risiko
Selenskyj war in den vergangenen Tagen bereits durch mehrere G7-Staaten gereist und hatte bei Besuchen in Rom, Berlin, Paris und London um weitere Unterstützung der Partner geworben.
Reisen des ukrainischen Präsidenten sind angesichts des Krieges mit einem hohen Risiko und enormem Sicherheitsaufwand verbunden, ebenso mit einer genauen Abwägung, ob das Kriegsgeschehen eine Abwesenheit Selenskyjs zulässt. Das gilt einmal mehr für eine lange Reise um die halbe Welt, wie nach Japan. Seinem Erscheinen bei dem G7-Gipfel käme daher besondere Bedeutung zu.
Selenskyj braucht unter anderem Unterstützung für Kampfjet-Koalition
Selenskyj dürfte dort versuchen, sich weitere Unterstützung für sein Land zu sichern. Die westlichen Partner unterstützen die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland im großen Stil mit Waffen und Munition. Kiew hat weitere Forderungen und bittet unter anderem um Kampfjets westlicher Bauart, allen voran um Flugzeuge vom Typ F-16 aus amerikanischer Produktion. Die USA haben sich dem bislang in den Weg gestellt. Druck aus mehreren europäischen Staaten hatte zuletzt aber neue Bewegung in die Diskussion gebracht.
Der Westen hat seit Kriegsbeginn auch beispiellose Sanktionen gegen Russland verhängt, um das Land wirtschaftlich unter Druck zu setzen und Moskau von Einnahmequellen zur Finanzierung des Krieges abzuschneiden. Dazu gehören etwa weitreichende Handelsbeschränkungen. Beim G7-Gipfel in Hiroshima wurden diverse neue Strafmaßnahmen angekündigt.
RND/dpa/AP