Wirecard-Obleute greifen Scholz an: Finanzministerium blockiert Aufklärung
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HGUAXTJIVFDNDLFNONQXSTIZBA.jpeg)
Die Obleute des Untersuchungsausschusses werfen Scholz, dem Finanzministerium und dem Auswärtigen Amt Blockade und mangelnde Transparenz bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals vor.
© Quelle: Peter Kneffel/dpa
Berlin. Die vollständige Aufarbeitung des größten Betrugsskandals seit Kriegsende droht kurz vor ihrem Ende offenbar zu scheitern. Der Wirecard-Untersuchungsausschuss kann seinen Abschlussbericht nicht wie geplant mit allen Anhängen veröffentlichen. „Das Finanzministerium und das Auswärtige Amt haben allen Anlagen widersprochen, die wir dem Wirecard-Abschlussbericht anfügen wollten“, kritisiert Unionsobmann Matthias Hauer gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Grünen-Obfrau Lisa Paus bezeichnet die Blockade als „ein Unding“ und verweist darauf, dass sich alle Fraktionen, inklusive SPD und Union, auf eine Veröffentlichung verständigt hatten. „Die Regierung stellt sich damit gegen den Willen des Parlaments“, sagt Paus dem RND.
Mehr als 100 Anhänge möchten die Mitglieder des Wirecard-Untersuchungsausschusses ihrem Abschlussbericht als Beweismaterial anhängen. Die meisten davon betreffen das Bundesfinanzministerium und das Auswärtige Amt und wurden von den beiden Behörden nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Dies geht aus der Liste aller Anhänge hervor, die dem RND vorliegt. Unionsobmann Hauer kritisiert, das Finanzministerium und das Auswärtige Amt seien die einzigen Behörden, die pauschal alle Anhänge abgelehnt haben. „Ich habe den Eindruck, dass die Anlagen gar nicht geprüft wurden. Eine solche Blockade bei der Aufklärung habe ich noch nie erlebt.“
Blockaden bei Ministerien behindern Wirecard-Aufklärung
Bei den blockierten Anlagen handelt es sich zum Beispiel um E-Mails zu Treffen zwischen dem deutschen Botschafter in Peking und Mitarbeitern von Wirecard und mehreren Schreiben zwischen der Bankenaufsicht Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) und dem Finanzministerium. Aber auch die Veröffentlichung frei zugänglicher Medienberichte im Anhang gestattet das Finanzministerium nicht. „Es ist das genau Gegenteil von dem, was Olaf Scholz angekündigt hat, nämlich vollständige Transparenz und Kooperation bei der Aufklärung“, werfen die Grünen Finanzminister Scholz vor. Die Informationspolitik des Ministers sei zu einem eigenen Skandal im Skandal geworden.
Das Auswärtige Amt und das Finanzministerium rechtfertigen sich, man habe Zitate freigegeben, aber den vollständigen Dokumenten „nach gründlicher Überprüfung der Einstufung keine Freigabe erteilt“. Dieses Vorgehen sei unter den Ressorts abgestimmt.
Der Wirecard-Abschlussbericht ist brisant und wirft der Bafin als zuständiger Behörde vor, bei der Bilanzkontrolle sowie der Geldwäsche- und Finanzaufsicht versagt zu haben. Scholz als Finanzminister habe seine Rechts- und Fachaufsicht über die Bafin nicht ausgeübt und bereits im Untersuchungsausschuss „nicht nachvollziehbare Erinnerungslücken“ gehabt, so der CDU-Abgeordnete Hauer. „Mit der Blockade bleibt Scholz seiner Linie von möglichst wenig Transparenz treu und verhindert die Aufklärung in seinem Wirecard-Skandal weiter.“
Scholz versprach maximale Transparenz
In der Vergangenheit hatte Scholz immer wieder „maximale Transparenz“ angekündigt und zugesichert, er werde „nichts verbergen“, sondern „aktiv an der Spitze der Aufklärung stehen“. Für Linken-Obmann Fabio De Masi klingt das heute wie „heiße Luft“. Er kritisiert: „Wenn es konkret wird, sollen Akten geheim bleiben, die das krasse Versagen von Finanzministerium, Finanzaufsicht sowie Außenministerium dokumentieren.“
Bereits Ende August wurden Finanzministerium und Auswärtiges Amt vom Untersuchungsausschuss aufgefordert, ihre Blockade aufzuheben. Bisher habe es aber keine Reaktion gegeben, sagte CDU-Politiker Hauer. Sollten die Dokumente am Ende nicht veröffentlicht werden, sei dies „besonders bitter für die vielen Tausend geschädigten Kleinanleger und Kleinanlegerinnen“, erklärt Grünen-Obfrau Paus. Denn die Klägerinnen und Kläger können die Unterlagen und Beweismittel dann nicht für die laufenden Gerichtsprozesse nutzen.