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Zum Abschied wird Angela Merkel wieder zur Ostdeutschen

Halle (Saale): Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedankt sich beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in der Händel-Halle nach ihrer Rede beim Publikum.

Halle (Saale): Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedankt sich beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in der Händel-Halle nach ihrer Rede beim Publikum.

Halle (Saale). In Ostdeutschland hat Angela Merkel ihre heftigsten Angriffe und ihre schärfste Kritik ertragen müssen. Bei ihrem Wahlkampfbesuch in Stralsund schallten noch einmal die „Merkel muss weg“-Rufe über den Platz, die sie vor vier Jahren im ganzen Osten verfolgten. Die Bundeskanzlerin hat das nie persönlich genommen – und sie ließ auch nur zu ganz ausgewählten Terminen ihre persönliche Sicht als gelernte Ostdeutsche aufblitzen.

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Ihre Festrede zum Tag der deutschen Einheit in Halle (Saale) war gleichzeitig ein Abschied und eine Premiere. Es war ihr wahrscheinlich letzter großer Auftritt als Kanzlerin. Und es war in 16 Jahren das erste Mal, dass Merkel in einer Festrede persönlich, konkret und kritisch wurde.

Sie arbeitete sich in ihrer Rede an der öffentlichen Wahrnehmung von ihr als ostdeutsche Kanzlerin ab, der ihre 35-jährige DDR-Biografie als „Ballast“ angedichtet wurde, in der sie zur „angelernten Bundesdeutschen und Europäerin“ gemacht wurde. Habe ihr Leben vor 1990 etwa nicht gezählt, hätte sie es abwerfen sollen, um höher fliegen zu können? Und gibt es zwei Sorten von Bundesdeutschen, die echten und die angelernten und deshalb nur geduldeten?

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Ihr Land, sagt Merkel, sei eines, in dem „alle miteinander immer neu lernen“, das Umbrüche und Neuanfänge belohne. Und natürlich wolle sie sich nicht beschweren über die „Ballast“-Aussage, schließlich sei ihr „so viel Glück beschieden“ worden.

Die seltene Verletzlichkeit der Kanzlerin

Das klingt wieder eher harmlos, aber eine harmlose Festrede wollte Merkel nicht halten. Während draußen ein Häuflein Rechtsextreme aufmarschiert und Linke sich ihnen in den Weg stellen, spricht die scheidende Kanzlerin von „verbaler Verrohung und Radikalisierung“, die nur allzu schnell in Taten mündet.

Sie hält eine Rede von Mut und Zusammenhalt, davon, dass längst nicht alles gut ist in diesem Deutschland. Sie spricht von sich selbst, ohne sich wichtig zu machen. Und sie hätte in den vergangenen 16 Jahren gerne mehr Reden von dieser Klarheit und Verletzlichkeit halten können.

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