500 Jahre nach erster Weltumsegelung: der vergessene Abenteurer
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Offiziersanwärter stehen auf dem Deck des Ausbildungsschiffs Juan Sebastian de Elcano vor der Abfahrt zur Ausbildungsfahrt 94. Vor 500 Jahren wurde die erste Weltumsegelung vollendet.
© Quelle: Nacho Frade/EUROPA PRESS/dpa
„Der Vorsehung sei Dank erreichten wir die Bucht von San Lucar, und von den sechzig Männern, die die Besatzung bildeten, als wir die Molukken verließen, waren wir nur achtzehn, und die meisten von ihnen waren krank.“ So beschrieb Antonio Pigafetta, der Chronist der ersten Weltumsegelung vor 500 Jahren, die Ankunft der „Victoria“ am 6. September 1522 im Hafen von Sanlúcar de Barrameda. Sie war der Beweis, dass die Erde tatsächlich rund ist.
Genau dort, an der Mündung des Guadalquivir in den Atlantik, war das Schiff drei Jahre zuvor aufgebrochen. Sein Kapitän, der Spanier Juan Sebastián Elcano, den Pigafetta unerwähnt ließ, schrieb nach der Ankunft einen Brief an seinen König und Kaiser Karl V., in dem er die unfassbare Reise auf einen Satz brachte: „Wir haben das ganze Rund der Welt entdeckt und umrundet, indem wir gen Westen gefahren sind und aus dem Osten zurückkehrten.“
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Am Eingang zur Altstadt zur spanischen Stadt Getaria steht eine Elcano-Statue.
© Quelle: Manuel Meyer/dpa-tmn
Die Idee zur Weltumseglung stammte von Magellan
Das hatte vor ihm, soweit wir wissen, noch niemand sonst vollbracht. Auch er hatte sich das nicht vorgenommen. Er wollte, wie alle anderen, die gleich ihm 1519 in Sanlúcar in See stachen, zu den Gewürzinseln.
Die Idee dazu war dem Portugiesen Ferdinand Magellan gekommen: Wenn die Welt eine Kugel sei – wie die gebildeteren Zeitgenossen damals annahmen –, müsste es möglich sein, die wegen ihrer Gewürze ersehnten Molukken nicht nur auf der bekannten Ostroute, sondern auch auf einer Fahrt immerzu gen Westen zu erreichen.
Zwei Probleme gab es: Im Wege lag das gerade von Kolumbus entdeckte Amerika, und hinter Amerika kam der Pazifik, dessen Weite noch kein Europäer kannte. Der portugiesische König Manuel I. fand, ein solches Abenteuer lohnte sich nicht. Es gebe ja schließlich die Ostroute. Und der Osten gehörte Portugal.
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Eine Frau fotografiert das Padrao dos Descobrimentos (Denkmal der Entdeckungen) im Stadtteil Belem am Ufer des Flusses Tejo. Das Denkmal der Entdeckungen ist den großen portugiesischen Entdeckern, darunter Ferdinand Magellan, gewidmet.
© Quelle: Sabrina Hentschel/dpa
Ein paar Jahre zuvor, 1494, hatten Portugal, das schon eine Großmacht war, und Spanien, das gerade eine wurde, im Vertrag von Tordesillas die Welt untereinander aufgeteilt: den Osten für Portugal, den Westen für Spanien. Die mögliche Kugelform der Erde hatte niemand bedacht.
König Karl wollte sie nun für Spanien nutzbar machen: indem er Magellan Gewürze, wertvoll wie Gold, von den Molukken holen ließ, die ja ebenso ganz im Westen wie ganz im Osten lagen. Die Ironie der Geschichte ist, dass für die Spanier ausgerechnet ein Portugiese in See stach. Als hätten die US-Amerikaner 1969 Juri Gagarin zum Mond geschickt.
Verglichen mit der ersten Weltumsegelung war die Apollo-11-Mission ein All-inclusive-Urlaub, zumal danach alle Teilnehmer wieder heil auf der Erde landeten. Von den 247 Männern, die 1519 in fünf Schiffen zur Molukkenreise aufbrachen, kehrten nur 18 zurück.
Sie hatten an der äußersten Südspitze Amerikas eine Durchfahrt entdeckt – die heutige Magellanstraße. Sie hatten, dem Wahnsinn immer näher kommend, den endlosen Pazifik gequert. Sie hatten mit zweien der ursprünglich fünf Boote die Molukken gefunden, hatten die Boote mit Gewürzen beladen und waren mit dem einen der beiden, der „Victoria“, unter Elcanos Führung weiter Richtung Westen gesegelt. Was so nie geplant gewesen war.
Magellan starb während der Expedition
Aber sie kamen ans Ziel, glorreiche 18 von den 60, die von den Gewürzinsel aufgebrochen waren; die restlichen „desertierten auf der Insel Timor, andere wurden wegen Verbrechen zum Tode verurteilt und wieder andere verhungerten“, erklärte der Chronist Pigafetta.
Auch Magellan starb während der Expedition, bei einem Angriff auf die philippinische Insel Mactan im Jahr 1521. Häuptling Cilapulapu weigerte sich, die Macht des spanischen Königs anzuerkennen und lehnte die christliche Missionierung ab. Magellan befahl den Kampf – und scheiterte. Rund 60 Männer standen etwa 1.500 Insulanern gegenüber. Viele Besatzungsmitglieder - auch Magellan selbst - wurden am 27. April 1521 getötet.
Nicht Magellan, sondern Elcano vollendete die Weltumseglung
Trotzdem gewährte die Menschheit den ganzen Ruhm für diese Heldentat Magellan – worin ein Stück Gerechtigkeit liegt, weil er den Irrsinn gewagt hatte. Aber Ruhm gebührt auch Elcano, weil er zu Ende brachte, was in Magellans Reise zwar als Möglichkeit angelegt, aber noch nicht als Idee entwickelt war. Elcano starb vier Jahre später auf seiner nächsten Fahrt hinaus über den Pazifik zu den Molukken, noch keine 40 Jahre alt.