Stromkabel durchs Mittelmeer

So soll Ökostrom aus Ägypten nach Europa fließen

Solarpark in Benban in Ägypten.

Solarpark in Benban in Ägypten.

Solarstrom sogar im Winter, wenn es schneit, Windkraft auch bei Flaute: Ein Stromkabel von Nordafrika nach Europa soll das möglich machen. Ein griechischer Energiekonzern treibt die Pläne voran. Ende des Jahrzehnts könnte der Ökostrom aus Ägypten nach Griechenland und von dort weiter nach Österreich und Deutschland fließen.

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Das geplante Kabel soll vom Küstenort El Sallum im äußersten Nordwesten Ägyptens über eine Strecke von 950 Kilometern durchs Mittelmeer nach Attika in Griechenland führen. Es wäre nach heutigem Maßstab das längste und mit einer Kapazität von 3000 Megawatt (MW) eines der leistungs­fähigsten Unterseekabel der Welt. Die aktuell längste durchs Meer verlaufende Strom­leitung ist der North Sea Link zwischen Norwegen und Großbritannien mit 720 Kilometern und einer Leistung von 1400 MW.

Das längste und leistungsfähigste Unterseekabel der Welt

Die Pläne für die sogenannte Greece-Egypt-Interconnection (GREGY) stammen von der griechischen Copelouzos Group. Das Unternehmen betreibt Kraftwerke, ist im Flughafen­management, Tourismus und als Immobilien­entwickler tätig. Um die Energie für das Kabel zu erzeugen, plant Copelouzos im ägyptischen Wadi El Natrun den Bau von Solaranlagen und Windparks mit einer Leistung von 9,5 Gigawatt. Von dort sollen Überland­leitungen den Strom etwa 500 Kilometer weit nach El Sallum transportieren. Dort beginnt das Unterwasser­kabel. Das Projekt gilt wegen der langen Übertragungswege und der großen Wassertiefen im Mittelmeer zwischen Ägypten und Griechenland als technisch anspruchsvoll.

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Saubere Energie für Europa

„Mit dem geplanten Kabel bringen wir 3000 Megawatt saubere und billige Energie über Griechenland nach Europa“, sagt Ioannis Karydas, CEO für Erneuerbare Energien bei Copelouzos. „Damit helfen wir Europa, sich von den Importen fossiler Brennstoffe aus Russland zu lösen.“ Ein Drittel des Stroms, der durch die Leitung fließt, soll in Griechenland verbraucht werden, vor allem industriell, und ein weiteres Drittel exportiert werden. Das verbleibende Drittel will man in Griechenland zur Gewinnung von grünem Wasserstoff nutzen, so der Plan. Nach Berechnungen von Copelouzos könnte die Stromleitung die CO2-Emissionen um zehn Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren. Die Kosten des Projekts veranschlagt das Unternehmen mit 3,5 Milliarden Euro.

Erste Pläne für das Vorhaben gehen auf den Firmengründer Dimitris Copelouzos zurück, der im Jahr 2008 die Idee entwickelte, Ökostrom in Ägypten zu produzieren und mit einem Unterseekabel nach Europa zu bringen. Im Oktober 2021 unterzeichneten die Energieminister Griechenlands und Ägyptens eine Absichtserklärung über die Verlegung des Kabels. Copelouzos bemüht sich jetzt um die Aufnahme des Projekts in die Liste der „Bedeutenden Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse“ (IPCEI) der Europäischen Union. Das würde das Projekt für Beihilfen qualifizieren und die Finanzierung erleichtern.

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Auch Deutschland könnte von der Stromleitung profitieren. Der griechische Energie­minister Kostas Skrekas hat die Lieferung von Ökostrom nach Deutschland und Österreich angeboten und beiden Ländern Vorschläge zum Bau einer Leitung unterbreitet. Sie könnte durch Albanien und andere Balkanländer nach Österreich und von dort weiter nach Süddeutschland verlaufen, sagte Skrekas bei einer Fachkonferenz in Athen. Die Stromtrasse soll eine Anfangs­kapazität von drei Gigawatt haben, die auf neun Gigawatt gesteigert werden könnte. Im griechischen Energie­ministerium heißt es, Gespräche mit Berlin und Wien über die Finanzierung und Umsetzung des Vorhabens seien bereits im Gange.

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Die Türkei muss mitspielen

Die geplante Greece-Egypt-Interconnection bekommt damit besondere Bedeutung. „Griechenland wird dadurch zu einer Drehscheibe für Ökostrom“, sagt Energie­minister Skrekas. Laut Copelouzos könnte die Leitung in sieben bis acht Jahren in Betrieb gehen. Aber es gibt einen Stolperstein. Die Stromleitung soll durch ein Seegebiet führen, das die Türkei in einem 2019 mit Libyen geschlossenen Abkommen als eigene Wirtschaftszone beansprucht. Griechenland und die EU betrachten das türkisch-libysche Abkommen zwar als völkerrechtswidrig. Es widerspricht der Uno-Seerechts­konvention. Dennoch könnte die Türkei versuchen, die Verlegung des Kabels zu verhindern. Unwahrscheinlich ist das angesichts der chronischen Spannungen zwischen Ankara und Athen nicht. Bereits im Sommer 2020 ließ die Türkei im Streit um die Wirtschafts­zonen im östlichen Mittelmeer Kriegsschiffe auffahren.

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