Ikea gibt Dänischburg neue Hoffnung
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Der Ikea-Markt, der auf dem V&B-Gelände entstehen soll, könnte rund 2,5 Millionen Kunden im Jahr anziehen.
© Quelle: Tim Jelonnek
Dänischburg. Gute Nachrichten sind die Menschen nördlich der Trave kaum mehr gewohnt. Seit Flender seine Tore für immer geschlossen hat, ging es wirtschaftlich eigentlich nur konstant in eine Richtung - bergab. Und mit dem Aus von Villeroy & Boch drohte jetzt auch der letzte große Arbeitgeber zu verschwinden. In diese Perspektive des langsamen Niedergangs kommt nun endlich wieder ein Lichtblick: ein Lichtblick in Form eines schwedischen Möbelriesen. Von den Dänischburgern wird die mögliche Ansiedlung von Ikea begeistert aufgenommen - aber es gibt auch Vorbehalte.
"Ikea? Finde ich fantastisch", sagt Ur-Dänischburger Jürgen Boy (55). "Das gibt dem Viertel hier nach langer Zeit endlich wieder ein bisschen Auftrieb. Und wenn man bedenkt, was für Ansiedlungen auf dem V & B-Gelände möglich gewesen wären, ist Ikea sicherlich die sauberste Lösung." Er selbst sei zwar nicht der "Ikea-Typ", hat sich woanders eingerichtet, "aber meine Kinder wird’s freuen. Die lieben Ikea." Dagegen machen sich Steffi Nagel (29) und ihr Lebensgefährte Lars Seemann (30) ein bisschen Gedanken um die Zukunft von Dänischburg. Vor kurzem sind die jungen Eltern von der Insel Rügen an die Trave gezogen. Jetzt wohnen sie einen Steinwurf vom V & B-Areal entfernt. "Mit unserer Ruhe wird es dann wohl vorbei sein, schon wegen des ganzen Autoverkehrs", vermutet Nagel.
Das werde ihr Leben zwar beeinträchtigen, trotzdem sind sie sich einig: "In der heutigen Zeit gehen die Arbeitsplätze einfach vor", meint Lars Seemann. "Da müssen solche Dinge einfach zurückstehen." Der pensionierte Postbeamte Alfred Hölterling sieht es ähnlich. Der 69-Jährige träumt sogar schon von den Dingen, die im Gefolge eines Magneten wie Ikea nach Dänischburg kommen könnten. "Da, wo das alte Kunstdünger-Werk war, wäre doch Platz für eine schöne Marina. Und der alte Dänischburger Bahnhof - das wäre doch auch für Ikea gut, wenn der reaktiviert werden würde", malt sich Hölterling aus. Zunächst mal sei es aber gerade für die Jüngeren schön, dass endlich neue Arbeitsplätze in Dänischburg entstehen. "Auch wenn die 400 Ikea-Jobs die 150 verlorenen Arbeitsplätze bei Villeroy & Boch qualitativ sicher nicht ersetzen können."
Mitarbeiter des Sanitär-Keramikwerks wie Holger Kleinschmidt setzen zumindest noch nicht auf eine Karriere in der schwedischen Wohn- und Erlebniswelt. "Die meisten meiner Kollegen, die von der Schließung betroffen sind, sind Mitte 40, Anfang 50 - auf die hat Ikea sicher gerade noch gewartet", gibt sich der 56-Jährige skeptisch. Grundsätzlich sei Kleinschmidt zwar nicht gegen die Neuansiedlung in Dänischburg, auch wenn er von seinem Grundstück aus direkt auf die blaue Wand des Ikea-Lagers schauen wird. Allerdings fühlt er sich von der Lübecker Politik verschaukelt: "Uns Mitarbeitern haben sie immer noch Hoffnung gemacht, haben es uns immer so verkauft, als täten sie alles, um Villeroy & Boch in Lübeck zu halten. Dabei war in Wahrheit der Deal mit Ikea schon lange unter Dach und Fach. So ein Verhalten finde ich ärgerlich."
Von Oliver Vogt