Diese Grafiken zeigen, welche Produkte im April die Inflation in die Höhe getrieben haben
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Die Inflationsrate betrug im April 2022 in Deutschland 7,4 Prozent, meldet das Statistische Bundesamt. Damit liegt die Inflationsrate in Deutschland sogar noch etwas höher als im März 2022, in dem bereits die höchste Inflation seit der Wiedervereinigung vor mehr als 30 Jahren gemessen wurde.
Grundlage für die Berechnung der Inflationsrate ist ein statistischer Warenkorb mit den wichtigsten Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs. Aus den Preisen dieser Produkte ermittelt das Statistische Bundesamt den sogenannten Verbraucherpreisindex, dessen monatliche Veränderung im Vergleich zum Vorjahresmonats als Inflationsrate bezeichnet wird.
Inflation in Deutschland: Preise für Heizöl explodieren
Im deutschen Warenkorb bildet die Nettokaltmiete den mit Abstand größten Ausgabenblock. Zuletzt ist dieser um 1,6 Prozent gestiegen. Die fossilen Energieträger haben zwar jeweils einen weit geringeren Anteil an den gesamten Konsumausgaben, haben aber dennoch weit mehr zur Inflation beigetragen als die Mieten.
Die Preise für leichtes Heizöl beispielsweise stiegen um fast 100 Prozent, Dieselkraftstoffe um 52 Prozent und Flüssiggas sogar um 123 Prozent. Auch der Preis von Lebensmitteln ist gestiegen: zum Beispiel Butter um 31 Prozent, tiefgefrorenes Obst um 23 Prozent und Eier um 24 Prozent. Viele Lebensmittelpreise haben sogar im Vergleich zum ohnehin schon teuren März noch einmal deutlich angezogen.
Ausgaben für Lebensmittel fallen im Budget des Durchschnittsbürgers allerdings weniger stark auf als größere Ausgaben etwa für das Tanken und Heizen. Allein die Kraftstoffe für das Auto haben deshalb mehr als 18 Prozent der aktuellen Teuerung verursacht. Weitere 12 Prozent entfallen auf Heizöl und fast 11 Prozent auf Gas. Das ist aber unter dem Strich etwas weniger als im März. Die Preissteigerungen anderer Produkte gewinnen gegenüber den Energieträgern an Gewicht.
Beispielsweise tragen die Fleischwaren fast 2,9 Prozent zur gesamten Inflation bei, Molkereiprodukte und Eier 1,8 Prozent und Brot und andere Getreideerzeugnisse ebenfalls 1,8 Prozent – jeweils spürbar mehr als im Vormonat.
Wie stark jede und jeder Einzelne von der Teuerung betroffen ist, hängt natürlich vom individuellen Konsumverhalten ab. Wer kein Auto fährt, ist immun gegen die direkten Auswirkungen steigender Benzinpreise, und Eigentümer einer selbst bewohnten Immobilie sorgen sich naturgemäß weniger um die Mietentwicklung. Die verteuerte Energie steckt allerdings in den meisten anderen Produkten indirekt mit drin, weil Energie für die Herstellung und den Transport benötigt wird.
Regierung plant Entlastungen
Die Bundesregierung hat im März ein Paket geschnürt, um die Menschen angesichts der stark gestiegenen Energie- und Spritpreise zu entlasten. Darin enthalten ist eine auf drei Monate befristete Senkung der Energiesteuer, die den Liter Benzin um 30 Cent und Diesel um 14 Cent günstiger machen soll. Zudem erhalten Arbeitnehmer einmalig 300 Euro Energiezuschuss auf ihr Bruttogehalt und Familien pro Kind 100 Euro Bonus auf den Kinderfreibetrag.
Steigende Preise in Deutschland: angepasster Konsum
Bei der Interpretation der aktuellen Inflationsrate ist zu beachten, dass die Bürger ihr Geld nicht immer gleich ausgeben. So spielten Urlaubsreisen in der Pandemie beispielsweise eine untergeordnete Rolle. Wenn die Bürger wegen des Kriegs in der Ukraine und den gestiegenen Preisen nun weniger Energie verbrauchen, können sie die Inflation in diesem Bereich für sich abmildern.
Hohe Inflation: Wie lange steigen die Preise noch?
Das Leben in Deutschland verteuert sich weiter spürbar. Ein Ende der Preissteigerungen ist vorerst nicht in Sicht.
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Für die statistische Erfassung spielt die Einschränkung des Konsums aber erst mal kein Rolle. Nur alle fünf Jahre werden die Produkte und Dienstleistungen im Warenkorb des Statistischen Bundesamts neu gewichtet. Vorübergehende Schwankungen im Konsum spiegeln sich deshalb in den amtlichen Zahlen nicht wider.
Teuerung in der EU verfehlt die Ziele
Doch selbst wenn die tatsächliche Inflation derzeit etwas geringer ausfallen sollte als die auf dem Papier, bewegt sich die Teuerung doch weit außerhalb des Bereichs, den die Europäische Union sich selbst zum Ziel gesetzt hat. Die Europäische Zentralbank strebt eine jährliche Teuerungsrate von 2 Prozent an.
Diese Zielmarke wird bereits seit Mai 2021 mit wachsendem Abstand überschritten. Der für die EZB-Geldpolitik maßgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI betrug im April einen Rekordwert seit Bestehen der Eurozone von 7,5 Prozent. Der harmonisierte Wert für Deutschland, der sich leicht von der nationalen Rate unterscheidet, betrug im April 7,8 Prozent. Einige Länder Osteuropas wie Estland liegen deutlich darüber. Niedrigere Werte hat zum Beispiel Frankreich.
Beobachter erwarten, dass die Europäische Zentralbank EZB angesichts der Teuerungsrate fern der 2‑Prozent-Marke ihre lockere Geldpolitik demnächst straffen wird.
Inflation weltweit: Zweifel an Zahlen in der Türkei
Andere Staaten sind noch deutlich stärker betroffen als die EU‑Länder: In der Türkei erreichte die Inflation nach offiziellen Berechnungen im April 61 Prozent. Doch viele Türkinnen und Türken misstrauen den offiziellen Daten. Die gefühlte Inflation ist noch viel höher. Wegen des Verfalls der Lira schlagen die steigenden Gaspreise in der Türkei besonders stark zu Buche.
Zinswende in den USA
Auch die USA haben mit hoher Inflation zu kämpfen. Die amerikanische Notenbank Fed ist anders als die EZB nicht nur dem Ziel der Preisstabilität, sondern auch dem der Vollbeschäftigung verpflichtet. Angesichts der anhaltenden Teuerung und der guten Arbeitsmarktlage hat die US‑Notenbank Federal Reserve (Fed) bereits die Zinsen erhöht.