Dürre in Spanien

Maßnahmen gegen Wasserknappheit: Tröpfchenbewässerung lässt mehrjährige Pflanzen explodieren – doch wie lange noch?

Spanien, Almonte: Die Erdbeerfelder benötigen trotz sensorgesteuerter Tröpfchenbewässerung direkt an den Wurzeln viel Wasser – rund 4500 Kubikmeter pro Hektar und Jahr.

Spanien, Almonte: Die Erdbeerfelder benötigen trotz sensorgesteuerter Tröpfchenbewässerung direkt an den Wurzeln viel Wasser – rund 4500 Kubikmeter pro Hektar und Jahr.

Madrid. Spaniens Bauern sparen Wasser. Und wie. „Vor etwa zwölf Jahren wurden in Spanien 3 Milliarden Euro investiert, um eine Ersparnis von drei Milliarden Kubikmeter Wasser zu erreichen“, berichtet Gonzalo Delacámara, Direktor des Centre of Water & Climate Adaptation resources der Madrider IE University und internationaler Wasserpolitikberater. „Auf jeder einzelnen Parzelle wurde gespart. Aber es blieb die unbequeme Frage: Wo sind die drei Milliarden Kubikmeter Wasser geblieben? Sie waren nicht da.

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„Das Phänomen hat einen Namen: Jevons‘ paradox, benannt nach dem britischen Ökonomen William Stanley Jevons (1835–1882), dem aufgegangen war, dass technischer Fortschritt, der einen effizienteren Ressourceneinsatz erlaubt, schließlich sogar zu höherem Gesamtverbrauch dieser Ressource führen kann. Zum Glück ist es kein ehernes Gesetz, aber es lauert überall. Auch auf dem spanischen Land.

In Spanien hat in den vergangenen Jahren eine doppelte Revolution stattgefunden, eine angestoßen von der anderen. Die erste Revolution ist die der sparsamen Bewässerungstechnologie: von der Überflutungsbewässerung zur Tröpfchenbewässerung. Damit konnte mehr landwirtschaftliche Fläche bewässert werden als zuvor. Von 1980 bis 2020 stieg die bewässerte landwirtschaftliche Fläche von 2,6 Millionen auf 3,8 Millionen Hektar, während die allein vom Regen bewässerte Fläche von 20,5 auf 16,7 Millionen Hektar zurückging (was zugleich bedeutet, dass 2,6 Millionen Hektar zuvor bewirtschaftetes Land wegen geringer Ergiebigkeit aufgegeben wurden).

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Pflanzenanbau hat sich verändert

Nach den Zahlen, die der Agrarökonom Julio Berbel von der Universidad de Córdoba zusammengestellt hat, stieg der gesamte Wasserverbrauch der spanischen Landwirtschaft in den ersten Jahren zwischen 1980 und 2004 zunächst von 16,5 auf 17,8 Milliarden Kubikmeter, um sich danach bis heute bei knapp 16 Milliarden Kubikmetern jährlich einzupendeln. Jevons‘ paradox lauerte zwar, es kam aber nicht zum Tragen.

Die zweite Revolution wurde von der ersten ermöglicht: Spaniens Landwirte bauen heute Pflanzen an, die deutlich höheren Ertrag versprechen als die früheren. Gemeinsam mit anderen Autoren hat Berbel die Entwicklung zwischen 1989 und 2018 im Becken des südspanischen Stromes Guadalquivir dokumentiert, an dessen Rand auch Belmez und der ausgetrocknete Stausee Sierra Boyera liegen und wo etwa ein Viertel der spanischen Bewässerungslandwirtschaft betrieben wird. Herausragend ist die Explosion der mehrjährigen Pflanzen (wie Oliven, Zitrusfrüchten, Mandeln oder Erdbeeren) auf bewässertem Land: Deren Anbaufläche hat sich in jenen knapp 30 Jahren auf knapp 550.000 Hektar mehr als verfünffacht.

Bemerkenswert ist, dass auf der Hälfte dieser Fläche Olivenbäume wachsen, die Trockenheit eigentlich besonders gut aushalten – bewässert aber deutlich ergiebiger sind. Etwa ein Viertel der andalusischen Olivenhaine wird bewässert, und diese bringen etwa die Hälfte der Ernte ein, erklärt Berbel. Die Strategie war so weit vernünftig und erfolgreich. Doch Dürrephasen wie die jetzige setzen das neue System unter enormen Stress, wenn fehlendes Wasser nicht nur die Ernte gefährdet, sondern auch den Baumbestand – also die Ernte kommender Jahre.

Landwirtschaftliche Investitionen durch anhaltende Dürre gefährdet

Die Bauern im Guadalquivir-Becken haben sich daran gewöhnt, dass sie in vielen Jahren mit Defizitbewässerung arbeiten müssen, also mit weniger Wasser, als für eine denkbar beste Ernte nötig wäre. Dafür machen sie in regenreichen Jahren wieder bessere Geschäfte. Wenn der Himmel aber jahrelang blau bleibt, erhalten die Privathaushalte Vorzug vor der Landwirtschaft, und im schlimmsten Fall gibt es aus den vorhandenen Reserven gar kein Wasser für die Bauern. Und das gefährdet im Fall vieler mehrjähriger Pflanzen nicht nur die aktuellen Einnahmen, sondern die gesamte Investition.

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Mit den schon gestiegenen und erwartbar weiter steigenden Temperaturen in Folge des Klimawandels brauchen die Pflanzen wegen der höheren Verdunstung zudem mehr Wasser als bisher. Über die weitere Entwicklung der Niederschläge „sind wir uns bisher nur einig, dass wir uns nicht einig sind“, sagt der Agrarökonom Berbel. Beim Blick zurück auf die vergangenen 80 Jahre stellt er fest, dass es im Guadalquivir-Becken in den zweiten 40 Jahren im Vergleich zu den ersten 40 durchschnittlich nicht weniger geregnet hat, aber ungleichmäßiger, was für die Landwirtschaft ebenfalls ein Problem ist.

Den Bau der mehr als 1000 Stauseen als große spanische Wasserreserve hält er für einen Segen, und wenn es nach ihm ginge, könnte durchaus noch der eine oder andere zusätzliche gebaut werden. Doch mit dem Ausbau der Bewässerungslandwirtschaft müsse Schluss sein, eher sollten die bestehenden Flächen etwas verkleinert werden. Den Reisanbau im Guadalquivir-Delta sieht er besonders kritisch, auch wenn er Verständnis für die dortigen Bauern hat, die auf ihre alten Rechte pochen. Als Spanien-Tourist sollte man im Kopf haben, dass man in ein Land im Trockenheitsstress kommt. Und verstehen, sagt der Wasserexperte Gonzalo Delacámara, dass eine nachhaltige Wasserpolitik ihren Preis hat, der genauso zu bezahlen ist wie der für alle anderen touristischen Dienstleistungen.

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