Vereine im Lockdown: Was Ehrenamtliche und Vorstände tun können und sollten
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Derzeit können Vereine nur wenig unternehmen – oder?
© Quelle: imago images/Lackovic
Der Lockdown ist verlängert, der Amateursport liegt weitgehend weiter auf Eis – doch in Oldenburgs Sporthallen wird weiterhin getobt. Denn der örtliche Turnerverband hat dafür gesorgt, dass sich einzelne Familien und Haushalte dort stundenweise einmieten können. Die Vereine kümmern sich um die Anmeldungen, die Einhaltung der Hygieneregeln und die regelmäßige Desinfektion. Es ist nur eins von vielen Beispielen dafür, wie die gut 600.000 Vereine in Deutschland die Pandemie überdauern können.
„Wir erleben, dass die Menschen in den Vereinen wahnsinnig kreativ sind“, heißt es dieser Tage beim niedersächsischen Landessportbund. Dort sprudelt Sprecherin Katharina Kümpel regelrecht über, wenn man sie nach Vereinsaktivitäten im Lockdown fragt: Kursangebote im Internet, Videotutorials für den Sportunterricht, virtuelle Stammtische und Mitgliederversammlungen. Und auch abseits des Sports bleibt die Vereinswelt in Bewegung: Längst proben Chöre – trotz technischer Schwierigkeiten – im Netz. Und manch Heimatverein nutzt die Zeit im Lockdown, um einmal besonders gründlich die Geschichte einzelner Ausstellungsstücke aufzuarbeiten.
„Man muss nicht nichts tun“, ist deshalb auch Jan Holze überzeugt. Der Vorsitzende der im vergangenen Jahr gegründeten Bundesstiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) rät Vereinen dieser Tage, sich auch im virtuellen Raum auszuprobieren – aber auch die Möglichkeiten in der realen Welt auszuloten. „Das ist ein guter Weg, Kindern und Familien einerseits Abwechslung und Platz zum Austoben zu bieten, und andererseits auch, um vielleicht neue Mitglieder zu gewinnen“, sagt Holze etwa über das Modell des Turnerverbands in Oldenburg.
Im Moment ist Zurückhaltung angebracht
Doch was können Vereine dieser Tage wagen? „Grundsätzlich gelten für Vereinsaktivitäten die gleichen Regeln wie für alle anderen Aktivitäten im Lockdown“, erklärt Holze. Bei Unsicherheiten hilft ihm zufolge meist eine Nachfrage bei den örtlichen Gesundheitsämtern – die teilweise durchaus Spielräume sehen. So kann der ein oder andere Verband derzeit sogar Wanderungen mit kleinen Kindergruppen durchführen. „Wobei gerade in der aktuell sehr angespannten Corona-Lage Zurückhaltung bei realen Zusammenkünften angebracht ist“, findet Holze.
„Digital ist viel möglich“, betont er zugleich – und verweist zugleich auf die technischen Hürden, die dabei oft im Weg stehen. Aber niedrigschwellige Videokonferenzsoftware wie Zoom oder Skype ist letztendlich leicht zu installieren und hilft sowohl bei digitalen Stammtischen als auch digitalen Mitgliederversammlungen. „Rechtlich auf der sicheren Seite sind Vereine, die Tools wie Big Blue Button benutzen“, meint Holze aberg – und empfiehlt damit ausgerechnet ein Tool, für das Vereine mindestens ein etwas fachkundigeres Mitglied in ihren Reihen haben sollten, weil die Installation nicht ganz einfach ist.
Es gibt finanzielle Hilfen
Zwar können bis Ende 2021 Mitgliederversammlungen auch ohne Verankerung in der Vereinssatzung im Netz abgehalten werden, doch es ist wichtig, dass alle Mitglieder dabei sein können. „Kann ein Mitglied aus technischen oder anderen Gründen nicht an der virtuellen Versammlung teilnehmen, muss diesem Mitglied die Möglichkeit eingeräumt werden, seine Stimme zu den einzelnen Tagesordnungspunkten schriftlich gegenüber dem Vorstand abzugeben“, heißt es bei den Juristen vom Deutschen Ehrenamt (DE). Ansonsten gelten für digitale Mitgliederversammlungen die gleichen Regeln wie sonst auch, was etwa Einladungsfristen, Ablauf und Dokumentation der Veranstaltung anbelangt. „Man kann Mitgliederversammlungen auch verschieben, dann bleibt der Vorstand erst mal im Amt“, sagt Holze außerdem.
Zugleich ist die Pandemie in finanzieller Hinsicht eine Belastung für viele Vereine – schließlich fehlen Einnahmen aus Veranstaltungen und Kursangeboten. „Vereine sind juristische Personen, das heißt, dass sie wie kleine und mittlere Unternehmen Staatshilfen beantragen können“, erklärt dazu DE-Sprecherin Michaela Horn. Für die Beantragung dieser Gelder muss mit einem Steuerberater zusammengearbeitet werden. Darüber hinaus gibt es seitens einzelner Bundesländer und Stiftungen weitere Hilfsprogramme für Vereine. „Einen Überblick finden Vereine etwa auf der Webseite der DSEE“, sagt Holze. Er rät, bei Problemen auch mit Vermietern zu sprechen. „Einige Gemeinden haben Vereinen schon die Mieten für öffentliche Räume wie Sporthallen erlassen.“
Die Zeit im Lockdown nutzen
Große Sorgen bereitet Holze indes der Mitgliederschwund, den die DSEE gerade beobachtet. Vor allem ausbleibende Vereinseintritte sind ihm zufolge ein Problem. Er appelliert deshalb an Vereine, trotz all der Schwierigkeiten mit ihren Mitgliedern im Kontakt zu bleiben. „Eine Grußkarte hilft da schon“, so Holze. Wichtiger sei es aber, sich jetzt schon Gedanken über die Mitgliederwerbung zu machen – also einerseits über systematische Öffentlichkeits- und Pressearbeit nachzudenken und andererseits vielleicht auch Pläne für neue Angebote nach dem Ende des Lockdowns zu schmieden .
Wann das so weit ist, ist indes im Moment unklar. „Wer jetzt ein großes Fest für die Zeit nach dem Lockdown plant, riskiert auch große Frustration“, sagt Holze deshalb. Es spreche aber nichts dagegen, sich für den Sommer viele kleinere, leicht verschiebbare Aktivitäten vorzunehmen, sagt der Ehrenamtsprofi.